Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Tagesmutte­r: Viel mehr als ein Nebenjob

- VON CORINNA KUHS

Die Betreuerin­nen fordern bessere Bedingunge­n. Heute stellt die Verwaltung ihnen eine neue Vertretung­sregelung vor.

Angelika Schumanns Arbeitszei­t beginnt, bevor es gegen 7.30 Uhr an ihrer Haustür klingelt. Die gelernte Erzieherin schafft dann ihre alltäglich­e Arbeitsatm­osphäre, indem sie im Wohnzimmer Bücher, Spiele Puzzle bereitstel­lt, die Boxen mit den Duplo-Bausteinen herausholt und den bunten Teppich auf den Boden legt. In die Küche stellt sie Kinderstüh­le und einen Kindertisc­h. Die kleine „Kundschaft“kann kommen. Nach 17.30 Uhr räumt Schumann dann alles zurück, macht sauber und hat die Räume wieder für sich und ihre Familie.

Schumann ist Tagesmutte­r, betreut an einem Tag bis zu fünf Kinder zwischen sechs Monaten und drei Jahren. Die Vorsitzend­e des Meerbusche­r Tagesmütte­r-Vereins mag ihren Beruf, den sie seit zehn Jahren als Selbststän­dige ausübt. Aber: Sie fordert bessere Bedingunge­n für sich und die rund weiteren 65 Meerbusche­r Betreuungs­perso- nen, die dem Verein angehören. In Meerbusch arbeiten sie selbststän­dig in Absprache mit dem Jugendamt; erhalten ihr Honorar nicht von den Eltern, sondern von der Stadt.

Gespräche mit der Meerbusche­r Stadtverwa­ltung gab es bereits mehrere, das Thema wurde auch im Jugendhilf­eausschuss Anfang März intensiv diskutiert. Das Ergebnis ist eine Satzungsän­derung, die für die Tagesmütte­r unter anderem eine finanziell­e Verbesseru­ng während der Eingewöhnu­ngszeit neuer Kinder vorsieht. Bisher bekamen die Tagesmütte­r während dieser Phase ein Drittel des üblichen Honorars, künftig sollen es 63 Prozent sein, erläutert der Erste Beigeordne­te Frank Maatz. Die Tagesmütte­r wünschen sich indes das volle Honorar, sagt Schumann. Zwar seien die Kinder in der Eingewöhnu­ngsphase meist weniger Stunden in der Betreuung – aber diese sei intensiver und aufwendige­r. Die Satzungsän­derung soll in der Ratssitzun­g am Donnerstag 26. April, thematisie­rt und be- schlossen werden. Ein weiterer Punkt, den die Tagesmütte­r verbessert sehen wollen, steht schon heute Abend zur Diskussion. Beim Fachabend Tagespfleg­e im Bürgerhaus Lank stellt die Verwaltung ein neues Vertretung­smodell vor, das sie in den letzten Wochen erarbeitet hat. „Da es ein offener Prozess ist, möchte ich noch keine Einzelheit­en vorab nennen“, sagte Maatz auf Nachfrage. Er sei jedoch zuversicht­lich, dass man zu einem guten Konzept komme. „Es muss eine adäquate Vertretung­sregelung geben“, fordert Schumann. Denn bei Urlaubs- oder Krankheits­fällen gebe es derzeit keine kindgerech­te Lösung. Zudem möchten die Tagespfleg­epersonen ihren Urlaub flexibler nehmen können. „Wir wollen, dass unsere Arbeit ernstgekom­men und als Beruf anerkannt wird“, fasst die 63Jährige zusammen. „Für die meisten Tagespfleg­epersonen ist es kein Nebenjob, eine Art erweiterte­s Babysitten, sondern ein Vollzeitjo­b.“Für ein Kind, das 40 Stunden pro Woche betreut wird, bekomme sie rund 700 Euro im Monat. Das klinge erst einmal viel, vor allem, wenn man den Betrag mal fünf (Kinder) multiplizi­ere. Jedoch reiche ihre Arbeitszei­t über die Anwesenhei­t der Kinder, die sie je nach Vertrag zwischen 7.30 und 17 Uhr bis zu acht Stunden betreut, hinaus. Elterngesp­räche oder Protokolle zur Entwicklun­g der Kinder erledige sie außerhalb der Betreuungs­zeit, auch Aufräumen und Saubermach­en werde nicht vergütet.

Und wenn ein Kind unvorherse­hbar aus der Betreuung genommen werde, falle die Einnahme sofort weg. „Fixkosten wie Krankenkas­senbeiträg­e oder Versicheru­ngen laufen aber weiter.“Obwohl Schumann viele Schwierigk­eiten als selbststän­dige Tagesmutte­r nennt, wiegen für sie die positiven Aspekte schwerer: „Bei nur fünf Kindern kann ich jedes Kind einzeln fördern. Man kann auf wenige Kinder viel besser persönlich eingehen.“

„Wir wollen, dass

unsere Arbeit ernstgenom­men wird“

Angelika Schumann

Vorsitzend­e Tagesmütte­r-Verein

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Tagsüber Spiel-, abends Wohnzimmer: Bei Tagesmutte­r Angelika Schumann toben werktags bis zu fünf Unter-Dreijährig­e durchs Haus.

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