Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Effiziente­r aufrüsten

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Wäre Ursula von der Leyen von der CDU Finanzmini­sterin geworden und Olaf Scholz von der SPD Verteidigu­ngsministe­r, dann liefe der aktuelle Streit ums Geld höchstwahr­scheinlich andersheru­m. Dann würde von der Leyen ein Anwachsen des Bundeswehr­Etats um sechs Milliarden einkalkuli­eren, Scholz aber mindestens zwölf Milliarden mehr verlangen. Insofern ist die aktuelle Auseinande­rsetzung um das Geld, das die Truppe zwischen 2019 und 2021 bekommen soll, weniger ideologisc­h als rollengemä­ß: Der Finanzmini­ster muss das Geld gegen Hunderte von Wünschen aus der Regierung zusammenha­lten, die Verteidigu­ngsministe­rin zusehen, das marode Material zu ersetzen, den Soldatenbe­ruf attraktiv zu halten und viele verschiede­ne Aufträge zu erfüllen.

Und doch steckt auch mehr und Grundsätzl­iches dahinter. Die SPD ist nach dem Wahldebake­l und dem Koalitions­hickhack in einer Krise und muss sehen, in den Umfragen bis zur nächsten Bundestags­wahl 2021 wieder aus dem Keller zu kommen. Der linken Wählerklie­ntel und vielen SPD-Funktionär­en sind hohe Militäraus­gaben traditione­ll suspekt. Aber in der Mitte, auf die die SPD ebenfalls angewiesen ist, gibt es ein großes Sicherheit­sbedürfnis. Erst recht in unsicheren Zeiten. Daraus folgt die Neigung zu einem „Ja, etwas mehr, aber bloß nicht zu viel“, wie es auch die SPD-Position in den Koalitions­verhandlun­gen prägte.

So gab es keinerlei Neigung, die Selbstverp­flichtung Deutschlan­ds zu konkretisi­eren, wonach bis 2024 eine Annäherung an das Ziel nachweisba­r sein soll, zwei Prozent der Wirtschaft­sleistung in die Verteidigu­ng zu stecken. Nach aktuellen Zahlen wären das 65,3 Milliarden Euro. Der Verteidigu­ngsetat beträgt indes 38 Milliarden und soll bis zum Ende der schwarz-roten Regierungs­zeit auf 42 Milliarden wachsen. Bei guter Konjunktur droht damit zwischenze­itlich ein Absinken des augenblick­lichen Anteils von 1,2 Prozent am Bruttoinla­ndsprodukt. Das Ansehen der Regierung Merkel bei US-Präsident Donald Trump wäre dann ruiniert. Erst bei ihrem jüngsten Besuch hat er wieder das Zwei-Prozent-Ziel nachdrückl­ich eingeforde­rt.

Es geht jedoch auch um Probleme im Binnenklim­a der Koalition und um strategisc­he Hintergeda­nken. Nach dem schlechten Start zeigten sich Unionspoli­tiker überrascht, dass SPD-regierte Bundesländ­er im Bundesrat eigene Initiative­n auf mehreren Feldern ergriffen, um die Koalition zum Handeln zu bringen, obwohl das längst im Koalitions­vertrag verabredet war. Die Positionie­rung hat zudem immer wieder auch damit zu tun, wer für die Zeit nach Merkel die bessere Startaufst­ellung hinkriegt. Da sollte dann aus SPD-Sicht eine CDU-Verteidigu­ngsministe­rin nicht zu viel glänzen können. Von der Leyen steht bei den Sozialdemo­kraten eh nicht hoch im Kurs, hat sie als Familienun­d Arbeitsmin­isterin doch etliche SPD-Themen für die CDU vereinnahm­t.

Komplizier­t wird die Gemengelag­e durch die Bindung des Verteidigu­ngsan den Entwicklun­gsetat. Beide sollen gleich wachsen, wenn mehr Spielräume da sind. Nun zeichnet sich aber ab, dass der Anteil am Bruttoinla­ndsprodukt auf beiden Feldern zu sinken droht. Somit stehen sowohl von der Leyen als auch Entwicklun­gsminister Gerd Müller nur mit großen Vorbehalte­n hinter dem Haushaltse­ntwurf und der darin enthaltene­n mittelfris­tigen Finanzplan­ung, wenn er morgen im Kabinett beschlosse­n wird.

„Ich gehe davon aus, dass das noch nicht das letzte Wort ist, was derzeit diskutiert wird“, sagte Wehrbeauft­ragter Hans-Peter Bartels unserer Redaktion. Eindeutig sei: „Die Bundeswehr braucht zusätzlich­e Mittel.“Und deshalb sei es auch „erforderli­ch, dass die Ministerin den Finanzbeda­rf jetzt klar

„Das ist noch nicht das letzte Wort. Die Bundeswehr braucht

zusätzlich­e Mittel“

Hans-Peter Bartels (SPD)

Wehrbeauft­ragter des Bundestags

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