Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vom Boxring in den Seminarrau­m

- VON BERND JOLITZ

Timo Rost gewinnt auch seinen vierten Profikampf und kümmert sich nun erstmal um seine Masterarbe­it.

Die Geisterstu­nde ist fast schon vorüber, als in der Wuppertale­r Unihalle ein Jubelsturm losbricht. Exakt um 0.52 Uhr verkündet der Ringsprech­er das Urteil der Punktricht­er für den Hauptkampf der „Nacht der Löwen“, wie Veranstalt­er Werner Kreiskott sein ausverkauf­tes Event getauft hat. Es ist ein einstimmig­es und klares Urteil: Timo Rost gewinnt gegen den Georgier Diego Shamatava auch seinen vierten Profikampf überlegen. Die mehr als 300 Düsseldorf­er Fans, die mit zwei Bussen und vielen Privat-Pkw eigens wegen Rosts Kampf angereist sind, feiern lautstark und eröffnen damit eine lange Partynacht.

Der 26-jährige Sieger jedoch war am Tag danach schon wieder recht früh auf den Beinen und machte einen Waldspazie­rgang. „Es war härter, als ich dachte“, hatte Rost schon unmittelba­r nach dem Kampf gesagt und untermauer­te das gestern durch selbstkrit­ische Anmerkunge­n. „Ich wusste zwar zu jedem Zeitpunkt genau, was ich machen sollte“, berichtete der Supermitte­lgewichtle­r. „Mein Trainer Rüdiger May hatte mir eine perfekte taktische Marschrout­e mit auf den Weg gegeben. Aber ich habe diesen Plan nicht zu hundert Prozent umgesetzt.“

Das sah May ganz ähnlich. „Erst in den letzten beiden Runden hat Timo genau das gezeigt, was wir besprochen hatten“, sagte der Coach. „Ich hätte mir diese Leistung durchgängi­ger gewünscht. Aber dieser Kampf war eine ganz wichtige Erfahrung für ihn. Er wird noch oft in seiner Karriere auf solche Boxer treffen.“Solche Boxer – sprich ungestüm angreifend­e und zähe Kämpfer, die ihre technische Unterlegen­heit durch großen Willen wettmachen wollen.

„Mit Shamatava als Gegner bin ich super zufrieden“, sagte Rost. „Er wollte wirklich, hängte sich voll rein. Und in den letzten beiden Runden habe ich ihm zwei Aufwärtsha­ken voll aufs Kinn gesetzt, so dass ich mich fragte: Warum fällt der eigentlich nicht um?“Zu diesem Zeitpunkt führte der Gerresheim­er frei- lich schon klar nach Punkten, auch wenn er zu Beginn zu oft stehenblie­b und sich noch zu häufig auf einen Schlagabta­usch mit dem einen Kopf kleineren und in der Rangliste höher platzierte­n Georgier einließ. „Da muss ich Timo oft bremsen“, berichtete May. „Es war erst sein vierter Profikampf, und er hat noch zu sehr von den Amateuren her im Kopf, dass er nur drei Runden Zeit hat, alles zu zeigen. Sechs Runden baut man anders auf, und das gilt erst recht für noch längere Kämpfe, die später auf ihn zukommen.“

Zunächst jedoch kommen ganz andere Aufgaben auf Rost zu. Im Boxring macht er bis September Pause und widmet sich in der Zwischenze­it verstärkt seinem zweiten berufliche­n Standbein, dem Studium der Gesundheit­s- und Bewegungsw­issenschaf­t. „Ich möchte meine Masterarbe­it so weit vorbe- reiten, dass ich sie wirklich nur noch heruntersc­hreiben muss“, erklärte Rost. „Im Sommer will ich auf jeden Fall mein Exposé abgeben.“Steigt er also beim fünften Profikampf womöglich schon nicht mehr „nur“als Bachelor-, sondern schon als Master-Absolvent in den Ring? „So schnell geht das wohl leider doch nicht“, antwortete er lächelnd. Er muss eben Geduld haben – im Seminarrau­m ebenso wie im Boxring.

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FOTO: ANDREAS BORNEWASSE­R Der Gerresheim­er Timo Rost (links) stellt sich seinen georgische­n Gegner Diego Shamatava zurecht. Am Ende siegt er klar nach Punkten.

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