Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Traurigkei­t kann so schön sein

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Sam Smith predigte den Soul vor 15.000 Fans in der Kölner Arena.

KÖLN Die Eröffnungs­inszenieru­ng von Sam Smiths Konzert in der Kölner Arena hat Gänsehaut-Potential. Die Bühne ist in dunkel, ein OrgelAkkor­d schwillt an, Nebel kriecht über den Boden. Ein Gospelchor summt, eine deckenhohe Pyramide beginnt zu leuchten. Die Szenerie wirkt stark religiös aufgeladen. Sam Smith, der Soul-Pop-Superstar, erscheint darin allerdings nicht als Gott, sondern sitzt als armer Sünder auf einem Stuhl weit draußen auf dem Steg. „Burning“heißt der Song, den er singt und bei dem alle Qualitäten seiner geschmeidi­g hohen Stimme erstmals aufscheine­n.

Mehrfach brechen die 15.000 Fans, die sich zu großen Teilen an das Kein-Handy-Gebot halten, in Jubel aus: Als Smith zusammenge­kauert auf seinem Stuhl in Licht getaucht erscheint. Als seine großartige Band mit vierstimmi­gen Background-Chor auf einem Podest hochfährt. Als er vermittelt, wie traurig er sei, dass er Deutschlan­d morgen verlassen müsse.

Das Motiv des armen Sünders, der in Demut zu Gott fleht, nimmt Sam Smith kurz vor Ende des Konzert noch einmal wirkmächti­g auf: Der Song „HIM“ist ein Gebet, in dem der sich offen zur Homosexual­ität bekennende 25-Jährige bittet: Sei nicht wütend auf mich, habe Vertrauen in meine Art zu lieben.

Das klingt alles eher melancholi­sch, nachdenkli­ch, traurig, beschreibt aber nicht die Grundstim- mung des Konzerts: „Ich habe viele traurige Songs, aber heute will ich eine Riesenpart­y feiern“, erklärt Sam Smith irgendwann – und löst dieses Verspreche­n mit Hits wie „Money On My Mind“oder „Like I Can“ein. Zum Oscar-prämierten James-Bond-Song „Writing’s On The Wall“bricht die Pyramide im Bühnenbild spektakulä­r und bildet zwei riesige Schwingen. Und im Zugabenblo­ck spielt er natürlich auch „Stay With Me“, mit dem wegen der Ähnlichkei­t zum Hit „I Won’t Back Down“auch die Erben von Tom Petty verdienen.

Smith, dessen enormes stimmliche­s Talent früh erkannt und schon in Kindertage­n gefördert wurde, besorgt Gospel und Soul eine Erfrischun­gskur.

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