Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Fachkräftemangel
DORTMUND/MÜNCHEN Einen Karsamstagabend wirkte die Welt des FC Bayern vollkommen. Schließlich hatten die Münchner im BVB den nominell großen Rivalen der jüngeren Vergangenheit mit 6:0 gedemütigt. Eine plastischere Machtdemonstration auf nationaler Ebene scheint auch im Selbstverständnis von Präsident Uli Hoeneß kaum denkbar. Doch das 6:0 musste noch einen zweiten Zweck erfüllen: Es musste von einer höchst unbefriedigenden Personalsituation beim Rekordmeister ablenken. Und das, wo der Rekordmeister in der Regel bei der Konkurrenz für unbefriedigende Personalsituationen sorgt, weil er dort die besten Leute wegholt. Doch seit einiger Zeit tut sich der FC Bayern schwer, die besten Leute zu bekommen. Nicht die besten Spieler, die besten Kandidaten für den Job des Trainers oder des Sportdirektors. Es herrscht Fachkräftemangel an der Säbener Straße. Und wer nach Gründen dafür sucht, landet oft bei einem Namen: dem von Uli Hoeneß.
Wen immer er auf einer eigens dafür einberufenen Pressekonferenz demnächst als künftigen Trainer vorstellen wird, der wird nur dritte Wahl sein. Denn alle Welt weiß, dass Hoeneß’ Plan A vorsah, Jupp Heynckes zu überreden, im zarten Alter von dann 73 den Freundschaftsdienst um noch ein weiteres Jahr zu verlängern. Als das aussichtslos wurde, stimmte Hoeneß Plan B zu: Verhandlungen mit Thomas Tuchel. Der frühere Dortmund-Coach soll dem Vernehmen nach aber freundlich abgesagt haben – mit zwei Hinweisen: erstens dem, schon lange auf ein Angebot aus München gewartet zu haben, aber zweitens dem, in- zwischen bei einem ausländischen Top-Verein im Wort zu stehen für die kommenden Spielzeit. Bis „spätestens Ende April“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge bei Sky, solle der neue, „deutschsprachige“Coach feststehen. Der mit der imaginären Rückennummer 1c – auch wenn die Münchner natürlich dem Eindruck entgegentreten, sie seien von der Absage Tuchels düpiert worden.
Der neue Trainer wird dann mit Hasan Salihamidzic zusammenarbeiten. Dem Sportdirektor der Bayern. Nach allgemeiner Lesart ebenfalls keine Wunschlösung. Die hätte im Optimalfall Philipp Lahm geheißen. Aber der Mann, der Vereinslegende, Weltmeister und Ehrenspielführer der Nationalelf in einer Person ist, winkte im vergangenen Sommer ab. Diplomatisch, wie es seine Art nach außen hin ist. Aber es sickerte dann eben doch durch, dass er sich mehr Kompetenzen gewünscht hatte, als Hoeneß ihm letztlich zugestehen wollte. „Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht zum FC Bayern zurückkehren werde. Es kommt immer darauf an, zu welchem Zeitpunkt und: Um was geht’s? Man soll nie nie sagen“, sagte Lahm neulich im Interview mit unserer Redaktion. Ist es also Hoeneß, der mit seiner Omnipräsenz verhindert, dass manche Wunschlösung Realität wird bei seinem FC Bayern? Und das, wo er doch angekündigt hatte bei seiner Wiederwahl zum Präsidenten am 25. November 2016, er müsse sich nicht mehr in alles einmischen. Das Tandem Rummenigge und Hoeneß werde nicht mehr so viel streiten, hatte Hoeneß irgendwann auch mal versprochen, aber dafür kommen sich dann doch Rummenigges rationale Entscheidungs-
„Es kommt darauf an, zu welchem Zeitpunkt und: Um
was geht’s?“
Philipp Lahm
Weltmeister 2014