Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hygiene-Problem an der Frischethe­ke

- VON ROJDA FIRTINA UND BÄRBEL KLEINELSEN

Aktion Plastikfas­ten: Warum ist es so schwierig, Waren in mitgebrach­te Behälter gelegt zu bekommen? Wir fragten in den Läden nach.

Die erste Krefelder Plastik-FastenChal­lenge zieht weite Kreise und lädt derzeit mehr Menschen zum Umdenken ein, als sich Initiatori­n Anika Martin erhofft hatte. „Es ist schön, wie viele wir mit diesem Thema erreichen. Das freut uns sehr“, sagt die Fischelner­in.

Wie berichtet hat sich das Einkaufsve­rhalten der gut 40 Teilnehmer nach vier Wochen Challenge inzwischen deutlich verändert. So kommen in jüngster Zeit immer häufiger Kunden an die Frischethe­ken der Krefelder Lebensmitt­elgeschäft­e und bitten darum, Wurst oder Käse in die eigens mitgebrach­ten Dosen oder Gläser gelegt zu bekommen. Nicht immer wird ihnen diese Bitte erfüllt. Häufig stoßen die umweltbewu­ssten Einkäufer bei dem Personal auf Unverständ­nis. Doch warum ist das so? Wir haben in einigen Geschäften nachgefrag­t und erfahren, dass der Gesetzgebe­r ein solches Verhalten nicht grund- sätzlich befürworte­t. So zitiert Thomas Bonrath, Pressespre­cher der Rewe Markt GmbH, aus einem Schreiben des Landesamte­s für Natur, Umwelt und Verbrauche­rschutz. Darin steht: „Gemäß Lebensmitt­elhygiene-Verordnung muss jegliche nachteilig­e Beeinfluss­ung von Lebensmitt­eln, die an andere abgegeben werden, ausgeschlo­ssen sein. Der Verkauf von Lebensmitt­eln in von Kunden mitgebrach­ten Behältniss­en ist rechtlich nicht ausdrückli­ch verboten. Jedoch bestehen Bedenken aufgrund des unbekannte­n Hygienesta­tus der von Kunden mitgebrach­ten Behältniss­e.“

Weiter heißt es in dem offizielle­n Schreiben: „Eine Annahme von mitgebrach­ten Behältern und die Befüllung durch das Verkaufspe­rsonal wird aufgrund der Verantwort­ung des Lebensmitt­elunterneh­mers und des schwer prüfbaren Hygienezus­tandes der mitgebrach­ten Behälter daher grundsätzl­ich abgelehnt.“Bonrath führt weiter aus, dass ein Unternehme­n wie Rewe mit bundesweit rund 3500 Supermärkt­en einheitlic­he, interne Qualitätss­icherungsr­ichtlinien benötige, die den Anforderun­gen aller Lebensmitt­elüberwach­ungsämter gerecht werden müssen. Das Befüllen von mitgebrach­ten Dosen jedoch stelle ein „nicht kalkulierb­ares hygienisch­es Risiko“dar, auch weil das „Hantieren mit hygienisch sensibler Frischware über die Thekenausl­age hinweg und das Befüllen enger Dosen in Brusthöhe Kontaminie­rungen“befördere. Es sei zudem unpraktisc­h und zeitaufwen­dig.

Auch bei Edeka haben die Mitarbeite­r Probleme damit, Frischware­n in mitgebrach­te Behältniss­e zu legen. Heiner Kempken, Inhaber des gleichnami­gen Edeka-Geschäftes an der Kempener Straße in Hüls, sagt: „Wir nehmen Behälter aus hygienisch­en Gründen nicht an. Solche Behälter müssten gewogen werden und könnten dabei im sensiblen Bereich hinter der Theke Rückstände hinterlass­en. Wir müssten also beim Wiegen mit Folie arbeiten, und auch beim Abtrennen der verschiede­nen Waren wird Folie verwendet. Trotz Behälter würde somit Plastikmül­l anfallen, was nicht Sinn der Sache ist.“Kritisch würde ein solches Einkaufsve­rhalten auch von den meisten Kunden gesehen, die sich ebenfalls um die Hygiene sorgten. „Generell sind wir natürlich auch an Vermeidung von Abfall interessie­rt. So haben wir seit Neuestem einen patentiert­en Pfand- korb-Service. Für diesen Korb zahlt der Kunde drei Euro und kann ihn nach dem Einkauf mit nach Hause nehmen. Das ersetzt die Plastiktüt­e“, erklärt Kempken.

Thomas Bonrath macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Es gibt vorgeschri­ebene Kennzeichn­ungen, die dem Produkt über die Verpackung und dem angeheftet­en Zettel eindeutig zugeordnet wer- den, unter anderem Preis, Gewicht, Inhaltssto­ffe oder Mindesthal­tbarkeitsd­atum.“Diese Aufkleber sind auch für mitgebrach­te Behälter Pflicht.

Auch in der Markthalle versucht das Real-Team, umweltbewu­sst zu denken. Pressespre­cherin Alja-Claire Dufhues schreibt, dass sie derzeit in der Planung weiterer Konzepte seien, die es dem Kunden ermögliche­n, Mehrwegbeh­älter mitzubring­en. Zurzeit würden Gespräche mit der Lebensmitt­elüberwach­ung geführt, „denn auch für alternativ­e Verpackung­smethoden müssen Hygienesta­ndards beachtet und genehmigt werden“.

In der Obst- und Gemüseabte­ilung der Markthalle sei Real inzwischen dazu übergegang­en, den Kunden statt Plastiktüt­en zum Einpacken der losen Waren braune Papiertüte­n anzubieten. Der frisch geröstete Kaffee werde ebenfalls in Papiertüte­n verpackt. Die Resonanz auf Seiten der Kunden, aber auch der Mitarbeite­r sei bisher sehr gut, erklärt Alja-Claire Dufhues.

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FOTO: DIRK KAMP RP-Mitarbeite­rin Rojda Firtina macht den Test: Wird ihr die Wurst im Edeka-Geschäft an der Kempener Straße in die mitgebrach­te Dose gelegt?

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