Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Ellwangen und die Folgen
Die Vorgänge in der Erstaufnahmeeinrichtung von Ellwangen markieren eine weitere Grenzüberschreitung. So, wie die Übergriffe auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht 2015 zu zahlreichen Gesetzesverschärfungen im Ausländerrecht führten, wird das massenhafte und organisierte Vorgehen von Flüchtlingen gegen die Polizei in Ellwangen die Einstellungen verändern. Verfechter eines fairen Umgangs mit allen potenziell Gefährdeten werden einen noch schwereren Stand haben. Der Druck, immer mehr Abschiebungen effizient abzuwickeln, wird immens wachsen.
Die mit Drohungen und Gewalt verhinderte Abschiebung eines Togoers war eine Niederlage des Rechtsstaates, die Razzia noch vor Anbruch des nächsten Tages seine Gesichtswahrung. Doch wenn 150 bis 200 Menschen ihr Gastrecht derart missverstehen und nur 18 schon vorher Auffällige in andere Einrichtungen kommen, steht das in keinem Verhältnis. Eine Konsequenz muss sein, jede Abschiebung in ähnlichen Situationen von einem Video-Dokumentationsteam begleiten zu lassen und klar zu machen, dass jeder, der sich der Polizei in den Weg stellt, seiner eigenen Abschiebung Vorschub leistet. BERICHT SEEHOFER: BUNDESPOLIZEI FÜR . . ., TITELSEITE
Es ist erstaunlich, wie oft Interessenkonflikte und ihre öffentliche Wirkung immer noch unterschätzt werden. Ein Ex-Bauminister, der nach Ende seiner Amtszeit in den Beirat einer Baufirma gehen will. Ein Kölner Politiker, der ohne Ausschreibung auf den neuen Posten eines Geschäftsführers bei den Stadtwerken wechseln möchte. Oder ein Verleger, der ausgerechnet zum Landesmedienminister ernannt wird. Jeder dieser Fälle ist anders gelagert und wiegt unterschiedlich schwer, gemeinsam ist ihnen aber eines: Die Betroffenen haben keinen Interessenkonflikt gesehen.
Die Folgen sind gravierend. Die mangelnde Sensibilität fördert Politikverdrossenheit. Noch schwerer wiegt aber, dass sie die Maßstäbe moralischen Verhaltens verschiebt. Es ist gut, dass es eine Ministerehrenkommission in NRW gibt, die immer wieder die Grenzen aufzeigt. Noch besser wäre es, wenn dieses Gremium überflüssig wäre. Denn eigentlich ist es doch ganz einfach: Ein Angebot, das auch nur den Verdacht eines Interessenkonflikts mit sich bringt, kann kein gutes sein. BERICHT BEDENKEN BEI JOBS VON EX-MINISTERN, TITELSEITE
EMehr Sensibilität
Weg vom Zentralismus
s ist eine neue Methode, die jetzt im Vatikan Premiere hatte. Sechs deutsche Bischöfe trafen sich mit Offiziellen der Vatikan-Behörden, um eine komplexe Frage zu besprechen: Haben Bischofskonferenzen die Lehrautorität, um wesentliche Fragen des katholischen Glaubens und der Seelsorge selbst zu klären, ohne auf grünes Licht aus Rom zu warten? Die Antwort lautet: Einigt euch selbst auf eine gemeinsame Lösung und wartet nicht mehr auf eine verbindliche Vorgabe aus dem Vatikan!
Dieses Vorgehen ist gewöhnungsbedürftig für eine Kirche, die Jahrzehnte lang vom Hören auf die Obrigkeit lebte. Franziskus hat längst zu verstehen gegeben, welche Linie er sich für die Kirche wünscht. Der Papst will weg vom römischen Zentralismus und hin zu lokalen Lösungen. Dieser neue Kurs birgt Sprengkraft in sich, wie sich am Streit der deutschen Bischöfe zeigt. Am Ende dieses langwierigen und reibungsvollen Prozesses wird die katholische Kirche eine andere sein, nicht mehr die vermeintliche Einheit, sondern Vielfalt ist die Konsequenz. Deshalb fällt es den Beteiligten so schwer, zu einer Einigung zu kommen. BERICHT