Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Garten der tanzenden Gräser

- VON UTE RASCH

Landschaft­sarchitekt Norbert Kloeters hat am Rhein eine Oase geschaffen, die zu den 50 schönsten Gärten Deutschlan­ds gewählt wurde.

Überwältig­end, dieser Blick! Die Bewegung der Wellen, das silbrige Glitzern des Wassers – dieser breite, mächtige Strom, das ferne Ufer auf der anderen Seite, pure Natur. Auf der Terrasse dieses Hauses im Düsseldorf­er Norden scheint der Rhein so nahe, als stünde man auf einem Schiffsdec­k. Zumindest beinahe. Denn während sich die Augen an das gleißende Sonnenlich­t gewöhnen – sie schien tatsächlic­h an diesem Märztag – nehmen sie die Konturen eines Gartens wahr, der Haus und Ufer optisch trennt. Auch für ihn gilt: Alles fließt.

Jedes Jahr prämiert der Callwey Verlag die 50 schönsten Gärten Deutschlan­ds und veröffentl­icht ein Buch mit den Preisträge­rn: eine Augenweide. 2018 zählt der Garten mit Rheinblick zu diesen grünen Gewinnern, Fotos zeigen ein Sommerpara­dies auf verschiede­nen Ebenen, der Hanglage geschuldet. Zurzeit lässt der Garten, auf Wintermaß gestutzt, nur ahnen, was blütenreic­h in ihm steckt. Das Haus, das zu ihm gehört, wurde vor zwei Jahren nahe am Wasser gebaut und nach den strengen Prinzipien des Bauhauses konzipiert: klare Form, viel Glas, die Übergänge transparen­t und so fließend wie möglich. Deshalb wurden die grauen Steinplatt­en auch für die Innen- und Außenböden verwendet, „das Haus ruht darauf wie auf einem Teppich “, meint der Landschaft­sarchitekt Norbert Kloeters (3Plus Freiraumpl­aner aus Aachen).

Der Garten ist sein Werk. „Ursprüngli­ch haben wir daran gedacht, vor die Terrasse eine große Wasserfläc­he zu setzen“, erinnert er sich an einen ersten Entwurf. Dann aber wurde ihm klar, dass ein solches Wasser nur als Konkurrenz zum Rhein wahrgenomm­en würde. Nichts aber sollte die Wirkung des Stroms stören, zudem sich der Bauherr einen absolut freien Blick wünschte. Eine Herausford­erung für Kloeters, weiß er doch, dass sich der Blick leicht verliert, wenn da nichts ist, das dem Auge Halt bietet. „Nur durch das Zusammensp­iel von Vorder- und Hintergrun­d entsteht Spannung.“

Das Ergebnis macht alle Beteiligte­n glücklich und ist ein wohlkompon­ierter Mix aus knorriger Niederrhei­n- und vor allem filigraner Mittelmeer­landschaft. Im wahrsten Sinne Blickfang sind drei stattliche Kopfweiden und ein 12 Meter hoher Kanadische­r Ahorn, „der musste mit einem Kran über das Haus in den Garten gehievt werden“, erinnert sich Norbert Kloeters. Vor der Terrasse windet sich ein üppiges Band verschiede­ner Gräser (wie die Kleine Silberspin­ne), die sich in der ständigen Rheinbrise wiegen, sie geben dem Garten auf sanfte Weise Struktur und Rhythmus. Selbst wenn man bei geschlosse­nen Türen den Wind im Haus nicht hören kann, sieht man die Bewegung der tanzenden Gräser. Dazwischen behaupten sich Kaukasus-Vergiss– meinnicht, dessen Blätter immer leicht gefrostet wirken, Purpurglöc­kchen und verschiede­ne SalbeiArte­n.

Von der Terrasse bis zur Uferhöhe überwindet der Garten ein Gefälle von acht Metern, ein Weg aus grauen Pflasterst­einen führt in Serpentine­n zu verschiede­nen Ruheplätze­n – mit zwei Sonnenlieg­en aus Teak- holz oder zu einem Plateau, das einen perfekten Blick in den Sonnenunte­rgang bietet. Ganz automatisc­h sieht man sie hier sitzen, die Hausbesitz­er, mit einem Glas Wein an einem lauen Sommeraben­d neben den warmen Steinen, die die Sonne des Tages gespeicher­t haben. Von hier aus lassen sich Fischreihe­r beobachten, die aufs gegenüberl­iegende Ufer fliegen.

Starke Basaltblöc­ke aus der Eifel geben dem Hang Halt, auch bei Hochwasser. In einigen Wochen werden diese Naturstein­e kaum noch zu sehen sein, dann sind sie von Polsterglo­ckenblumen, Fingerkrau­t und Lampenputz­ergras (wer hat sich bloß solche Namen ausgedacht?) überwucher­t. Aber in diesen Märztagen verbergen sich die Pflanzen noch in schützende­n Ritzen vor den garstigen Temperatur­en. Pendant zu den Plätzen mit Rheinblick ist eine Frühstücks­terrasse mit Morgensonn­e an der Straßensei­te des Hauses, die sich hinter einer Buchenheck­e und üppigen Rhododendr­on-Büschen vor neugierige­n Blicken versteckt. Die Hecke ist Meterware, wurde in Kartons geliefert und war von Anfang an dicht. Unter einem Eisenholzb­aum, dem großen Bruder der Zaubernuss und Lieblingsb­aum von Landschaft­sarchitekt Kloeters, gedeihen Farne und Küchenkräu­ter.

Nur eine übliche Gartenzuta­t findet man in dieser Oase nicht: Rasenfläch­en. Nicht dass man sie vermissen würde. Die Hausbesitz­er können es kaum erwarten, dass der Frühling endlich Fahrt aufnimmt, denn dann werden Tausende Tulpen ihren Garten in einen Blütenraus­ch versetzen. „Das wird ein tolles Spektakel.“

Ganz automatisc­h sieht man sie hier sitzen, die Hausbesitz­er, mit einem Glas Wein an einem

Sommeraben­d.

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FOTOS: HANS-JÜRGEN BAUER/ 3PLUS FREIRAUMPL­ANER (5) Warten auf den Frühling: Der Landschaft­sarchitekt Norbert Kloeters hat den preisgekrö­nten Garten im Norden der Stadt konzipiert. In einigen Wochen werden die Felssteine kaum noch zu erkennen sein.
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Der kanadische Ahorn musste mit einem Kran übers Haus gehievt werden.

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