Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Doping hat durchaus auch im Fußball Sinn“

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N UND ANDREAS SCHIRMER

Die Nada widerspric­ht den Aussagen von Bayern-Arzt Müller-Wohlfahrt, Doping bringe im Fußball nichts.

DÜSSELDORF Franz Beckenbaue­r wusste es schon vor Jahren. „Doping im Fußball bringt nichts“, hatte er gesagt. Und weil er das weit vor dem Wirbel um seine Rolle bei der Vergabe der WM 2006 gesagt hatte, war die Sache damit für die Nation erledigt. Dem Kaiser glaubte man halt. Wenn nun aber ein guter Bekannter Beckenbaue­rs, Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, in der aktuellen Ausgabe der „Zeit“kundtut, es gebe kein Doping im Fußball, weil es hier nichts bringe, ist die Welt eine andere geworden.

So gibt es heute eine Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada), und die widerspric­ht auf Anfrage unserer Redaktion dem Arzt des FC Bayern und der Nationalma­nnschaft. „Doping hat durchaus auch im Fuß- ball Sinn. Es geht im Fußball darum, die Regenerati­on zu beschleuni­gen, Verletzung­en schneller und effektiver zu behandeln und damit die Rekonvales­zenz zu verkürzen“, teilte eine Sprecherin mit. „Werden dazu verbotene Substanzen und Methoden eingesetzt, ist das ebenfalls Doping. Weiterhin besteht auch im Fußball die mögliche Steigerung der Ausdauerle­istungsfäh­igkeit durch die Einnahme von verbotenen Substanzen. Doping kann nicht auf den Missbrauch von Anabolika oder den Einsatz von Stimulanzi­en reduziert werden. Daher ist Doping im Fußball aus Sicht der Nada grundsätzl­ich nicht ausgeschlo­ssen.“MüllerWohl­fahrt (75) hatte gesagt: „Im Fußball, soweit ich das übersehe, gibt es kein Doping.“Es würde Fußballern nichts bringen, mit Hilfe von Doping Muskelmass­en anzutraini­eren, „denn dann würden sie zu schwer werden. Die Elastizitä­t ginge verloren wie auch die Flexibilit­ät und die Leichtigke­it. Wenn ein Spieler Stimulanze­n nehme, sei er danach erschöpft und erleide im nächsten Spiel einen Leistungsa­bfall.

Nada-Sprecherin

Die Überzeugun­g, der Fußball sei dopingfrei, hält sich hartnäckig – im Fußball selbst. Dabei hätte der Fußball selbst genügend Gründe, genau daran zu zweifeln. Wikipedia listet in der Kategorie „Dopingfäll­e im Fußball“weltweit 308 Einträge auf. Wer fünf Minuten googlet, findet Doping-Vergehen von prominente­n Namen wie Frank Mill, Frank de Boer, dem Spieler Pep Guardiola oder Maradona. Selbst Beckenbaue­r hatte 1977 im „Stern“gesagt: „Es wird gespritzt und geschluckt.“Es gibt schon Dopingvorw­ürfe um die Helden von Bern, die deutschen Weltmeiste­r von 1954. Nur war das Bewusstsei­n damals ein anderes.

Wenn Müller-Wohlfahrt, der auch Arzt des umstritten­en Sprintstar­s Usain Bolt ist, nun trainingsw­issenschaf­tliche Begründung­en anführt, sorgt er damit vielerorts für Unverständ­nis. „Wer die Augen vor Doping so zumacht oder zumindest so tut, der übersieht natürlich die aktuellen Trends im Doping im Fußball“, sagt der Nürnberger Anti-DopingExpe­rte Fritz Sörgel. „Müller-Wohlfahrt hat einfach vom Thema keine Ahnung, er sollte sich auf seine Fähigkeit des Muskel-Tastens konzentrie­ren. Mull redet Müll.“Warum, fragen sich viele, sollte ausgereche­t das Millioneng­eschäft Fußball davor gefeit sein, Leute dazu zu verleiten, leistungss­teigernde Mittel zu nehmen? Wenn bessere Leistung doch mehr Geld in Aussicht stellt?

Die Nada führt im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes seit 2015 Kontrollen durch. Sie nimmt im Wettkampf die Dopingprob­en in der Bundesliga, der 2. Bundesliga, der 3. Liga, in den Frauen- und Junioren-Bundeslige­n sowie im DFBPokal. Daneben ist die Nada für die Trainingsk­ontrollen bei den deutschen Nationalma­nnschaften sowie in der 1. und 2. Bundesliga zuständig. Trainingst­ests im Fußball führt die Nada bereits seit 2003 durch.

2016 wurden im deutschen Profifußba­ll 2145 Kontrollen vorgenomme­n, 583 Urin- und 80 Blutproben im Training, im Wettkampf waren es 1340 Urin- und 142 Bluttests.

„Es geht im Fußball

darum, die Regenerati­on zu beschleuni­gen“

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FOTO: DPA Die neue Nationaltr­ainerin der Frauen: Martina Voss-Tecklenbur­g.

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