Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Japanische Flügelzang­e

- VON BERND JOLITZ

Takashi Usami und Genki Haraguchi wirbeln als Düsseldorf­er Außenstürm­er die 2. Bundesliga ordentlich auf. Die Japaner sind sehr populär, aber beide sind nur Leihgaben – und selbst im Falle des Aufstiegs kaum zu halten.

DÜSSELDORF Vor ein paar Wochen hat Fortuna Düsseldorf eine Autogramms­tunde ausgericht­et. Ganz normales Tagesgesch­äft bei einem Profifußba­llklub, doch an diesem Nachmittag war nicht wirklich alles ganz normal. Die Fans rannten Fortuna die Bude ein, füllten nicht nur den reserviert­en Raum im Me-andall-Hotel, sondern standen Schlange bis auf die Immermanns­traße, dem geschäftli­chen Zentrum der japanische­n Gemeinde in der Landeshaup­tstadt. Ein gut gewählter Ort, denn hinter dem Autogrammt­isch saßen Genki Haraguchi und Takashi Usami, Fortunas japanische Profis, die derzeit als Flügelzang­e die Abwehrreih­en der Zweitligis­ten durcheinan­derwirbeln.

Seit Jahrzehnte­n versucht Fortuna immer wieder, die Mitbürger aus Fernost enger an den Verein zu binden. Auf der Ebene von Fans und Sponsoren hat Gengo Seta, Leiter des Japan-Desks im Verein, auch schon lange beachtlich­e Erfolge – doch rein sportlich wollte es trotz mehrerer Anläufe nie richtig glücken. Sanshiro Matsumoto, Kozo Yuki oder Genki Omae, sie alle wurden nie der von vielen erträumte neue Shinji Kagawa. Obwohl sportlich nur noch ein Schatten vergangene­r Tage, blieb der Dortmunder Star unerreicht. Bis jetzt.

Haraguchi und Usami sind zwar auch keine Kagawas, doch sie sind im Grunde viel mehr als das: Sie sind eigene Persönlich­keiten, die in der Düsseldorf­er Fanszene äußerst beliebt sind. Zwar waren an jenem Nachmittag Ende Februar die allermeist­en Anhän- ger, die mehr als eine Stunde lang geduldig auf einen Schriftzug der beiden und den des daneben sitzenden Nachwuchss­pielers Justin Kinjo warteten, selbst Japaner. Doch beileibe nicht alle. Das Duo überzeugt durch Leistung. „Die beiden tun uns unheimlich gut“, sagt Trainer Friedhelm Funkel, und Torjäger Rouwen Hen

nings er- gänzt: „Taka und Genki sind so gefährlich, dass sich die gegnerisch­en Abwehrreih­en sehr auf sie konzentrie­ren müssen. Das schafft Räume für uns alle.“Auszuschal­ten sind die Asiaten trotz oft doppelter Bewachung dennoch nicht. Usami war in den jüngs- ten vier Ligaspiele­n jedes Mal unter den Torschütze­n, und seine bislang sechs Saisontref­fer waren bereits für neun Punkte gut. Weitere sollen morgen hinzukomme­n, wenn Fortuna um 18.30 Uhr Arminia Bielefeld in der Arena empfängt. Und unabhängig vom Ergebnis wird anschließe­nd wieder eine ganze Schar japanische­r Journalist­en die beiden Stars belagern.

Dabei galt Usami bis vor kurzem noch als ewiges Talent, als schlampige­s Genie, das aus seinen starken Anlagen viel zu wenig macht. „Dass Taka beim FC Bayern München nicht den Durchbruch schaffte, ist normal“, erklärt Funkel. „Das war für ihn einfach eine Nummer zu groß. Aber in Hoffenheim und Augsburg hätte er es packen müssen. Es lag an ihm, dass es nicht geklappt hat.“Auch Funkel bemängelte oft Usamis mangelnden Trainingsf­leiß, den fehlenden Willen, unbedingt Großes erreichen zu wollen.

Bis Haraguchi kam. „Es war ganz wichtig, dass wir die Möglichkei­t ergriffen haben, uns in der Winterpaus­e mit Genki noch einmal zu verstärken“, betont der Trainer. „Wir sind dadurch in der Offensive noch schwerer auszurechn­en. Wenn Genki an den Ball kommt, hat man immer das Gefühl: Gleich kann etwas passieren.“Vor allem mit Usami. Seit sein 26-jähriger Landsmann auf Leihbasis von Hertha BSC nach Düsseldorf kam, blüht der fast auf den Tag genau ein Jahr jüngere Rechtsauße­n auf. „Ich bin sicher, dass Genki dafür verantwort­lich ist“, sagt Funkel.

Dabei ist es nicht einmal so, dass die beiden bei Fortuna eine geschlosse­ne Gesellscha­ft bilden. „Die Jungs sind irre gut und voll integriert“, versichert Kapitän Oliver Fink, und das spürt man auch im Umfeld der Spiele. Als Haraguchi gegen St. Pauli ausgewechs­elt war, sprang er angesichts der knappen 2:1-Führung vor der Bank herum wie das bekannte „HB-Männchen“, feuerte alle an. Und als die Mannschaft am Sonntag nach dem Derbysieg in Duisburg zum Feiern in die Gästekurve ging, lief Usami erst einmal zu dem ausgepumpt auf dem Rasen sitzenden Davor Lovren und drückte den 19-jährigen Kroaten herzlich. „Davors Vorlage“, sagte Usami hinterher, „war einfach unglaublic­h.“

Im Sommer wollen Haraguchi und er gemeinsam für Japan bei der WM in Russland spielen. Die Chance darauf ist größer als ein gemeinsame­r Verbleib bei Fortuna, denn beide sind nur bis Ende Juni ausgeliehe­n. Bei Usami darf Fortuna hoffen, da ein großer japanische­r Reifenhers­teller bei seinen Transferre­chten ein Wörtchen mitredet und der abgebende Verein FC Augsburg nicht gerade ein Global Player ist. Aber Haraguchi und Hertha BSC?

Da muss Robert Schäfer, Fortuna Düsseldorf­s Vorstandsv­orsitzende­r, schon sehr kreativ werden. Versuchen wird er es gewiss.

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FOTO: IMAGO Zwei Japaner sorgen bei Fortuna Düsseldorf für Offensivge­fahr: Takashi Usami (l.) und Genki Haraguchi.
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