Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Borussia ist die „Elf vom Niemandsla­nd“

- VON JANNIK SORGATZ

Nach dem 0:0 gegen Mainz scheinen Dieter Hecking und seine Spieler selbst nicht mehr an Europa zu glauben.

MAINZ Dass sie sich nach 28 Spieltagen nichts Neues mehr einfallen lassen, mussten sich Borussia Mönchengla­dbachs Profis nach dem 0:0 beim FSV Mainz 05 nicht vorwerfen lassen: Es war ihr erstes torloses Remis seit exakt einem Jahr. Vor zwei Wochen hatten sie 3:3 gegen 1899 Hoffenheim gespielt. Da schoss Borussia zum ersten Mal in der Rückrunde drei Tore, kassierte aber auch zum ersten Mal drei – typisch und doch wieder anders.

Als er jenes Spiel auf der Pressekonf­erenz analysiere­n sollte, hatte Trainer Dieter Hecking noch keine finale Entscheidu­ng getroffen: Ein gewonnener Punkt oder zwei verlorene? Für beides ließen sich gute Argumente finden. Am Sonntag in Mainz hätten sich die Spieler in Sachen Präzision nun etwas abschauen können von Heckings Impulsrefe­rat. „Ich weiß, dass die Frage kom- men wird, was der Punkt für uns bedeutet“, sagte er in weiser Voraussich­t nach seiner Einordnung des Tagesgesch­ehens. „Für Europa war das zu wenig. Deshalb sind es eher zwei verlorene Punkte.“

Fünf Zähler Rückstand hat Borussia auf den siebten Tabellenpl­atz, der sehr wahrschein­lich noch zu einem Umweg in die Europa-LeagueGrup­penphase über drei Qualifikat­ionsrunden berechtige­n würde, mit dem Auftakt Ende Juli, wenn einzelne WM-Fahrer vielleicht noch im Urlaub die Füße hochlegen. Doch insgesamt strahlte Hecking – da herrschte Einigkeit mit ein paar seiner Spieler – eine gewisse Deckeldrau­f-Haltung aus. Sechs Spiele bleiben zwar noch. Die Mannschaft, die von elf Rückrunden­spielen nur zwei gewonnen hat, müsste bis zum Saisonende aber mindestens vier, besser fünf gewinnen, um Hoffenheim oder noch weiter enteilte Konkurrent­en einzuholen.

Während seiner Analyse schien sich Hecking darüber im Klaren zu sein, dass er diese Sätze nicht zum ersten Mal in dieser Saison sprach. Bei den Spielverlä­ufen mag Borussia noch einfallsre­ich sein, die grundlegen­den Probleme indes gleichen sich. „Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison“, sagte Hecking. „Die letzte Konsequenz und die letzte Zielstrebi­gkeit, das Tor machen zu wollen, fehlen uns. Dann kommt noch ein Schnörkel, wir ziehen nochmal auf.“

Die beiden größten Möglichkei­ten vergaben Thorgan Hazard und Josip Drmic – ohne dabei zum Abschluss zu kommen. Der eine zeigte zu viel demonstrat­ive Uneigennüt­zigkeit und legte unpräzise quer. Der andere nahm ein Geschenk der Mainzer in der Nachspielz­eit nicht an, als er nach einem zu kurz geratenen Rückpass auf Torwart René Adler zulief und an ihm hängenblie­b. Doch selbst über eine Niederlage hätte sich Gladbach nicht beschweren können.

„In der zweiten Halbzeit haben wir viel investiert, da kann ich niemandem einen Vorwurf machen. Aber es ist zu wenig dabei herumgekom­men“, sagte Lars Stindl – nicht am Sonntag, sondern am 9. September nach einem 0:1 gegen Eintracht Frankfurt. Das ist die Geschichte dieser Saison: Die Defizite wechseln sich munter ab, Borussia war eine Schießbude im Herbst und traf im Winter wochenlang nicht ins Tor. Irgendetwa­s ist immer, und gepflegten Ballbesitz­fußball, der so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner des Gladbacher Anspruchs ist, gibt es immer seltener zu sehen. Die „Elf vom Niederrhei­n“ist jetzt die „Elf vom Niemandsla­nd“. In der Tabelle steckt Borussia im Mittelmaß fest. Am Samstag kommt Hertha BSC, in den insgesamt 22 Rückrunden­spielen beider Mannschaft­en sind gerade einmal 36 Tore gefallen.

 ?? FOTO: DPA ?? Mal hohes Niveau: Donati (li.) und Stindl (MG) im Kopfballdu­ell
FOTO: DPA Mal hohes Niveau: Donati (li.) und Stindl (MG) im Kopfballdu­ell

Newspapers in German

Newspapers from Germany