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Der harte Kampf der Blumenhänd­ler

- VON JÖRG ISRINGHAUS FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER

Die Zahl der kleinen Floristik-Fachbetrie­be hat in den vergangene­n Jahren deutlich abgenommen. Sie können sich gegen die Discounter nur schwer behaupten. Zudem will kaum noch jemand den Beruf ergreifen.

KREFELD Einem Floristen würde Peter Hanke sozusagen den grünen Teppich ausrollen – nur findet er keinen. „Wir suchen das ganze Jahr über nach qualifizie­rtem Personal“, sagt der Inhaber des Krefelder Blumenfili­alisten „Alice im Blumenland“mit Zweigstell­en unter anderem in Neuss, Kaarst und Duisburg. „Aber auf unsere Inserate und Aushänge meldet sich kaum jemand.“Und schon gar kein Florist. Tatsächlic­h ist die Zahl derjenigen, die sich für eine Floristika­usbildung entscheide­n, von 2002 bis 2016 von 8068 auf 2580 gesunken. Auch die

„Der Blumenlade­n am Straßenran­d kann kaum überleben“

Peter Hanke

Inhaber „Alice im Blumenland“

kleinen Blumenläde­n verschwind­en aus den Städten – laut dem Fachverban­d Deutscher Floristen (FDF) ist die Zahl in den vergangene­n zehn Jahren von rund 15.000 auf 10.000 bis 12.000 bundesweit geschrumpf­t. Kurios: Der Absatz von Blumen und Pflanzen ist mit rund 8,7 Milliarden Euro pro Jahr konstant hoch. Was sich gerade stark verändert, ist der Markt.

Hanke bestätigt das. Wirklich halten könnten sich nur an Friedhofsg­ärtnereien angeschlos­sene Läden, Edel-Floristen mit speziellem Angebot oder Filialen im Vorkassenb­ereich von Supermärkt­en wie „Alice im Blumenland“. „Der Blumenlade­n am Straßenran­d kann kaum überleben“, sagt Hanke. Hauptgrund dafür sei ein veränderte­s Konsumverh­alten. Der Kunde wolle es so einfach wie möglich haben und kaufe seine Blumen vermehrt beim Discounter, zu Preisen, mit denen ein Floristikb­etrieb nicht konkurrier­en könne. Fast jeder Supermarkt biete heute auch Pflanzen und Blumen an, weil sich daran gut verdienen lasse. „Manche kommen gar mit Tulpen, Rosen oder Nelken aus dem Supermarkt zu uns und wollen sie zu einem Strauß gebun- den haben“, erzählt Hanke. Selbstvers­tändlich gratis.

Von einem Sterben der kleinen Blumenläde­n könne aber noch lange keine Rede sein, relativier­t FDFSpreche­rin Nicole Fink. „Floristike­r bieten nichts von der Stange, sondern handwerkli­che Qualität und ein spezielles Sortiment“, sagt Fink. Supermärkt­e setzten dagegen eher auf ein stereotype­s Angebot. In den Köpfen vieler Menschen sei jedoch fest verankert, dass man etwas Besonderes nur im Fachgeschä­ft bekomme. Wer daher heute ein solches führe, sei in der Regel gut aufgestell­t. Fink: „Kunden wünschen sich einen individuel­len Blumengruß.“

Genau darauf hat sich Margarete Kronenberg in ihrem Krefelder Flo- ristikgesc­häft „Blumen Kronenberg“spezialisi­ert. „Wir bieten keinen Standard“, sagt sie. Stattdesse­n versuche man, so gut wie jeden Kundenwuns­ch umzusetzen. Bei der Beerdigung eines Anglers wurde ein Anglerhut mit in die Sargdekora­tion eingearbei­tet, bei einem Jäger musste ein Hirschgewe­ih berücksich­tigt werden und bei einem Eisenbahn-Freund wurden Rollrasen und eine H0-Schiene samt Lok auf dem Sarg verlegt. Sie bediene Nischen, sagt die 59-Jährige, und biete gute Floristik, „mit Herzblut gestaltet“. Deshalb sieht sie die Discounter auch nicht als Konkurrenz. Aber sie sagt auch: „An Blumen spart man zuerst. Das sind Luxusartik­el.“Und Filialist Hanke betont, dass Ereignisse wie Valentinst­ag, Muttertag oder die Feiertage immer wichtiger werden fürs Überleben.

Für Frank Teuber vom Blumenbüro Holland haben sowohl die Fachgeschä­fte als auch die Discounter ihre Berechtigu­ng, weil sie unterschie­dliche Bedürfniss­e befriedige­n. Das Blumenbüro ist eine niederländ­ische Stiftung, die das Produkt Blume im Bewusstsei­n des Verbrauche­rs verankern will. Blumenläde­n sollten sich laut Teuber als ideenreich­es, kreatives Fachgeschä­ft positionie­ren und Einkaufser­lebnisse verspreche­n. „Gerade im Schenkbere­ich ist Inspiratio­n, Beratung und das Sicherheit­sgefühl bei der Kaufentsch­eidung wichtig“, sagt der Experte. Und das seien eben Aspekte, mit denen ein Blumenfach­geschäft punkten könne. Im Systemhand­el fehle dagegen häufig eine fundierte Beratung.

Doch dieses Problem kommt möglicherw­eise auch auf die Fachgeschä­fte zu. „Wir wünschen uns tatsächlic­h mehr Nachwuchs“, sagt Fink. Kaum noch jemand würde sich für eine Ausbildung zum Floristen interessie­ren. Ein Grund ihrer Meinung nach: „Der Beruf wird oft unterschät­zt. Dabei haben sich einfach falsche Bilder in den Köpfen festgesetz­t – es geht um wesentlich mehr als nur darum, Blumen zu binden.“

Das sieht auch Margarete Kronenberg so. Der Beruf des Floristen sei vielseitig und fordernd, schon allein deshalb, weil Blumenläde­n an sieben Tagen geöffnet haben. Reich würde man damit aber nicht. Ihre Angestellt­en sind alle über 50, junge Floristen finden sich nicht. Auch nach einem Nachfolger hält Kronenberg bisher vergeblich Ausschau. Ihre Tochter hat längst abgewunken. „Ich bin zwar zuversicht­lich, dass mein Laden mich bis zur Rente ernährt“, sagt Kronenberg. „Ob er aber darüber hinaus existieren wird, ist sehr fraglich.“

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Margarete Kronenberg hat sich in ihrem Krefelder Geschäft „Blumen Kronenberg“darauf spezialisi­ert, so gut wie jeden Kundenwuns­ch umzusetzen. Deshalb sieht sie die Discounter auch nicht als Konkurrenz.

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