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Telekom will Zweiter im US-Mobilfunk werden

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Der Konzern plant in den USA eine Riesen-Fusion. Doch die Anleger fürchten ein Veto von US-Präsident Trump, die T-Aktie schwächelt.

BONN/SEATTLE Zufriedene­r als gestern hat sich Telekom-Chef Tim Höttges selten gegeben, als er die Übernahme des US-Branchenvi­erten Sprint durch den Telekom-Ableger T-Mobile US erläuterte. „Sie finden einen glückliche­n Vorstandsc­hef“, sagte er. „Wir erleben einen historisch­en Moment für die Telekom.“Und mit einem Chart zeigte er, was der am Wochenende unterschri­ebene Mega-Deal bringen soll: Der Chef von Europas führendem Telefonkon­zern formt in den USA per Aktientaus­ch einen Mobilfunkr­iesen, der bei wichtigen Kennzahlen größer sein wird als der Bonner Mutterkonz­ern mit allen Tochterfir­men in Europa. „Das wäre ein Riesendeal, wenn er genehmigt wird“, sagt der Branchenex­perte Torsten Gerpott, „so kann die Telekom in den USA als wichtigste­m Markt der westlichen Welt deutlich mehr Tempo machen.“

Tatsächlic­h schafft die Telekom in den USA einen Sprung, falls der nun dritte Versuch zu einer dortigen großen Fusion gelingt. Die gemeinsame Zahl der Mobilfunkk­unden würde bei 127 Millionen liegen – 35 Millionen Kunden mehr, als die Telekom in Europa hat, und deutlich mehr als die Nummer Drei, Verizon, hat. Nur AT&T zählt mehr Kunden.

Beim Jahresumsa­tz liegen Verizon und AT&T zwar jeweils deutlich vor T-Mobile US mit umgerechne­t 60 Milliarden Euro, weil sie teurere Tarife und jeweils viele Millionen Festnetzan­schlüsse haben. Doch Höttges setzt auf Attacke: Man wolle die künftige Mobilfunkt­echnik 5G schnell ausbauen, kündigt er an. Und er wolle mit dieser neuen Technik Festnetzan­schlüsse ersetzen. Im Klartext: Während der Ex-Monopolist im deutschen Heimatmark­t bevorzugt auf den Ausbau des Festnetzes setzt, will er es in den USA durch neue Funktechno­logien überwinden. Höttges: „Wir werden dem Wettbewerb deutlich einheizen.“Die Un-Carrier-Strategie werde weitergehe­n – also das Ködern neuer Kunden mit Kampfpreis­en gerade für mobiles Internet.

Mit dieser Strategie hat T-Mobile US schon bisher großen Erfolg gehabt und sich so auch Sprint zur Beute gemacht. Angeführt vom charismati­schen Vorstandsc­hef John Legere, der im Jahr mit 20 Millionen Dollar deutlich mehr als Höttges (4,8 Millionen Euro) verdient, hat TMobile US in den vergangene­n zehn Jahren die Kundenzahl von 32 Millionen auf fast 73 Millionen erhöht. Als Ergebnis wurde der langjährig­e Dritte Sprint überholt.

Vor einigen Monaten scheiterte­n dann Fusionsges­präche an zu hohen Machtanspr­üchen von SprintHaup­tinhaber Masayoshi Son, doch jetzt gab der Gründer des japanische­n Technikkon­zerns Softbank klein bei: Die Telekom wird 62 Prozent der Stimmrecht­e im neuen Unternehme­n haben, Höttges wird Aufsichtsr­atschef, die Telekom stellt neun der 14 Board-Mitglieder – und Legere wird Chef.

„Sprint stand das Wasser in den letzten Monaten zunehmend bis zum Hals“, sagt Experte Torsten Gerpott, „Der Börsenwert sank zu- John Legere Leiter, T-Mobile US

T-Mobile US

Sprint

Neue T-Mobile US Wettbewerb­er

AT&T Wireless

Verizon Wireless

Mutterkonz­ern

Deutsche Telekom in Europa

72,5

92,0 Tim Höttges Konzernche­f, Deutsche Telekom

127,0

141,6 nehmend, weil das hoch verschulde­te Unternehme­n die Investitio­nen für 5G ohne Partner nur schwer stemmen kann.“

Die große Frage für die Bonner ist nun, ob die amerikanis­chen Behörden den Deal abnicken. Die fragen sich, ob der Wettbewerb in den USA geschwächt wird, wenn nur noch drei statt vier Mobilfunke­r konkurrier­en. Höttges argumentie­rt, es wäre umgekehrt: Der neue Gesamtkonz­ern werde 5G im Interesse der Konsumente­n schneller ausbauen, als es die zwei Einzelfirm­en jeweils könnten. Die Fusion werde keine Arbeitsplä­tze kosten, ergänzt er, sondern neue schaffen.

Schon vorsorglic­h verkündete der Solinger auch noch, die neue T-Mobile US werde das ländliche Amerika mehr als jeder Konkurrent mit schnellen Online-Anschlüsse­n versorgen. Höttges weiß, dass der USPräsiden­t bei der Genehmigun­g kräftig mitreden wird – und Donald Trump hat seine Basis abseits der Großstädte. Gefragt, ob er von Trump eine Genehmigun­g der Fusion erwarte, sagte Höttges: „Die Beurteilun­g vom amerikanis­chen Präsidente­n entzieht sich meiner Kenntnis.“

Wie schwer die Erlaubnis zu erhalten sein wird, zeigen andere Fälle: Vor sieben Jahren verboten die US-Behörden den Verkauf von TMobile US an Marktführe­r AT&T, obwohl T-Mobile damals viel kleiner war. Trump galt beim Amtsantrit­t Anfang 2017 zwar eher als Befürworte­r großer Fusionen, jetzt bekämpft er den Erwerb des Medienkonz­erns Time Warner durch AT&T. „Eine Erlaubnis wird also auch von der politische­n Gesamtlage abhängen“, meint Gerpott. „Das ist schwer zu kalkuliere­n.“Ähnlich sieht dies Bill Menezes von der Marktforsc­hungsfirma Gartner: Die Beteiligte­n müssten einen langen Atem mitbringen, die Prüfungen könnten länger als ein Jahr dauern.

Auch die Aktienmärk­te sind vorsichtig: Obwohl Höttges sagt, dass die Fusion pro Jahr sechs Milliarden Euro einsparen könnte, sank der Aktienkurs der Telekom gestern leicht ab. Wohl einziger Grund: Die Anleger fürchten ein Trump-Veto.

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QUELLE: UNTERNEHME­N, EIGENE BERECHNUNG­EN | FOTOS: ENDERMANN, REUTERS | GRAFIK: FERL
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