Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Zu wenig Polizisten, aber zu viele Behörden
Mit der Flüchtlingskrise hat die Bundespolizei ab 2015 viele neue Aufgaben übernommen. Zum Beispiel muss sie bis heute massive Sonderkontingente für den Schutz der bayerisch-österreichischen Grenze stellen, wird intensiv an der Registrierung von Flüchtlingen und an der Bekämpfung politisch motivierter Kriminalität beteiligt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will mit zusätzlichem Personal reagieren. Das ist gut, denn schon jetzt kann die Bundespolizei wichtige Standard-Aufgaben wie den Schutz der Bahnhöfe kaum noch gewährleisten.
Auf einem anderen Blatt stehen die ungenutzten Einsparmöglichkeiten. Warum leistet sich eigentlich jedes Bundesland eine eigene Polizei? Und warum gibt es zusätzlich noch eine für den Bund? Eine stärkere Konsolidierung des bundesweiten Sicherheitsapparates birgt nicht nur erhebliches Sparpotenzial. Sie wäre auch ein Beitrag zu mehr Sicherheit. Seit den zahlreichen Behördenpannen im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri ist bewiesen, dass das bundesweite Wirrwarr der Zuständigkeiten den Fluss wichtiger Informationen behindert. Wenn nicht gar verhindert. Eine Strukturreform des bundesweiten Polizeiapparates ist überfällig. BERICHT NRW WILL MEHR BUNDESPOLIZISTEN, TITELSEITE
Sieg der Rebellen
Der neue SPD-Fraktionschef und damit zugleich Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag heißt Thomas Kutschaty. In der geheimen Abstimmung der Fraktion hat sich der frühere NRW-Justizminister gegen den Favoriten Marc Herter durchgesetzt.
Das ist nichts weniger als eine Sensation. Es zeigt, wie groß der Unmut in der Partei inzwischen darüber ist, dass mächtige Männer wie der 71-jährige Fraktionschef Norbert Römer und der 61-jährige Parteivorsitzende Michael Groschek über lange Jahre die Geschicke der Partei bestimmten und nicht bereit sind, aus Wahlniederlagen Konsequenzen zu ziehen. Die Fraktion hat nicht nur gegen einen Kandidaten rebelliert, sondern gegen ein ganzes System.
Gut, dass die Genossen endlich aufbegehren. Es ist hohe Zeit, eine schlagkräftige Opposition tut not im Düsseldorfer Landtag. Die Abgeordneten haben aber mit ihrer Wahl auch signalisiert, dass sie eine grundlegende Erneuerung wollen. Ob Kutschaty als ehemaliges Mitglied der Landesregierung auch diese Erwartung erfüllen kann, muss er erst beweisen. BERICHT KUTSCHATY NEUER SPD-FRAKTIONSCHEF, TITELSEITE
Würdiges Gedenken
Der Brandanschlag von Solingen gehört zu den schlimmsten rassistischen Verbrechen der bundesrepublikanischen Geschichte. Fünf türkischstämmige Menschen starben durch das Feuer, das Rechtsradikale gelegt hatten. Vor diesem Hintergrund kann man es dem türkischen Außenminister nicht verwehren, an der 25-Jahr-Gedenkveranstaltung das Wort zu ergreifen – auch wenn in der Türkei Wahlkampf herrscht.
Es wäre naiv anzunehmen, dass Çavusoglu allein das Gedenken in den Mittelpunkt stellt. Wahrscheinlich wird er die Gedenkfeier ausnutzen, um ErdoganAnhänger für die vorgezogenen Wahlen in der Türkei zu mobilisieren und damit den autoritären Kurs dort zu festigen. Um ein würdiges Gedenken zu ermöglichen, sollten wir uns dennoch schrille Debatten wie im Jahr 2017 rund um das türkische Referendum ersparen. Vielmehr muss es Anliegen von Politik und Zivilgesellschaft sein, den Opfern und Hinterbliebenen Respekt und Anteilnahme zu zeigen – mit vielen prominenten Stimmen. Man sollte Çavusoglu nicht allein die Bühne überlassen. BERICHT SOLINGEN: TÜRKISCHE GEMEINDE FORDERT . . ., TITELSEITE