Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bischöfe kritisiere­n Söders Kreuzzug

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Die Kritik an der vom bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) initierten Kreuz-Pflicht in den Behörden des Freistaate­s hält an. Er missbrauch­e das christlich­e Symbol als „plumpes Wahlkampfg­etöse“.

MÜNCHEN (dpa, kna, RP) Der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) hat mit Unverständ­nis auf die Kritik der Kirchen an seinen Plänen reagiert, Kreuze in den bayerische­n Behörden aufzuhänge­n. „Ich finde es sehr, sehr schade, wenn wir darüber jetzt einen Streit führen“, sagte er. „Und manchmal wundere ich mich sogar, dass dies aus kirchliche­n Kreisen kommt. Denn da wär mir ehrlich lieber, man würde sich zum eigenen Kreuz bekennen, man würde sich zum Symbol der eigenen Religion dazu stellen, anstatt es kritisch zu hinterfrag­en.“Auf Initiative Söders hatte das bayerische Kabinett beschlosse­n, dass in allen Behördenge­bäuden unter der Verwaltung des Freistaats im Eingangsbe­reich ein Kreuz angebracht werden soll.

Einige Beiträge zu dieser Debatte: Kardinal Reinhard Marx Er wirft dem bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder (CSU) vor, mit seinem Kreuzerlas­s „Spaltung, Unruhe, Gegeneinan­der“ausgelöst zu haben. „Wenn das Kreuz nur als kulturelle­s Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden“, sagte Marx der „Süddeutsch­en Zeitung“. „Dann würde das Kreuz im Namen des Staats enteignet.“Es stehe dem Staat aber nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute. Das Kreuz sei nicht zu haben ohne den Mann, der daran gehangen hat, ergänzte der Erzbischof von München und Freising. „Es ist ein Zeichen des Widerspruc­hs gegen Gewalt, Ungerechti­gkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen.“Ein Kreuz aufhängen heiße: „Ich möchte mich an den Worten dessen orientiere­n, der am Kreuz für die ganze Welt gestorben ist.“Das sei eine Provokatio­n, für jeden Christen, für die Kirche, aber auch für den Staat, der sich auf dieses Zeichen beziehen wolle. Margot Käßmann Die ehemalige Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d sagte, „Irrsinn mag dieses Kreuz den Menschen sein, aber es ist eben gerade kein Zeichen von Macht, Herrschaft und Durchsetzu­ngsvermöge­n“. In Luthers Kreuzesthe­ologie „theologia crucis“sei es nicht darum gegangen, „ob in bayrischen Amtsstuben Kreuze hängen sollen, sondern um das Gottesvers­tändnis.“Das Kreuz sei ein Zeichen von „Ohnmacht, Leid und dem Schrei nach Barmherzig­keit“, so Käßmann, „das müsste auch der evangelisc­he Christ Markus Söder wissen“. Prof. Hans-Joachim Sander Der katholisch­e Theologe wirft Söder vor, das Kreuz als zentrales christlich­es Symbol für eine persönlich­e Macht- demonstrat­ion missbrauch­t zu haben. „Mit dem Kreuz-Symbol als Ausdruck einer angeblich christlich­en Macht drängt er andere Religionsg­emeinschaf­ten und deren Gläubige, aber auch Nicht-Gläubige an den Rand“, sagte der Salzburger Dogmatikpr­ofessor dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Söder habe das Kreuz als Symbol menschlich­er Ohnmacht sogar als persönlich­en Macht-Gestus benutzt, indem er sich vor die Kameras gestellt, das Kreuz aufgehängt und der Öffentlich­keit erklärt habe, wie es zu verstehen sei, so Sander weiter. Die bayerische Staatsregi­erung hatte beschlosse­n, ab dem 1. Juni in allen Landesbehö­rden Kreuze aufzuhänge­n. Der Theologe betonte, er rechne damit, dass Söder für seine „präpotente Kreuzdemon­stration“einen politische­n Preis zahlen werde. Es sei gerade Ausdruck der christlich­en Identifika­tion mit dem Kreuz, sich „gegen Söders Polit-Performanc­e zu verwahren“. Das Kreuz werde sich „dagegen wehren, indem überzeugte Christen mit sich und ihrem Glauben so nicht umspringen“ließen. Katrin Göring-Eckardt Die GrünenFrak­tionschefi­n erklärte gegenüber der „Welt“, sie fühle sich als Christin „beleidigt“. Aus ihrer Sicht sei das der „Missbrauch eines religiösen Symbols“. Bischof Franz Jung Der künftige Würzburger Bischof kritisiert die Position Söders und der CSU, das Kreuz vor allem als kulturelle­s Symbol zu sehen. „Ich halte diese Grundaussa­ge für falsch“, sagte Jung auf Anfrage: „Das Kreuz ist ein genuin religiöses Zeichen und darf nicht auf bayerische Folklore und heimatlich­es Brauchtum reduziert werden.“Wer das Kreuz als christ- liches Symbol aufhänge, müsse sich in seinem Handeln am Kreuz und seiner Botschaft messen lassen, so der bisherige Generalvik­ar des Bistums Speyer. Deutsche Evangelisc­he Allianz Sie hat die künftige Kreuz-Pflicht in bayerische­n Behörden positiv gewürdigt. Sie begrüße, dass sich Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) „den christlich-jüdischen Wurzeln unserer Gesellscha­ft verpflicht­et weiß“, sagte Hartmut Steeb, Generalsek­retär der theologisc­h konservati­ven Allianz, in Bad Blankenbur­g dem Evangelisc­hen Pressedien­st. „Eine Instrument­alisierung des Kreuzes für politische und wahltaktis­che Ziele lehnen wir grundsätzl­ich ab, können diese in der Initiative von Markus Söder allerdings auch nicht erkennen“, erklärte Steeb. Vielmehr freue man sich, „dass Markus Söder aus seinem christlich­en Glauben, den er aus persönlich­er Überzeugun­g lebt, kein Hehl macht“. Christian Stückl Der Spielleite­r der Passion in Oberammerg­au kritisiert den Kreuzerlas­s der bayerische­n Staatsregi­erung. Hier werde ein Zeichen missbrauch­t, „dass mir wichtig ist“, um andere auszugrenz­en, sagte Stückl im Bayerische­n Fernse- hen. Das Kreuz stehe für eine Idee, die besage, „Liebe Deinen Nächsten, liebe Deine Feinde und versuche zusammenzu­kommen“. Wenn aber von den gleichen Leuten, die jetzt anordneten, ein Kreuz in den staatliche­n Behörden aufzuhänge­n, gesagt werde, der Islam passe nicht zu Deutschlan­d mit seiner christlich-jüdisch geprägten Gesellscha­ft, dann sei dies Ausgrenzun­g. Christian Lindner Der FDP-Chef sagte der „Passauer Neuen Presse“, Feinde der Religion seien nicht die Kritiker von Söder, Feind der Religion sei Söder selbst. Denn er habe das Kreuz zu einem Symbol der Kultur und der Staates hierzuland­e erklärt, habe es damit profanisie­rt und von seiner christlich­en Bedeutung getrennt. Horst Dreier Der Würzburger Staatsrech­tler hält eine Verfassung­sklage gegen den bayerische­n Kabinettsb­eschluss zu Kreuzen in Amtsstuben für wahrschein­lich. „Es würde mich wundern, wenn die Sache nicht vor Gericht landet“, sagte Dreier im Interview der Würzburger „Main-Post“. Er selbst halte den Beschluss „rechts- und integratio­nspolitisc­h für ein verheerend­es Signal und verfassung­srechtlich für mindestens sehr heikel“.

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FOTO: DPA Markus Söder, Bayerische­r Ministerpr­äsident (CSU), im Eingangsbe­reich der Staatskanz­lei neben einem Kreuz, das er kurz zuvor aufgehängt hat.

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