Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Union will Wertekunde-Unterricht für Flüchtlingskinder
Die Fraktionschefs von Bund und Ländern schließen sich einer Forderung von Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) an.
BERLIN Die Chefs der Unionsfraktionen von Bund und Ländern wollen für Kinder von Flüchtlingen „Rechtsstaatsklassen“und einen „Wertekunde-Unterricht“bundesweit einführen. Das geht aus einem Beschlussentwurf hervor, der morgen auf der Konferenz der Unionsfraktionschefs in Frankfurt am Main verabschiedet werden soll. „Sprachund Wertevermittlung soll der Regelbeschulung vorgeschaltet sein und sind unabdingbare Voraussetzung für gelingende Integration“, heißt es darin. „Ziel dieses Unter- richts soll sein, dass Flüchtlinge sich in unserem Werte-/Rechtsstaatssystem besser zurechtfinden können und ihnen gleichzeitig die Grenzen und Verpflichtungen unseres Rechtsstaates vermittelt werden.“Konstitutionelle Normen des Grundgesetzes wie die Achtung der Menschenwürde, die freiheitlichdemokratische Grundordnung, die Gewährleistung der Presse- und Meinungsfreiheit, das Gewaltmonopol des Staates und die Gleichberechtigung von Mann und Frau „stehen als unverzichtbare Werte über kulturell oder religiös abweichenden Auffassungen“. Die CDU- Fraktionschefs der Länder schließen sich damit ähnlichen Plänen von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) an.
Nach dem gewaltsamen Widerstand gegen die Abschiebung eines Mannes aus Togo durch 150 Flüchtlinge im baden-württembergischen Ellwangen wurde die flüchtlingspolitische Debatte auch in anderer Hinsicht härter: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt übte massive Kritik an einer „Anti-Abschiebe-Industrie“von Anwälten und Hilfsorganisationen. CDU-Generalsekretärin Annegret KrampKarrenbauer forderte die SPD und die von ihr geführten Länder auf, die von Innenminister Horst Seehofer (CSU) und der großen Koalition geplanten neuen Asyl- und Abschiebezentren nicht zu blockieren, aus denen nicht Asylberechtigte sofort wieder abgeschoben werden sollen. Mehrere Unionspolitiker forderten überdies, die Entwicklungshilfe für Staaten zu kürzen, die bei der Rücknahme von Flüchtlingen unkooperativ seien.
Die Debatte dürfte auch das Treffen der Fraktionsspitzen von Union und SPD heute und morgen auf der Zugspitze und im bayerischen Murnau beeinträchtigen. Eigentlich sollte das Treffen dazu dienen, die Harmonie zwischen den drei Koalitionspartnern zu verbessern. Geplant ist aber weiterhin, ein Paket an Verbesserungen zum Erwerb von Immobilieneigentum und für Mieter gemeinsam zu präsen
tieren. Die Union will den Startschuss für das Baukindergeld geben, die SPD dafür die Mietpreisbremse effektiver machen. Auch hat sich die Koalition darauf geeinigt, die Klagerechte von Verbrauchern gegen Konzerne wie VW zu verbessern. Der Gesetzentwurf soll am Mittwoch ins Kabinett.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock kritisierte die Groko scharf. „Diese große Koalition macht vor allem mit einigen ihrer Minister so viel Lärm um sich selbst, dass sie die Gesellschaft bei dringenden großen Fragen weiter anschweigt: sei es beim Dieselbetrug, der Zukunft Europas oder dem Pflegenotstand.“