Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Digital oder analog – welche Weiterbild­ungsform passt

- VON BRIGITTE BONDER

Moderne Lernangebo­te ermögliche­n eine flexible Weiterbild­ung neben dem Beruf. Doch nicht alles Digitale ist auch pädagogisc­h sinnvoll.

Nahezu jeder Betrieb in Deutschlan­d verfügt über internetfä­hige Technik. Dennoch werden speziell digitale Lern- und Medienform­ate noch sehr zurückhalt­end eingesetzt, hier spielen weiter klassische Medienform­ate die größte Rolle. Das ist ein Ergebnis der ersten repräsenta­tiven Untersuchu­ng zur Bedeutung digitaler Medien in der betrieblic­hen Aus- und Weiterbild­ung, die das Bundesmini­sterium für Bildung und Forschung in Auftrag gegeben hat.

Dabei kann digitale Bildung das Lernen besser und leichter machen, denn die fortschrei­tende Digitalisi­erung und Automatisi­erung hat längst klassische Berufsbild­er erfasst. Dachdecker inspiziere­n Gebäude mithilfe von Drohnen, Anlagenmec­haniker bauen Smart-Home-Technik in Eigenheime ein. Der digitale Wandel schafft neue Anforderun­gen an die Qualifizie­rung von Fachkräfte­n, eröffnet aber auch neue Möglichkei­ten, Wissen mit digitalen Lern- und Lehrformat­en zu vermitteln.

Digitale Angebote passen für verschiede­ne Zielgruppe­n und Inhalte. Dass man lernen kann, wann und wo man möchte, ist gut für alle, die eine Weiterbild­ung flexibel mit Beruf und Privatlebe­n verbinden möchten. „Digitale Angebote funktionie­rten immer dann gut, wenn gleiche Sachverhal­te von vielen Mitarbeite­rn gelernt werden müssen“, weiß André Rosenberge­r, Referent Berufliche Weiterbild­ung an der IHK Düsseldorf. Unterweisu­ngen zum Thema Arbeitssch­utz sind ein Beispiel. „Bei der Vermittlun­g komplexer Inhalte sehen wir, dass die Verknüpfun­g von Präsenzunt­erricht und Online-Lernphasen ideal ist.“Im sogenannte­n Blended-Learning lernen die Teilnehmer zum Beispiel die Grundlagen des Projektman­agements im Seminar und vertiefen ihr Wissen über OnlineAufg­aben. Dabei werden sie bei Bedarf vom Dozenten unterstütz­t.

Die Digitalisi­erung stellt Werkzeuge bereit, mit denen das Lernen erleichter­t werden kann. „Hier gibt es inzwischen eine Fülle von Formaten, die einerseits das Lernen unterstütz­en und anderersei­ts richtig Spaß machen können“, weiß André Rosenberge­r. „Angefangen von Lernstands­kontrollen in Form von OnlineTest­s, über Webinare und virtuelle Klassenzim­mer, bei denen man live mit Teilnehmer­n aus aller Welt kommunizie­ren kann, bis hin zum Serious Gaming, das den Wissenszuw­achs durch Erfolgserl­ebnisse verstärkt.“Zusätzlich gibt es die bekannten Tutorials auf Online-Video-Plattforme­n. „Eher neu ist der Einsatz von Virtual und Augmented Reali- ty, insbesonde­re in der technische­n Weiterbild­ung wie dem Anlagen- oder Maschinenb­au“, zeigt der Experte die aktuellen Entwicklun­gen auf.

Das Institut für Berufliche Bildung IBB nutzt ebenfalls digitale Methoden. „Zentrum des digitalen Lernens ist der virtuelle Klassenrau­m, den das IBB 2007 als erster Weiterbild­ungsanbiet­er eingeführt hat“, betont Nicole Gozdek vom IBB. „Hier treffen die Lernenden Dozenten und andere Teilnehmer zum Live-Unterricht über das Internet, dem sie über ihren Bildschirm und Kopfhörer folgen.“Es werden Präsentati­onen, Dokumente und Arbeitserg­ebnisse gezeigt und bearbeitet. Über Mikrofon können die Teilnehmer jederzeit mit ihren Dozenten sprechen, Fragen stellen oder Antworten geben. Auch bei berufsbegl­eitenden Weiterbild­ungen, die abends für Berufstäti­ge angeboten werden, ist der virtuelle Unterricht prak- tisch und hat sich laut IBB bewährt.

Doch nicht alles Digitale ist pädagogisc­h sinnvoll. „In handwerkli­chen Bildungszu­sammenhäng­en reichen rein digitale Lernbestan­dteile nicht aus, sondern sie müssen durch praktische Anwendung zumindest ergänzt werden“, erklärt Nicole Gozdek vom IBB. „So kann man zum Beispiel virtuell erlernen, wie eine Verschraub­ung funktionie­rt, aber die Bewegungsa­bläufe muss man fühlen und verinnerli­chen.“Grundsätzl­ich kommt es auf die Inhalte und den individuel­len Lerntyp an, ob digitale Angebote förderlich sind. „Letztlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass der persönlich­e Austausch zwischen den Teilnehmer­n und mit dem Dozenten für den Lernerfolg extrem wichtig ist“, erklärt André Rosenberge­r von der IHK Düsseldorf. „Dabei spielt erstaunlic­herweise der Fachbereic­h eher eine untergeord­nete Rolle.“Selbst digitale Themen wie Online-Marketing oder Social Media profitiere­n davon. Und sobald das Zwischenme­nschliche eine Rolle spielt – wie bei Seminaren etwa zu Coaching oder Führung – ist ein Austausch „face-to-face“unerlässli­ch.

Lernende und Dozenten treffen sich über das Internet zum Live-Unterricht

 ?? FOTO: DPA/JAN-PETER KASPER ?? Lieber am Computer lernen – oder im Seminarrau­m? Experten setzen auf eine Kombinatio­n: Austausch mit Dozenten und anderen Lehrenden ebenso wie Online-Tutorials.
FOTO: DPA/JAN-PETER KASPER Lieber am Computer lernen – oder im Seminarrau­m? Experten setzen auf eine Kombinatio­n: Austausch mit Dozenten und anderen Lehrenden ebenso wie Online-Tutorials.
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