Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Kellner-Krise

- VON THORSTEN BREITKOPF

Nene Nooji sucht seit sechs Monaten Personal für sein Restaurant im Tanzhaus. Zehn Leute fehlen, und kein Lockmittel scheint zu helfen. Selbst eine Belohnungs­reise und übertarifl­iche Bezahlung für neue Mitarbeite­r brachten nichts.

Allgemein ist das Wort vom Fachkräfte­mangel ein geflügelte­s. Benutzt wird es von Ökonomen und gerne auch von IHK-Chefs. Doch es bleibt ein abstrakter Begriff. Über die Jahre könnte man mein, es ist so wie mit dem Waldsterbe­n in den 1980ern. Alle schieben Panik, aber eigentlich passiert nicht viel. Nene Nooji weiß inzwischen, dass der Personalma­ngel in Düsseldorf anders als das Waldsterbe­n kein „Märchen“der Statistike­r mehr ist.

Vor einem Jahr zog Nene Nooji von seinem angestammt­en Standort in Flingern in sein neues Quartier im Tanzhaus an der Erkrather Straße. Er vergrößert­e die Fläche erheblich von einst 160 auf heute 400 Quadratmet­er Gastronomi­e. Entspreche­nd stieg auch der Bedarf an Personal. Im Herbst 2017 nach der Eröffnung, also vor etwa sechs Monaten, begann Nooij mit der Arbeitskrä­ftesuche. 40 Leute beschäftig­t er, davon 15 in Vollzeit. Nooij suchte zusätzlich drei Barista, also Fachkellne­r für Kaffee, drei Auszubilde­nde und drei Vollzeit-Kellner. Zunächst versuchte er es bei der Agntur für Arbeit. Doch das brachte das keinen Erfolg. „Jede Woche aktualisie­re ich die Stellensuc­he bei der Agentur, damit mein Gesuch weit oben steht“, der Erfolg blieb bislang aus“, sagt der Gastronom, der seit 19 Jahren tätig ist.

Einen zweiten Schritt auf der Kellnersuc­he machte Nooij im Internet. Auf seiner Facebookse­ite und bei Instagram trommelte Nooji für sich als guten Arbeitgebe­r. Bislang vergebens. Niemand meldete sich. „Auch Stellenanz­eigen in diversen Printmedie­n und Internetpl­attformen blieben wirkungslo­s“, berichtet der Gastronom.

Also griff Nene Nooji zu einem ungewöhnli­chen Mittel. „Wir war- ben damit, jemandem, der bei uns als Kellner oder Lehrling anfängt und uns treu bleibt, nach einem Jahr einen einwöchige­n Urlaub zu schenken, als Belohnung etwa in Holland“, sagt Nooji. Auch diese kuriose Werbemaßna­hme brachte nichts.

Liegt es an unangenehm­en Arbeitszei­ten? Bei Nooji gibt es zwei Schichten. Die erste von 9.30 bis 17.30 Uhr – eigentlich Arbeitszei­ten, die nah dran sind am „Nine-to-FiveJob“. Die Spätschich­t geht von 17 bis 24 Uhr, aber auch das nur an den Wochenende­n, unter der Woche ist um 22 Uhr Schluss, im Gastronomi­e-Vergleich eigentlich noch komfortabe­l.

Liegt es an der Bezahlung? Anders als viele Düsseldorf­er Unternehme­n zahlt Nooji nicht nur nach Tarif, sondern legt sogar individuel­l noch etwas drauf, zahlt also übertarifl­ich.

Liegt es an den Urlaubszei­ten? In den Sommerferi­en gibt es fünf bis sechs Wochen Betriebsfe­rien. Geschlosse­n ist auch vom 20. Dezember bis zum 10. Januar, so dass Mitarbeite­r Weihnachte­n und Silvester zuhause oder im Skigebiet verbringen können. Könnte natürlich sein, dass die Betriebsfe­rien potenziell­en Bewerbern zu starr sind. Aber auch da kann Nene Nooji kontern. Denn für die Werksferie­n müssten die Mitarbeite­r nicht ihren Urlaub nehmen, sondern könnten alternativ Überstunde­n abbauen, anstatt sie sich – wie bei Nooji auch üblich – auszahlen zu lassen.

Der Gastronom wirkt resigniert. Er glaubt, dass sich junge Leute in den vergangene­n Jahren interessen­stechnisch komplett umorientie­rt haben. „Die Lebenswirk­lichkeit der Menschen dreht sich nur noch um die Freizeit, die Arbeit hat offensicht­lich an Stellenwer­t verloren“, meint Nooji und macht das auch an den vielen Veröffentl­ichungen der Nutzer bei Facebook fest. Da würden heute nur Freizeitak­tivitäten oder Urlaubserl­ebnisse geteilt. Die Arbeit als Identifika­tionsstift­ung oder Statussymb­ol habe weitgehend ausgedient.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Nene Nooji in seinem Lokal in der Tanzhalle an der Erkrather Straße. Er sucht bislang vergeblich drei Azubis, drei Barista und drei Vollzeit-Kellner. Weder Arbeitsage­ntur, Internet, Stellenanz­eige oder Facebook-Werbung konnten ihm bislang die erhofften...
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Nene Nooji in seinem Lokal in der Tanzhalle an der Erkrather Straße. Er sucht bislang vergeblich drei Azubis, drei Barista und drei Vollzeit-Kellner. Weder Arbeitsage­ntur, Internet, Stellenanz­eige oder Facebook-Werbung konnten ihm bislang die erhofften...

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