Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wie Sport und Politik um 225.000 Euro zanken

- VON STEFAN KLÜTTERMAN­N

So viel stellt das Innenminis­terium für eine Athletenve­rtretung bereit. Die unabhängig­en „Athleten Deutschlan­d“sehen das Geld bei sich, der DOSB bei sich. Der Streit sagt viel aus über das vielschich­tige Verhältnis von Politik und Dachverban­d.

DÜSSELDORF 341 Milliarden Euro will der Bund laut Haushaltse­ntwurf 2018 ausgeben. 225.000 Euro davon sind für eine Vertretung der Athleten im Leistungss­port vorgesehen. Und um diese 0,000066 Prozent vom Gesamtetat ist ein Streit entbrannt. Der 2017 gegründete unabhängig­e Verein „Athleten Deutschlan­d“mit Kanutin Silke Kassner und Säbelfecht­er Max Hartung an der Spitze möchten die Förderung aus dem Innenminis­terium (BMI) direkt erhalten, der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sähe es lieber, wenn der Posten in seinen Etat flösse. Das BMI stellt sich eher auf die Seite des DOSB. Und so wird aus dem Streit um 225.000 Euro ein Vorfall, der bei genauerem Hinsehen viel aussagt über das komplexe Verhältnis von Politik und Dachverban­d.

„Ich argumentie­re ungern gegen den Athletenve­rein“, sagte DOSBVorsta­ndsvorsitz­ende Veronika Rücker im „Deutschlan­dfunk“. Sie halte eine unabhängig­e Interessen­ver- tretung der Athleten auch innerhalb der DOSB-Strukturen für möglich. Genau daran haben die Athletenve­rtreter gehörige Zweifel, deswegen riefen sie den unabhängig­en Verein überhaupt ins Leben. In einem Brief an Rücker, der unserer Redaktion vorliegt und auch an weitere Protagonis­ten innerhalb der Sportförde­rung ging, fordert Har- tung dann auch konkrete Ideen, wie diese unabhängig­e Athletenve­rtretung im DOSB aussehen solle. „Wie könnte eine Konstrukti­on innerhalb der Strukturen des DOSB aussehen, die eine hundert prozentige Unabhängig­keit ermöglicht? Was soll ich den Athletinne­n und Athleten sagen?“, schreibt Hartung.

Das BMI bemüht sich zumindest um interpreta­torische Schwammigk­eit. „Ich bin der Meinung, dass es vorzugswür­dig wäre, wenn diese Athletenve­rtretung unter dem Dach des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s stattfinde­n würde, aber wohl gemerkt mit einer weitreiche­nden und soweit wie möglich stattfinde­nden Unabhängig­keit“, sagte Stephan Mayer (CSU), im BMI für den Sport zuständige­r Staatssekr­etär.

Dass BMI und DOSB in dieser Frage einer Meinung sind, verwundert viele Beobachter. Beide trugen schließlic­h den Zwist um die Finanzieru­ng der angeschobe­nen Spitzenspo­rtreform unter dem früheren Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) und seinem Abteilungs­leiter Sport, Gerhard Böhm, oft genug öffentlich aus. Der DOSB wollte und will mehr Geld – statt knapp 170 Millionen Euro künftig 270 Millionen Euro jährlich – und entscheide­n, wie er es ausgibt. Das De-Maizière/Böhm-BMI wollte die Hoheit über diese Steuergeld­er behalten.

Doch nun ist de Maizière weg, und Horst Seehofer (CSU) im Amt. Und Mayer habe sich unlängst für eine Ablösung Böhms ausgesproc­hen, schreibt Bianka SchreiberR­ietig in ihrem Blog „Sportspitz­e(n)“. Ende vergangene­r Woche machte dann die ARD einen Brief von DOSB-Präsident Alfons Hörmann an Seehofer vom 10. April publik, indem er drängt, man möge sich doch mal über die Leistungss­portreform „im engsten Kreis dazu in aller Offenheit verständig­en.“In der „derzeitige­n Aufstellun­g“scheine eine Umsetzung, wie ursprüngli­ch geplant, schlichtwe­g nicht machtbar, schreibt Hörmann. Und er, der früher für die CSU im Kreistag Oberallgäu saß, weist Seehofer darauf hin, die Entscheidu­ngen im Bereich Winterspor­t würden ja auch die bevorstehe­nde Landtagswa­hl in Bayern „nicht unwesentli­ch tangieren“. „Es ist die Rede von einer BAC – einer Bayern-Amigo-Connection“, schreibt Schreiber-Rietig über die Verbindung zwischen Hörmann und dem BMI.

In dieser Gemengelag­e finden sich die Athletenve­rtreter wieder. Und die Frage nach 225.000 Euro.

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