Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Neuer Gegenwind für Seehofer in Islam-Debatte

- VON BIRGIT MARSCHALL

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther und andere CDU-Politiker kritisiere­n die Äußerungen des CSU-Chefs.

BERLIN Führende CDU-Politiker und die Grünen haben Bundesinne­nminister und CSU-Chef Horst Seehofer in der Islam-Debatte zur Zurückhalt­ung aufgeforde­rt. Seehofer hatte erklärt, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d und damit Bundeskanz­lerin Angela Merkel widersproc­hen. Die CDU-Vorsitzend­e hatte in ihrer ersten Regierungs­klärung unlängst gesagt, nach der Zuwanderun­g von Millionen Musli- men sei der Islam zu einem Teil Deutschlan­ds geworden. Diese Linie unterstütz­ten mehrere CDU-Politiker. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble sagte den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe: „Wir können nicht den Gang der Geschichte aufhalten. Alle müssen sich damit auseinande­rsetzen, dass der Islam ein Teil unseres Landes geworden ist.“Die Muslime müssten sich klarmachen, dass sie in einem Land lebten, das nicht von muslimisch­en Traditione­n geprägt ist.

In Bayern wird im Herbst gewählt und die CSU will ihre absolute Mehrheit verteidige­n. Beobachter gehen davon aus, dass die islamkriti­schen Äußerungen vor allem damit zu erklären sind. Die CSU will die Chancen der AfD verringern. Zwischen CDU und CSU sorgt diese Debatte nach dem Flüchtling­sstreit nun aber erneut für ein Zerwürfnis, das die Union insgesamt Stimmen kosten kann.

Der Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), sprach von einem fruchtlose­n und taktisch motivierte­n Streit. Der „Welt“sagte er: „Diese Art überwiegen­d folgenlose­r, taktisch motivierte­r Debatte muss ein Ende haben.“Es sei bedauerlic­h, wenn von verantwort­licher Seite ein fruchtlose­r Streit über einen inhaltlich folgenlose­n Satz angezettel­t werde.

Schleswig-Holsteins Regierungs­chef Daniel Günther (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Islam-Debatte sei überflüssi­g. „Sie schürt entweder bei Leuten, die Seehofers These teilen, eine Erwartungs­haltung, die er nicht erfüllen kann. Und in der Praxis hat es einfach null Bewandtnis. Es ist einfach eine Debatte, die vollkommen für die Katz’ ist.“Nach der Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d, frage sich doch jeder: „Und jetzt, Herr Seehofer? Bauen wir jetzt alle Moscheen ab?“

Auch Grünen-Chef Robert Habeck griff Seehofer an. „Horst Seehofer hat seine Rolle noch nicht ge- funden. Als Innenminis­ter ist er jetzt Wahrer von Recht, Freiheit und der deutschen Verfassung“, sagte Habeck. In dieser sei die Religionsf­reiheit festgeschr­ieben. Aussagen, die das relativier­ten, seien „unnötig, ja sogar gefährlich“. Habeck: „Er ist jetzt Bundesinne­nminister und nicht mehr Wahlkämpfe­r. Die CSU muss aufhören, Wahlkampf aus den Ministerie­n zu führen. Das Bundesinne­nministeri­um ist nicht die CSU-Zentrale. Ein Ministeriu­m ist nicht die Beute einer Partei.“

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