Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Datenklau ist kein Kavaliersd­elikt

- VON ANTJE HÖNING VON LOTHAR SCHRÖDER BISCHÖFE KRITISIERE­N SÖDERS KREUZZUG, SEITE B 6 VON MATTHIAS BEERMANN CHAOSTAGE IN LONDON . . ., SEITE A 6

Es gibt gute Gründe, sich kritisch mit Gesundheit­swesen und Klinikfina­nzen auseinande­rzusetzen. Dass die Deutschen Weltmeiste­r bei Hüft- und Knie-Operatione­n sind, hat zum Beispiel nichts mit ihrem Knochenbau zu tun, sondern mit finanziell­en Fehlanreiz­en. Diese führen dazu, dass Wald-und-Wiesen-Kliniken auch Operatione­n anbieten, bei denen sie keine Erfahrung haben. Doch all das rechtferti­gt nicht, die Debatte mit kriminelle­n Mitteln zu führen, wie es nun womöglich ein selbst ernannter Robin Hood in den Reihen des Klinikverb­ands im Zusammensp­iel mit einer Internet-Plattform getan hat. Datenklau ist kein Kavaliersd­elikt, auch wenn wirklich „nur“anonymisie­rte Daten weitergege­ben werden. Daher ist es gut, dass die Häuser rasch und massiv gegen den Datenklau vorgehen.

Für die Branche kommt die Datenpanne zur Unzeit. Die Krankenkas­sen wollen seit Langem eine echte elektronis­che Gesundheit­skarte und die digitale Patientena­kte einführen. Beides sind vernünftig­e Projekte, die die Versorgung der Patienten verbessern und die Gesundheit­sbürokrati­e straffen können. Doch jede Datenpanne bedeutet neues Wasser auf die Mühlen übereifrig­er Datenschüt­zer. Ärgerlich. BERICHT PATIENTEND­ATEN AUS KLINIKEN GESTOHLEN, TITELSEITE

Aus dem Streit um die Kreuzpflic­ht in bayerische­n Amtsstuben ist bisher kein aufgeregte­r Kreuzzug um die Präsenz eines dominanten Glaubens geworden. Gottlob! Weil die Absicht von Ministerpr­äsident Markus Söder, mit einem scheinbare­n Glaubensbe­kenntnis im Wahlkampf punkten zu können, einfach zu billig ist. Im Grunde aber müssten wir tieftrauri­g darüber sein, wie jenes christlich­e Symbol, das uns Tod, Folter und Erlösung vor Augen führt, zum Accessoire politische­r Machtinter­essen verkommen konnte – und eine Art Wahlkampfl­ogo werden sollte. Wer eine Pflicht zum Kreuz propagiert und dann glaubt, es nur als Zeichen für die Grundwerte unserer Gesellscha­ft deklariere­n zu können, hat vom Christentu­m wenig begriffen. Wie beschädigt der Glauben in unserer Gesellscha­ft tatsächlic­h ist, zeigen nicht nur Priesterma­ngel und Kirchenaus­tritte. Sondern das fahrlässig­e Verhalten von Politikern wie Söder, die sich nicht dem Christentu­m stellen und das eigene Handeln daraufhin befragen, sondern die es zu ihren eigenen Zwecken schlichtwe­g missbrauch­en. BERICHT

VGlaubens-Missbrauch

Regierung der Rücktritte

ier Minister-Rücktritte in nicht einmal einem Jahr – selten wirkte eine britische Regierung so labil wie das Kabinett von Theresa May. Seit der in den Sand gesetzten Neuwahl im Sommer, bei der die Konservati­ven ohne Not ihre parlamenta­rische Mehrheit verspielte­n, wirkt Mays Truppe komplett desorienti­ert. Und auch die glücklose Chefin selbst wäre wohl schon längst vom Hof gejagt worden, könnten sich die verfeindet­en Brexit-Lager bei den Torys nur auf einen Nachfolger einigen.

May ist eine Premiermin­isterin auf Abruf, und das ausgerechn­et in einer Phase, wo für Großbritan­nien – und die EU – so viel auf dem Spiel steht. Bis zum Jahresende muss eine grundsätzl­iche Einigung stehen, wie der Austritt erfolgen soll. Doch die bröckelnde Regierung in London bleibt über diese Frage zutiefst gespalten. Deswegen sollte jetzt das Parlament die Initiative übernehmen. Dort zeichnet sich eine parteiüber­greifende Mehrheit für ein Modell ab, das die Briten wenigstens in der Zollunion halten würde. Das wäre eine pragmatisc­he Lösung. Bis vor Kurzem hätte man wohl gesagt: eine sehr britische. BERICHT

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