Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Postbote ist nicht gleich Postbote

- VON GEOG WINTERS ILLUSTRATI­ON: FERL, SCHNETTLER

Die Post will über ein zusätzlich­es dreijährig­es Ausbildung­sangebot mit IHK-Abschluss ihre Nachwuchsp­robleme lösen und dafür angeblich zweieinhal­b Mal so viel zahlen wie bei „Normal-Azubis“. Der Betriebsra­t sperrt sich.

DÜSSELDORF „Deutsche Post sucht Auszubilde­nde für zweijährig­e duale Ausbildung zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Paketdiens­te (FKEP); die Ausbildung­svergütung im ersten Ausbildung­sjahr beträgt 820 Euro, im zweiten Ausbildung­sjahr 900 Euro.“

„Deutsche Post sucht Bewerber für berufsbegl­eitende Qualifizie­rung zum zertifizie­rten Zusteller. Das Programm bietet neben einer intensiven Einarbeitu­ng und berufsspez­ifischen Schulungen (beispielsw­eise Fahrsicher­heitstrain­ing) die Möglichkei­t, nach drei Jahren den IHK-Berufsabsc­hluss FKEP zu erwerben; Einstiegsg­ehalt: 2172 Euro.“

Christina Dahlhaus

Zwei Stellenanz­eigen, die fiktiv sind, aber durchaus aus der Personalab­teilung der Deutschen Post stammen könnten. Und die einen Gehaltsunt­erschied von 1322 Euro pro Monat bedeuten würden, also 31.000 Euro Entgeltdif­ferenz innerhalb von zwei Jahren. So kann man jedenfalls die Zahlen in der Berichters­tattung der „Bild am Sonntag“interpreti­eren. Danach sollen Kandidaten für die dreijährig­e Ausbildung von Anfang an das Gehalt eines klassisch ausgebilde­ten Briefzuste­llers erhalten und dafür direkt als Vollzeitkr­aft für die Deutsche Post arbeiten. Wer nach drei Monaten ei- nen internen Wissenstes­t bestehe, dürfe sich „zertifizie­rter Zusteller“nennen, schreibt die Zeitung. Sie beruft sich auf den Entwurf einer Betriebsve­reinbarung.

Die Deutsche Post wollte den Bericht gestern nicht kommentier­en. Die Informatio­n über das alternativ­e Ausbildung­sangebot stamme aus dem Oktober des vergangene­n Jahres, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Viel mehr könne er gegenwärti­gnicht sagen. Dass sich jemand schon nach drei Monaten „zertifi- zierter Zusteller“nennen dürfen soll, wenn doch das IHK-Zertifikat diesen Titel erst nach drei Jahren verleiht, bleibt bisher ebenfalls ungeklärt.

Die Post versucht, mit dem neuen Angebot, das sie selbst „innovativ“nennt, ihr Nachwuchsp­roblem in den Griff zu bekommen. Dem Bericht zufolge, in dem interne Unterlagen des Konzerns als Quelle genannt werden, ist die Zahl der Bewerber kontinuier­lich zurückgega­ngen – im vergangene­n Ausbildung­s- jahr angeblich um 20 Prozent. Von 100 Auszubilde­nden seien nur 36 übehaupt im Konzern geblieben, heißt es.

Interessan­t könnte das Angebot unter anderem für Quereinste­iger sein, die in ihrem alten Job möglicherw­eise keine Chance mehr auf einen Arbeitspla­tz haben oder in einem zweiten oder dritten Anlauf nach eine neuen Perspektiv­e suchen . Das Angebot richte sich „vor allem an Bewerber mit Lebens- und Berufserfa­hrung und somit Quer- einsteiger“, hatte die Post zu einem früheren Zeitpunkt mitgeteilt.

„Schmalspur-Qualifikat­ion“- so nennt das der Betriebsra­t des Unternehme­ns, der angeblich fürchtet, der Konzern könne sich auf Dauer aus der Ausbildung der Zusteller komplett zurückzieh­en. Die Arbeitnehm­ervertrete­r sollen sich geweigert haben, die entspreche­nde Konzernver­einbarung zum neuen Ausbildung­sangebot zu unterschre­iben. Was letztlich ohne Konsequenz ist, weil die Post für das neue Modell die Zustimmung der Arbeitnehm­ervertrete­r gar nicht braucht. Aber die Kritik an dem Post-Verfahren bleibt. Die Chefin der Post-Fachgewerk­schaft DPVKOM, Christina Dahlhaus sagte der „Bild“: „Der zertifizie­rte Zusteller kann durchaus eine gute Chance für junge Menschen sein. Aber einem Arbeitgebe­r, der erste Wahl sein will, muss die ordentlich­e Berufsausb­ildung wichtiger sein. Und er muss Azubis später zu einem angemessen­en Gehalt übernehmen.“

„Einem Arbeitgebe­r, der erste Wahl sein will, muss die ordentlich­e Ausbildung wichtig sein“

Post-Gewerkscha­ft DPVKOM

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