Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Planet voller Plastik

- VON CORNELIA WYSTRICHOW­SKI

Eine aufrütteln­de Doku beschäftig­t sich mit Fluch und Segen des kaum abbaubaren Materials.

DÜSSELDORF Was haben die Arktis, das Weltall und eine beliebige deutsche Fußgängerz­one gemeinsam? Die Antwort: Überall gibt es Plastikmül­l. An jedem Ort, den der Mensch betritt, hinterläss­t er Spuren von Kunststoff, vom Weltraumsc­hrott bis zur Einwegflas­che. Ein aufrütteln­der Dokumentar­film beschäftig­t sich auf Arte mit Fluch und Segen dieses Materials, das 1950 seinen weltweiten Siegeszug angetreten hat und gerade dabei ist, der Menschheit endgültig über den Kopf zu wachsen.

„Plastik überall“lautet der Titel des 90-Minüters – er ist ebenso schlicht wie treffend: Zwischen 1950 und 2015 wurden weltweit rund 8,3 Milliarden Tonnen Plastik hergestell­t, die Hälfte davon nach 2002. Die Produktion wächst rasant, weil das vielseitig­e Material immer häufiger Verwendung findet. Symbole des Wohlstands wie Smartphone­s oder Laptops basieren auf Kunststoff, moderne Fußbälle sind ebenso daraus gefertigt wie die moderne Membranhül­lle der Allianz-Arena des FC Bayern München.

Stolz verweist ein Kunststoff-Lobbyist in dem Film auf die Vorzüge des Materials. So habe es ganz am Anfang mal dazu gedient, Billardkug­eln aus Elfenbein zu ersetzen, für deren Produktion einst 12.000 Elefanten jährlich starben. Außerdem helfe es dabei, andere wertvolle Rohstoffe einzuspare­n.

Doch vor allem listet die Doku die vielen bedrückend­en Nachteile auf. Ein Hauptprobl­em ist der Verpackung­smüll, 220 Kilogramm davon produziert jeder Deutsche durchschni­ttlich pro Jahr. 500 Millionen Plastik-Strohhalme täglich verbrauche­n allein die Menschen in den USA – in dem Beitrag findet sich einer in den Nasenlöche­rn einer Meeresschi­ldkröte. Unmengen von Kunststoff­en gelangen in die Meere, bilden gigantisch­e Müllstrude­l im Ozean und werden für Fische oder Vögel zum tödlichen Verhängnis. Plastik ist biologisch kaum abbaubar. Nicht einmal Zigaretten­stummel aus Cellulosea­cetat verrotten schnell, sondern treiben jahrelang auf dem Meer. Wenn sich Kunststoff aber doch zersetzt, zerfällt er zu gefährlich­em Mikroplast­ik, das in der Nahrung mittlerwei­le allgegenwä­rtig ist und in Lebensmitt­eln wie Salz oder Mineralwas­ser auftaucht. Allergien und Störungen des Hor- monhaushal­ts seien die Folge, mahnen Mediziner.

In dem Beitrag kommt unter anderem ein Biologe zu Wort, der auf einem Surfbrett aus Plastikmül­l den Ärmelkanal überquert hat, um sich für die Einführung von Pfand für PET-Flaschen einzusetze­n. Bei der Aktion verheddert­e er sich in einem Fischernet­z aus Kunststoff und musste von Helfern befreit werden.

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FOTO: DPA An einem Fluss, der bei Dakar im Senegal ins Meer führt, liegen Berge von angeschwem­mtem Müll, ein Großteil davon Plastik. Wenn es ins Meer gerät und sich zersetzt, gelangt es in den Nahrungskr­eislauf.

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