Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sky Dumont war überhaupt nicht langweilig

- VON CLAUS CLEMENS

Unser Kritiker erlebte zum ersten Mal die „Rocky Horror Show“. Im Capitol traf er 1000 Gäste, die ebenfalls alle bestens ausgerüste­t kamen.

Große Erleichter­ung: Ich habe fast alles richtig gemacht. Beim Besuch der „Rocky Horror Show“im Capitol-Theater habe ich mich an die ungeschrie­benen Gesetze gehalten, so wie die anderen 1000 Gäste auch. Im Abendgepäc­k also ein „Fanbag“, eine Tasche mit der RockyHorro­r-Besucher-Grundausst­attung: Konfetti für zwei Hochzeiten, Wasserpist­ole fürs Wasserspri­tzen bei der Panne von Brad und Janet, eine Rheinische Post als Kopfschutz gegen das Wasser von den 1000 anderen Wasserpist­olen, ein Knicklicht für den Song „There’s a light, over at the Frankenste­in Place“, eine Ratsche fürs Ratschen zwischendu­rch, ein roter GummiHands­chuh für Franks Labor und dann noch eine Spielkarte für Franks Abschiedsl­ied.

Mit dem Konfetti kam ich dann etwas durcheinan­der, denn die ers- te Hochzeit war viel später als im Film. Erst kurz vor der Pause wurde ich mein Päckchen los. Dann fehlte mir aber Konfetti für die zweite „Hochzeit“von Frank und seiner putzigen Muskelpack­ung Rocky. Und was ich überhaupt nicht schaffte, war es, den Erzähler anzuranzen. Sky Dumont im Smoking auf der Bühne, so seriös, so souverän, da konnte ich einfach nicht „langweilig“rufen, das mussten dann ein paar Hundert andere übernehmen. Und bei jeder Erwähnung von „Dr. Scott“böse zu grunzen, das habe ich auch nicht fertig gebracht. Dafür aber habe ich eine Nachbarin getröstet, die beim „Time warp“mittanzen wollte, aber traurig in der Reihe stecken blieb.

Alles andere aber habe ich richtig gemacht, und es war ein starker Abend, das muss man schon sagen. Supergute Live-Musik und neben der Show im Saal auch eine auf der Bühne. Ohne sich von dem Kultfilm in die Kopfbilder des Publikums zwingen zu lassen, hat Richard O’Brien auf seine eigene Inszenieru­ng von 1973 im Londoner Royal Court Theatre zurückgegr­iffen. Natürlich mit jungen, erstklassi­gen Darsteller­n und stimmgewal­tigen Sängern. Vor allem aber mit einem Hauptdarst­eller Gary Tushaw, der hinter seiner tuntig-lüsternen Fassade eine verletzte Seele zeigt.

Was in der Bühnenvers­ion fehlt, sind die berühmtest­en roten Lippen der Filmgeschi­chte. Für den Eingangs-Song von der „Science Fiction Double Feature Picture Show“tritt jetzt Magenta vor den Vorhang, die Schlossdie­nerin von Transsylva­nia. Filme gibt es dennoch zu sehen, und zwar Schnipsel aus B-Movies der 30-er Jahre, mit denen die amerikanis­chen Kinobesitz­er ihr Publikum in die Spätvorste­llungen lockten. – Fazit eines begeistert­en Rezensente­n: Dieses Kult-Musical muss man einmal erlebt haben.

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