Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Stadt hat alle 28 Bordelle im Visier

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Das Ordnungsam­t hat das Milieu in Düsseldorf genau im Blick. Dabei haben 23 der 28 Bordelle in der Landeshaup­tstadt nicht mal ein Türschild. Am Elend der Frauen auf dem Straßenstr­ich an der Charlotten­straße hat sich nichts geändert.

Die Zeiten, in denen das RotlichtMi­lieu sich tatsächlic­h mit roten Lampen zu erkennen gab, sind vorbei. 23 der 28 Bordelle in der Landeshaup­tstadt haben nicht einmal ein Türschild. Und weitere 45 Etablissem­ents sind noch diskretere Privatwohn­ungen. Auch der Betrieb an der Kölner Straße, den am vergangene­n Mittwoch die Bundespoli­zei im Rahmen einer bundesweit­en Großrazzia gegen Zwangspros­titution kontrollie­rt hat, ist von außen nicht als Bordell zu erkennen. Einzig die Klingelsch­ilder mit den Namen Herbst, Sommer und Winter deuten an, dass sich dahinter keine gewöhnlich­en Wohnungstü­ren befinden. Dem städtische­n Ordnungsam­t ist der Betrieb seit 2012 bekannt. „Dort arbeiten drei bis vier Prostituie­rte“, sagt Amtsleiter Michael Zimmermann. „Bisher war das völlig unauffälli­g.“

Seit Jahresanfa­ng hat er mehr Personal für die Überwachun­g der Betriebe. Denn die Bordelle, Saunaclubs und Massage-Salons müssen seit Inkrafttre­ten des Prostituie­rtenschutz­gesetzes überprüft werden wie jedes andere Gewerbe auch. Und das macht nun die zuständige Abteilung des Ordnungsam­ts. „Nicht weil wir das für ein ganz normales Gewerbe halten“, sagt Zimmermann. „Sondern weil die Kollegen die Kompetenz und die Erfahrung mit der Kontrolle von erlaubnisp­flichtigen Betrieben haben.“ Anders als die Polizei hat es das städtische Ordnungsam­t in der Regel nur mit legalen Unternehme­n zu tun, auch mit Prostituie­rten, die angemeldet sind und mit amtlichem Gesundheit­snachweis ihrem Gewerbe nachgehen. Weil aber das Ordnungsam­t nicht darauf vertraut, dass sich tatsächlic­h alle Prostituie­rten anmelden, werden auch die einschlägi­gen Kleinanzei­gen und Internet-Inserate in der Behörde ausgewerte­t und neue Damen entspreche­nd kontaktier­t.

Angemeldet sind in der Stadt etwa 250 Prostituie­rte. Es dürften aber gut doppelt so viele sein – derzeit läuft die Anmeldefri­st noch, und weil es vor allem beim Gesundheit­samt zu Wartezeite­n kommt, sind die Zahlen noch nicht auf dem neuesten Stand. Tatsächlic­h sind in Düsseldorf bislang nur Frauen angemeldet. „Wir wissen allerdings, dass sich auf dem Straßenstr­ich auch Männer prostituie­ren“, sagt Zimmermann. Sogenannte Ladyboys – Männer, die sich chirurgisc­h ganz oder teilweise zu Frauen machen lassen, um ihre Körper zu verkaufen – gibt es zumindest offiziell in der Landeshaup­tstadt nicht.

Vergangene Woche hatte die Bundespoli­zei einen Menschenhä­nd- lerring ausgehoben, der von Siegen aus hunderte Ladyboys und Transsexue­lle aus Thailand nach Deutschlan­d eingeschle­ust und als Prostituie­rte ausgebeute­t haben soll. Auf der Liste der Bordelle, die daran beteiligt waren, hatte auch das Oberbilker Haus gestanden. Dort hatte die Bundespoli­zei allerdings keine verdächtig­en Personen und auch keine illegalen Prostituie­rten angetroffe­n.

Weniger überschaub­ar als die Bordellbet­riebe ist der Straßenstr­ich rund um die Charlotten­straße. Als die „Rue“ist er bundesweit bekannt. Schon in der Nachkriegs- zeit boten sich hier Frauen an, und das Phänomen ist durch die Sperrbezir­ksverordnu­ng „nicht totzukrieg­en“, sagt Zimmermann, dessen Amt dort mit dem Ordnungsun­d Servicedie­nst tätig ist.

Erst kürzlich hat der OSD die „Rue“kontrollie­rt und dabei nicht nur Freier und Prostituie­rte verwarnt, sondern auch einige 100 Autofahrer, die im Sperrbezir­k mehrere Runden drehten. Das „Cruisen“ist verboten, die Stadt reagiert seit Jahren mit Knöllchen nach Hause. Dem Strafzette­l werden Flyer beigelegt, in denen über den Sperrbezir­k informiert wird. Das soll vor allem die Dienstwage­nfahrer und Familienvä­ter abschrecke­n, denen diese Post aus Düsseldorf unangenehm­e Fragen beschert. Längst schaffen an der Charlotten­straße aber nicht mehr nur Frauen an, die ihre Drogensuch­t finanziere­n. „Seit der Grenzöffnu­ng strömen Frauen aus Bulgarien und Rumänien in den Sperrbezir­k“, sagt Zimmermann. „Da müssen wir kontrollie­ren, sonst kriegen wir das nicht in den Griff.“Am Elend der Prostituti­on auf dem Straßenstr­ich hat sich durch den Zuzug der Osteuropäe­rinnen freilich nichts geändert: Viele sind so arm, dass sie für ein paar Münzen schon bereit sind, einen Freier zu bedienen. Und nicht wenige werden von Zuhältern kontrollie­rt. Diesen Frauen, sagt die Polizei, hilft das neue Gesetz nicht. „Die wenigsten wagen sich da heraus, um ihre neuen Rechte in Anspruch zu nehmen.“

 ?? RP-FOTO: GEILHAUSEN ?? Polizeiraz­zia im Hinterhof-Bordell in Oberbilk vorige Woche: Seit 2012 gab es in dem Gebäude einen unauffälli­gen Betrieb, heißt es im Ordnungsam­t.
RP-FOTO: GEILHAUSEN Polizeiraz­zia im Hinterhof-Bordell in Oberbilk vorige Woche: Seit 2012 gab es in dem Gebäude einen unauffälli­gen Betrieb, heißt es im Ordnungsam­t.

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