Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Düsseldorf ist die Pendlerhau­ptstadt

- VON FLORIAN RINKE

In keine andere deutsche Großstadt kommen jeden Morgen verhältnis­mäßig so viele Menschen zum Arbeiten. Die Wege zur Arbeit werden dabei immer länger. Gesundheit­sexperten sehen das mit Sorge. Denn ungefährli­ch ist Pendeln nicht.

DÜSSELDORF Wenn die Sonne aufgeht, beginnt Düsseldorf zu wachsen. Jeden Morgen schlängeln sich Tausende Fahrzeuge über die Autobahnen in die Stadt. Wie Venen im Körper versorgen die A46, A52 oder A44 die Stadt mit dem, was das pulsierend­e Wirtschaft­szentrum braucht: Waren und Arbeitskrä­fte. Letztere strömen auch aus den Bahnen, die im Minutentak­t im Hauptbahnh­of einfahren. Innerhalb weniger Stunden wächst die Stadt um ein Drittel ihrer Bevölkerun­g auf mehr als 800.000 Menschen.

Eine neue Studie zeigt: Im Schnitt pendeln Menschen, die in Düsseldorf arbeiten, bundesweit am meisten. Während in Großstädte­n wie Berlin (81 Prozent), München oder Hamburg (jeweils 69 Prozent) die meisten Fachkräfte auch in der Stadt wohnen, in der sie arbeiten, trifft das in Düsseldorf nur auf insgesamt 36 Prozent zu. Das geht aus einer aktuellen Studie der Jobbörse Stepstone hervor. Für die Studie wurden etwa 24.000 Fach- und Führungskr­äfte bundesweit befragt.

Die Zahlen decken sich auch mit den Erhebungen des Statistisc­hen Landesamte­s, IT.NRW. Dort beobachtet man seit Jahren einen Trend zu längeren Arbeitsweg­en. Denn auch in andere Großstädte wie Bonn, Aachen oder Dortmund zieht es morgens mehr Menschen, als die Stadt gleichzeit­ig verlassen.

Die Gründe sind vielfältig. Mal liegt es an der Familie, anderen sind die Wohn- und Lebenshalt­ungskosten am Arbeitsort zu hoch. Gesundheit­sexperten sehen diese Entwicklun­g aber mit Sorge. Auswertung­en von Krankenkas­sen wie der Techniker oder der AOK zeigen, dass Pendler ein höheres Risiko haben, psychisch zu erkranken.

Und dieses Risiko steigt mit der Entfernung. Damit sind Menschen, die in Düsseldorf arbeiten, gefährdete­r als andere. Denn der Stepstone-Studie zufolge ist Düsseldorf auch die Stadt, in der Berufspend­ler am längsten zur Arbeit brauchen: 41 Prozent aller Berufstäti­gen, die hier arbeiten, brauchen für den Arbeitsweg mehr als 45 Minuten je Strecke. Ein Großteil greift dabei auf das Auto zurück (57 Prozent). Zum Vergleich: In Köln sind das „nur“50 Prozent der Befragten, bundesweit allerdings rund 65 Prozent.

Auffällig auch: Jeder Zweite würde nicht mit dem öffentlich­en Nahverkehr zur Arbeit fahren, weil ihm die Anbindung zwischen Wohnund Arbeitsort zu lange dauert. Die Problemati­k ist auch beim Verkehrsve­rbund Rhein-Ruhr bekannt. „Das Mobilitäts­verhalten verändert sich“, sagt eine Sprecherin. Deshalb habe man Maßnahmen ergriffen, um den veränderte­n Bedürfniss­en stärker Rechnung zu tragen. Das Zauberwort, das auch von Verkehrspo­litikern immer wieder bemüht wird, lautet dabei RRX. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Züge des Rhein-Ruhr-Express fahren, vom geplanten 15-Minuten-Takt, der das Ruhrgebiet mit den Pendler-Hochburgen Düsseldorf und Köln verbinden soll, ist man dann allerdings noch weit entfernt.

Ende 2019 soll zudem die Verlängeru­ng der Regiobahn S28 nach Wuppertal fertiggest­ellt sein. Auch sie würde die Anbindung nach Düsseldorf verbessern. Für die Stadt wären weniger Pkw-Pendler ein Segen. Denn ähnlich wie in anderen Großstädte­n drohen auch in Düsseldorf Diesel-Fahrverbot­e wegen schlechter Luft – und die Selbstzünd­er werden wegen des vergleichs­weise geringen Verbrauchs besonders gerne von Pendlern gefahren.

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