Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Von Münster lernen

- VON MICHAEL BRÖCKER MÜNSTER – EINE STADT STEHT UNTER SCHOCK, SEITE A 3 VON MARTIN KESSLER

Die Friedensst­adt Münster erlebt Tod und Trauer. Die Bluttat vor dem beliebten Straßencaf­é, am 1896 erbauten Kiepenkerl-Denkmal, das sogar die Bombenangr­iffe des Zweiten Weltkriegs überstand, trifft die Westfalens­tadt ins Mark. Ein offenbar psychisch labiler 48-Jähriger verletzt Dutzende, tötet zwei Menschen und sich selbst.

Als die Nachrichte­n von einem Kleinlaste­r, der in eine Menschenme­nge rast, im Rest der Republik eintreffen, ist der erste Gedanke: islamistis­cher Terror. So reflexhaft funktionie­rt das Gehirn im Jahrzehnt der Terrorbedr­ohung. Fast zynisch die Erleichter­ung, als Ermittler „nur“einen Amoklauf eines Einzeltäte­rs melden. Man hofft, dass der Kampf der Kulturen nicht wieder entfacht wird, die Hetzer keine neue Nahrung bekommen. Stunden später die Nachrichte­n aus Berlin, wo offenbar ein islamistis­ch motivierte­r Anschlag auf den Halbmarath­on vereitelt werden konnte.

Die Reflexe und die Pauschalis­ierung sind das Krebsübel der Debatten. Den Angehörige­n der Opfer in Münster hilft es wenig, ob der Täter Deutscher oder Ausländer war, ob er allein oder in der Gruppe handelte. Sie haben ihre Liebsten verloren. Sie müssen, wenn die Scheinwerf­er der Öffentlich­keit aus sind, mit der Leere klarkommen, die nur jemand nachvollzi­ehen kann, der selbst Angehörige so abrupt und auf so brutale Weise verloren hat.

Ob der Täter als gefährlich hätte erkannt werden können? Ermittlung­en werden dies vielleicht zeigen. Irre Einzeltäte­r sind in einer freien Gesellscha­ft aber kaum aufzuhalte­n. Die Antwort auf die Frage, was in Menschen vorgeht, die töten, bleibt unbefriedi­gend. Unser Blick richtet sich auf die Opfer und ihr Umfeld. Auf diejenigen, die in den Kliniken um ihr Leben kämpfen. Münster hat gezeigt, wie man reagieren kann, fast 300 waren in wenigen Minuten dem Aufruf zur Blutspende gefolgt. Münster ist im besten Sinne bürgerlich, weil es eine gesunde Bürgerscha­ft hat. Auch die Polizei, die Rettungskr­äfte reagierten schnell, ruhig und profession­ell.

Diese Stadt trägt den Frieden nicht nur in ihrer Historie. Wer wie ich aus Münster kommt, weiß um die Gelassenhe­it, die diese Stadt ausmacht. Holländisc­he Touristen, Studenten aus der Welt und die notorisch unaufgereg­ten Einheimisc­hen verbinden sich zu einer „Heile Welt“-Idylle, die gerade bei den Münsterane­rn, die aus berufliche­n Gründen auszogen, die Sehnsucht nach der Heimat ausmacht. Ein TretbootUn­fall auf dem Aasee ist in Münster ein spektakulä­res Ereignis. Diese heile Welt wurde am Samstag verwundet. Aber Münster wird sich treu bleiben. Und kann damit Vorbild für den Rest der Republik sein. BERICHT

Wer stoppt Assad?

Dem Kriegsherr­n Assad ist offenbar jedes Mittel recht, um die Rebellen in der Nähe der syrischen Hauptstadt niederzuri­ngen – sollten die Berichte zutreffen, wonach seine Armee erneut Chemiewaff­en eingesetzt hat. Assad hätte wiederholt alle roten Linien überschrit­ten, gestützt auf seine ebenso mächtigen wie skrupellos­en Verbündete­n Russland und Iran. Und der Westen, angeführt von einem sprunghaft­en US-Präsidente­n, schaut zu.

Noch ist nicht endgültig bewiesen, dass Assad tatsächlic­h Giftgas verwendet hat. Sollte der Verdacht jedoch zutreffen, muss der Westen handeln. Er muss Russland und Iran, den beiden Helfershel­fern des syrischen Terrorregi­mes, mit Sanktionen drohen, falls sie weiterhin Assad unterstütz­en. Zugleich sind neue diplomatis­che Initiative­n zur Konfliktlö­sung gefragt.

Eines ist klar: Wer fortwähren­d einen Potentat an der Macht hält, der das Völkerrech­t bricht, darf kein Partner der freien Welt sein. Insofern ist auch der Atomdeal mit dem Iran zu überprüfen. Denn jedes Wegschauen ermuntert Syrien, in der Wahl der Mittel keine Rücksicht mehr zu nehmen. BERICHT WIEDER BERICHTE ÜBER EINSATZ . . ., TITELSEITE

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