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Digital oder analog – welche Weiterbildungsform passt
Moderne Lernangebote ermöglichen eine flexible Weiterbildung neben dem Beruf. Doch nicht alles Digitale ist auch pädagogisch sinnvoll.
Nahezu jeder Betrieb in Deutschland verfügt über internetfähige Technik. Dennoch werden speziell digitale Lern- und Medienformate noch sehr zurückhaltend eingesetzt, hier spielen weiter klassische Medienformate die größte Rolle. Das ist ein Ergebnis der ersten repräsentativen Untersuchung zur Bedeutung digitaler Medien in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Auftrag gegeben hat.
Dabei kann digitale Bildung das Lernen besser und leichter machen, denn die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung hat längst klassische Berufsbilder erfasst. Dachdecker inspizieren Gebäude mithilfe von Drohnen, Anlagenmechaniker bauen Smart-Home-Technik in Eigenheime ein. Der digitale Wandel schafft neue Anforderungen an die Qualifizierung von Fachkräften, eröffnet aber auch neue Möglichkeiten, Wissen mit digitalen Lern- und Lehrformaten zu vermitteln.
Digitale Angebote passen für verschiedene Zielgruppen und Inhalte. Dass man lernen kann, wann und wo man möchte, ist gut für alle, die eine Weiterbildung flexibel mit Beruf und Privatleben verbinden möchten. „Digitale Angebote funktionierten immer dann gut, wenn gleiche Sachverhalte von vielen Mitarbeitern gelernt werden müssen“, weiß André Rosenberger, Referent Berufliche Weiterbildung an der IHK Düsseldorf. Unterweisungen zum Thema Arbeitsschutz sind ein Beispiel. „Bei der Vermittlung komplexer Inhalte sehen wir, dass die Verknüpfung von Präsenzunterricht und Online-Lernphasen ideal ist.“Im sogenannten Blended-Learning lernen die Teilnehmer zum Beispiel die Grundlagen des Projektmanagements im Seminar und vertiefen ihr Wissen über OnlineAufgaben. Dabei werden sie bei Bedarf vom Dozenten unterstützt.
Die Digitalisierung stellt Werkzeuge bereit, mit denen das Lernen erleichtert werden kann. „Hier gibt es inzwischen eine Fülle von Formaten, die einerseits das Lernen unterstützen und andererseits richtig Spaß machen können“, weiß André Rosenberger. „Angefangen von Lernstandskontrollen in Form von OnlineTests, über Webinare und virtuelle Klassenzimmer, bei denen man live mit Teilnehmern aus aller Welt kommunizieren kann, bis hin zum Serious Gaming, das den Wissenszuwachs durch Erfolgserlebnisse verstärkt.“Zusätzlich gibt es die bekannten Tutorials auf Online-Video-Plattformen. „Eher neu ist der Einsatz von Virtual und Augmented Reali- ty, insbesondere in der technischen Weiterbildung wie dem Anlagen- oder Maschinenbau“, zeigt der Experte die aktuellen Entwicklungen auf.
Das Institut für Berufliche Bildung IBB nutzt ebenfalls digitale Methoden. „Zentrum des digitalen Lernens ist der virtuelle Klassenraum, den das IBB 2007 als erster Weiterbildungsanbieter eingeführt hat“, betont Nicole Gozdek vom IBB. „Hier treffen die Lernenden Dozenten und andere Teilnehmer zum Live-Unterricht über das Internet, dem sie über ihren Bildschirm und Kopfhörer folgen.“Es werden Präsentationen, Dokumente und Arbeitsergebnisse gezeigt und bearbeitet. Über Mikrofon können die Teilnehmer jederzeit mit ihren Dozenten sprechen, Fragen stellen oder Antworten geben. Auch bei berufsbegleitenden Weiterbildungen, die abends für Berufstätige angeboten werden, ist der virtuelle Unterricht prak- tisch und hat sich laut IBB bewährt.
Doch nicht alles Digitale ist pädagogisch sinnvoll. „In handwerklichen Bildungszusammenhängen reichen rein digitale Lernbestandteile nicht aus, sondern sie müssen durch praktische Anwendung zumindest ergänzt werden“, erklärt Nicole Gozdek vom IBB. „So kann man zum Beispiel virtuell erlernen, wie eine Verschraubung funktioniert, aber die Bewegungsabläufe muss man fühlen und verinnerlichen.“Grundsätzlich kommt es auf die Inhalte und den individuellen Lerntyp an, ob digitale Angebote förderlich sind. „Letztlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass der persönliche Austausch zwischen den Teilnehmern und mit dem Dozenten für den Lernerfolg extrem wichtig ist“, erklärt André Rosenberger von der IHK Düsseldorf. „Dabei spielt erstaunlicherweise der Fachbereich eher eine untergeordnete Rolle.“Selbst digitale Themen wie Online-Marketing oder Social Media profitieren davon. Und sobald das Zwischenmenschliche eine Rolle spielt – wie bei Seminaren etwa zu Coaching oder Führung – ist ein Austausch „face-to-face“unerlässlich.
Lernende und Dozenten treffen sich über das Internet zum Live-Unterricht