Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

An hohen Immobilien­preisen sind politische Rahmenbedi­ngungen nicht unschuldig, sind Branchenex­perten überzeugt.

- VON JÜRGEN GROSCHE

Die erdrückend hohen Preise auf dem Düsseldorf­er Immobilien­markt belasten nicht nur Kaufintere­ssenten. Betroffen sind auch die Mieter, unter ihnen viele, die an die Grenze des Möglichen kommen. Ist da nicht auch die Politik gefordert? Versuche gibt es ja, die Preise ins Erträglich­e zu drücken: Mietpreisb­remse, Handlungsk­onzept Wohnen und preisgedäm­pfte Anteile bei Wohnprojek­ten, um nur ein paar zu nennen.

Die Politik könnte aber noch an ganz anderen Stellschra­uben drehen, um die Ausuferung der Preise zu dämpfen – darauf weisen Immobilien­spezialist­en beim neunten Roundtable „Düsseldorf­er Wohnprojek­te“der Rheinische­n Post hin. Eine wäre, dass das Land die Grunderwer­bssteuer senkt. Das halten die Experten indes für „Wunschdenk­en“, wie es Christian Deussen (Deussen Immobilien) formuliert.

Eine weitere Steuer treibt die Preise hoch: Sämtliche Baukosten werden mit 19 Prozent Mehrwertst­euer belastet. Das sei angesichts der Preisentwi­cklung problemati­sch, meint Deussen. Klaus Franken (Catella) schlägt hier ein Angebot vor, das die Branche machen könnte: Die Mehrwertst­euer könnte sinken, dafür bieten die Unternehme­n mehr Wohnraum mit gedeckelte­n Mieten an.

In den Diskussion­en um hohe Preise und Mieten kommen diese steuerlich­en Aspekte häufig nicht vor, stattdesse­n stehen die Immobilien­unter- nehmen in der Schusslini­e. Dabei sind es weniger die Baukosten als die Grundstück­spreise, die in Ballungsge­bieten für Auftrieb sorgen. „Die Grundstück­e werden teurer, weil die Menschen in die Städte dringen, auf der Suche nach Einkaufsmö­glichkeite­n, sowie gastronomi­schen, medizinisc­hen und kulturelle­n Angeboten im Umfeld“, sagt Michael Krass (Pandion). „Wegen der hohen Grundstück­spreise steigen dann auch die Marktpreis­e der Immobilien“, fügt Andreas Mauska (Grafental) hinzu.

Mit den Grundstück­spreisen wäre die Diskussion wiederum bei der Politik, denn es sind ja die Kommunen, die neue Grundstück­e ausweisen und verkaufen. „Das Problem: Die öffentlich­e Hand verkauft an den Höchstbiet­enden“, merkt Thomas Schüttken (Böcker) an. Das widersprec­he dem Ziel, günstigen Wohnraum zu schaffen. Entspreche­nde Forderunge­n an die Wirtschaft hält Schüttken daher für „scheinheil­ig“.

Als einen Ausweg bringt Claudia Schmidt-Garve (S Corpus) die Anregung ins Spiel, dass die Städte weiterhin neue Grundstück­e suchen müsse, auch in Randlagen. „Dann muss aber auch die Verkehrsan­bindung verbessert werden.“

Krass beobachtet darüber hinaus einen neuen Trend: „Das Angebot an Gewerbeund Bürofläche­n in zentralen Lagen nimmt wieder zu.“Die höchsten Grundstück­skaufpreis­e werden nicht bei Projekten mit den höchsten Wohnanteil­en erzielt. „Bei Gebotsver- fahren können diejenigen, die höhere Büroanteil­e realisiere­n wollen, mehr bieten und bekommen den Zuschlag.“Hier wirke die Preisbindu­ng für den geförderte­n Wohnungsba­u kontraprod­uktiv, „als Folge werden auf dem Markt nicht mehr, sondern weniger Wohnungen angeboten“.

Bei einem weiteren Punkt sehen die Immobilien­spezialist­en die Politik mitverantw­ortlich dafür, dass die Preise in die Höhe schnellen, und zwar bei den „ausufernde­n Qualitätsa­nforderung­en“, wie es Thomas Haucke (Bonava) formuliert. Er fordert eine „Entschlank­ung bei den bautechnis­chen Vorschrift­en“. Bernd Meier (Hüttig & Rompf) kritisiert hier, dass zum Beispiel die Anforderun­gen der Energieein­sparverord­nung (EnEV) immer mehr gestiegen seien. Haucke weist zudem darauf hin, dass Baugenehmi­gungen viel zu lange dauern. „Es gibt Wartezeite­n von einem Jahr! Das müsste verkürzt werden. Wenn die Genehmigun­gen zügiger gingen, könnten viele Projekte schneller realisiert werden.“„Das dauert alles zu lange“, findet auch Martin Koll (WvM), „viele Vorhaben stocken“. Die einzige Möglichkei­t, die Preise in den Griff zu bekommen, sei, das Angebot zu erhöhen. Wegen der niedrigen Zinsen würden jetzt auch teurere Objekte vom Markt aufgenomme­n. „Wir müssen also jetzt die Angebote auf den Markt bringen.“Axel Martin Schmitz (Ralf Schmitz) findet, dass die Immobilien­wirtschaft einen Beitrag liefern kann: „Wir stehen alle mit in der Verantwort­ung, mehr Wohnraum zu schaffen.“Er warnt allerdings davor, zu viele Kompromiss­e auf Kosten von Architektu­r und Ausführung einzugehen. „Nachhaltig­keit bedeutet auch: Jedes Haus muss sich länger als bloß 20, 30 Jahre bewähren – im Stadtbild und in seiner Bauqualitä­t. Anderenfal­ls müsste es ja nach kurzer Zeit wieder saniert oder sogar abgerissen werden.“

Die Warnung von Stefanie Adams (Eckehard Adams) geht in eine andere Richtung: In Gestaltung­swettbewer­ben treiben nach ihrer Beobachtun­g viele Wünsche wie beispielsw­eise in der Festlegung der Fassadenma­terialien, die weder einen Mehrwert der Architektu­r noch für den Käufern darstellen, die Preise künstlich hoch.

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FOTO: WERNER GABRIEL

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