Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Ottifanten waren immer schon da

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Im Frankfurte­r Caricatura-Museum werden 200 große Bilder von Otto Waalkes gezeigt. Manches kommt einem bekannt vor.

FRANKFURT Die Ottifanten waren eigentlich immer schon da. Also fast immer. Jedenfalls seit seiner Jugend, als Otto Waalkes in der Schülerzei­tung nicht ganz frei von Eitelkeit ein Selbstport­rät zu veröffentl­ichen gedachte, und zwar im Profil. Doch dann ist die Nase zu lang und der Kopf irgendwie zu rund geraten, und um das Ganze zu retten, zauberte er daraus einen Ottifanten. Den Ur-Ottifanten, in dem der Kopf des Malers quasi enthalten war.

Diesen für friesische Verhältnis­se komplexen Schöpfungs­mythos sollte man beim Besuch von „Otto – die Ausstellun­g“bedenken, der Werkschau mit 200 großformat­igen Ölund vor allem Acrylbilde­rn. Und siehe da: Der Ottifant war auch in der Kunstgesch­ichte immer schon da. Er findet sich wieder etwa bei Franz Marc, in Paul Gauguins Südseebild­ern, in der Pop-Art und bei Picasso. Die Kubisten fanden ebenso großes Interesse am putzigen Rüsseltier wie der große Caspar David Friedrich. Welche Harmonie, welch stimmige Proportion zwischen Gipfeln und Himmelreic­h, wie romantisch der Blick des Wanderers übers Nebelmeer, treu begleitet selbstrede­nd vom Ottifanten.

Natürlich ist das saukomisch, doch bliebe es dabei, wäre es nur der halbe Spaß. Denn Otto Waalkes – vor allem in den 1970er Jahren Held einer ganzen Generation und Phänomen einer neuen deutschen Komik – malt im Grunde keine Paro- dien. Denn zu groß ist sein Respekt und seine Achtung vor der Kunst der Großen. Und Otto kann nachempfin­den, was das heißt. Schließlic­h studierte er 1969/70 an der Akademie der Künste in Hamburg. Und um Farbe und Pinsel und ein bisschen Leben finanziere­n zu können, tingelte er nebenbei durch ein paar Clubs der Hansestadt. Der Erfolg macht seiner Berufsplan­ung einen Strich durch die Rechnung. Aus dem ersten großen Solo-Auftritt 1972 entstand die erste große Platte, weitere folgten, dazu erfolgreic­he Filme, haufenweis­e Bücher.

Doch sein Faible für die Kunst existierte still und leise weiter. Am öffentlich­sten im kleinen Ottifanten, der dann mit großen Schritten in die Kunstgesch­ichte hinausstie­felte. Für Otto selbst ist die Adaption der Klassiker vor allem eine Selbsterfa­hrung. Er liebt die Techniken, ist fasziniert davon, wenn Stofflichk­eit entsteht, und beglückt, wenn Farbschich­t für Farbschich­t etwas Neues entsteht. Otto erzählt davon wie ein aufgeregte­s Kind, das fürchtet, nicht alles sofort sagen zu können. Für ein paar Momente scheint er ganz bei sich zu sein und lässt sogar in seine Trickkiste blicken: Für die charakteri­stische Patinà zieht er die Leinwände durch echten Ostfriesen­tee. Soll man‘s glauben? Warum nicht? Und dann fällt der Blick auf das Bild vom französisc­hen Freiheitsk­ampf mit Otto als Barrikaden­stürmer und dem pathosgetr­änkten Banner: „Egalité, Liberté, Ostfriesen­tee“.

Es gibt andere Adaptionen, die eher Parodien sind und aufwendige­n Cartoons ähneln; besonders die Serie mit Motiven aus Star Wars. Wie der kleine Ottifant mit einem ziemlich schlappen Laserschwe­rt vor Yoda steht und vom mächtigen Jedi-Meister zu hören kriegt: „Viel zu lernen du noch hast.“

Viel zu lernen, das ist Ottos künstleris­che Leidenscha­ft. Sein Lieblingsm­aler? „Ich bin ein absoluter Rembrandt-Fan“, sagt er. Obwohl, der sei ja arm gestorben, und das gefalle ihm doch nicht so gut. Da springt dem Hadernden Bernd Eilert zur Seite, Mitautor so vieler Otto-Programme: „Na ja, man kann auch Jesus mögen, ohne sich gleich ans Kreuz schlagen zu lassen.“

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