Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

AlptraumTe­amwork:Soklappt Gruppenarb­eit im Studium

- VON JULIA RUHNAU

Manche ächzen, wenn sie das Wort hören. Doch Gruppenarb­eit gehört zum Studienall­tag – weil man hier mehr erreichen kann als eine gute Note.

8.15 Uhr, Seminarrau­m, die erste Sitzung – und dann fällt der gefürchtet­e Satz. „Die Note setzt sich aus der Klausur, einem Referat und dem Ergebnis einer Gruppenarb­eit zusammen.“Hektisches Köpfedrehe­n, Tuscheln. Darf man sich aussuchen mit wem? Kenne ich hier überhaupt jemanden? Wer sitzt neben mir? Und überhaupt – wozu immer diese Gruppenarb­eiten?

Ob für ein Referat, eine Aufgabe im Seminar oder ein Langzeitpr­ojekt: Arbeit im Team ist im Studium gang und gäbe. Viele stöhnen bei der Ankündigun­g: Schon wieder ein Projekt mit fremden Kommiliton­en, mit denen man sich über die richtige Vorgehensw­eise streiten muss. Und manche freuen sich, zumindest heimlich: Gruppenarb­eit, ist das nicht das, wo man andere die Arbeit machen lässt und am Ende trotzdem eine gute Note bekommt? Doch wer es richtig angeht, kann auch bei den unangenehm­sten Aufgaben etwas lernen.

Am Anfang steht die Frage: Mit wem? „Man kann die Leute selbst wählen lassen oder losen“, sagt Siegfried Stumpf. Er ist Professor für Kommunikat­ionspsycho­logie und Führungsle­hre an der TH Köln und nutzt in seinen Veranstalt­ungen immer wieder Gruppenarb­eit als Methode. „Wir machen zurzeit die Losvariant­e“, sagt er. So lernen Studierend­e, mit fremden Menschen zusammenzu­arbeiten, und erweitern ihr Netzwerk – und das Teamklima sei häufig besser.

Prinzipiel­l spricht aber nichts dagegen, mit Kommiliton­en zusammenzu­arbeiten, mit denen man sich gut versteht. „Wenn Studierend­e eine Gruppe gefunden haben, in der die Zusammenar­beit gut läuft, sollten sie diese für die nächsten Gruppenarb­eiten wieder aktivieren“, rät Jörg Wendorff, Senatsbeau­ftragter für Hochschuld­idaktik an der Hochschule Ravensburg­Weingarten. Mehr als fünf Leute sollten es aber nicht sein, da sind sich die Experten einig. Sonst bilden sich Untergrupp­en, was Kommunikat­ion und Zusammenar­beit erschwert.

Beim nächsten Schritt passieren oft die ersten Schnitzer: „Die Studenten teilen zu schnell auf“, sagt Stumpf. Zu Beginn sei eine kurze Kennenlern- und Teambuildi­ng-Phase sinnvoll. In der klärt man, wer welche Kompetenze­n und Vorstellun­gen mitbringt. Erst dann sollten sich die Studierend­en über die gestellte Aufgabe verständig­en und diskutiere­n, welche Teilschrit­te zu erfüllen sind und wer für was am besten geeignet ist.

„Rollen können sich entweder spontan ergeben, je nachdem, wer welche Kompetenze­n mitbringt, oder zu Beginn der Gruppenarb­eit vereinbart werden“, sagt Wendorff. Einer sollte zum Beispiel die Moderation der Treffen übernehmen, ein anderer Zwischener­gebnisse protokolli­eren, einer die Einhaltung des Zeitplans überwachen. Dabei ist nichts in Stein gemeißelt. „Auch wenn Rollenzuwe­isungen stattfinde­n, kann jeder natürlich auch bei den anderen Aufgaben unterstütz­en.“

Bei der folgenden Arbeitspha­se sind zwei Dinge wichtig: Die Gruppe muss erstens den Zeitplan einhalten und zweitens möglichst effizient zusammenar­beiten. Beides scheitert schnell. Das liegt einerseits am „Studentens­yndrom“, wie Psychologe Stumpf sagt: Die Deadline wird möglichst weit nach hinten verlegt, trotzdem fangen alle erst auf den letzten Drücker an. Das könne man verhindern, indem man Meilenstei­ne festlegt – also Teilziele, die man in den Zeitplan integriert.

Der zweite Fallstrick ist die Gruppendyn­amik. „Die meisten Probleme sind Motivation­sdefizite“, sagt Stumpf. Er nennt das auch „soziales Faulenzen“. Dieses Phänomen entsteht, wenn einige Übermotivi­erte alles an sich reißen und die anderen sich gar nicht mehr gebraucht fühlen. Oder wenn manche von Beginn an wenig Lust haben, sich zu engagieren. Stumpf rät, in solchen Fällen individuel­le Teilaufgab­en festzulege­n. Dann ist leichter nachvollzi­ehbar, wer welchen Anteil erfüllt hat.

Wer sich trotzdem fragt, wozu das Ganze überhaupt gut sein soll, für den hat der Motivation­spsycholog­e und Coach Martin Krengel eine Antwort. „Doch nur dann, wenn ich das Wissen anwenden und es kommunizie­ren kann, nützt es mir.“Außerdem sei die Arbeit mit anderen ein Kreativitä­tsBooster. „Gruppenarb­eit ist bei komplexere­n Aufgaben sinnvoll, bei denen der Wissens- und Ideenausta­usch sowie kreative Elemente eine wichtige Rolle spielen“, ergänzt Dozent Wendorff. Und: „Die Kompetenze­n, die dabei erworben werden, helfen später im Beruf weiter.“

 ?? FOTO: ONE WEEK EXPERIENCE ?? Nicht nur das Studium, auch das Campus-Leben samt Mensaessen wird bei der One Week Experience getestet.
FOTO: ONE WEEK EXPERIENCE Nicht nur das Studium, auch das Campus-Leben samt Mensaessen wird bei der One Week Experience getestet.
 ?? FOTO: WESTEND61/DPA-TMN ?? Gruppenarb­eit unter Studenten gelingt am besten, wenn Aufgaben und Kompetenze­n von Anfang an klar sind.
FOTO: WESTEND61/DPA-TMN Gruppenarb­eit unter Studenten gelingt am besten, wenn Aufgaben und Kompetenze­n von Anfang an klar sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany