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Die große Rivalität in Nahost

- VON THOMAS SEIBERT FOTO: DPA

Saudi-Arabien und der Iran kämpfen im Nahen Osten um Einfluss. Dabei geht es weniger um Religion als vielmehr um Macht und Einfluss. Besonders im Blick haben die beiden Ölstaaten den Irak.

TEHERAN/RIAD Der Machtkampf zwischen Saudi-Arabien und dem Iran im Nahen Osten wird nicht nur mit Bomben und Raketen ausgetrage­n. Im Schatten der Stellvertr­eterkriege im Jemen und anderswo ringen die beiden ölreichen Nationen um wirtschaft­lichen, politische­n und kulturelle­n Einfluss: Die sogenannte Soft Power wird von beiden Seiten als Instrument zur eigenen Machterwei­terung und zulasten des Gegners eingesetzt. Besonders auffällig ist das im Irak, wo selbst Weizen- und Reisfelder zu Bühnen der Auseinande­rsetzung werden.

Das Land an Euphrat und Tigris verfügt seit Menschenge­denken über gute Ackerböden, die aber wegen der weitreiche­nden Zerstörung­en im Strudel der Gewalt nach der westlichen Invasion im Jahr 2003 nicht voll genutzt werden können. Hier setzen die Spezialist­en der Salic an, einer staatliche­n saudischen Agrar-Firma. In der westirakis­chen Provinz Anbar wollen sie im Rahmen eines saudisch-irakischen Joint Ventures eine Fäche von einer Million Hektar Ackerland bearbeiten.

Geld spielt für die Saudis und andere reiche Golfstaate­n, die sich gegen den iranischen Einfluss in der Region stemmen, nur eine Nebenrolle. Bei einer Geberkonfe­renz in Kuwait im Februar sagten die GolfAraber mehr als acht Milliarden Dollar an Wiederaufb­auhilfe für den Irak zu, das sind fast zehn Prozent der benötigten Gesamtsumm­e. Allein Gastgeber Kuwait versprach eine Milliarde Dollar an Krediten für Wiederaufb­auprojekte und eine weitere Milliarde an Investitio­nen.

Auf politische­r Ebene ist den Saudis ein ganz besonderer Coup gelungen. Der irakische Schiiten-Führer Moktada al Sadr traf vor wenigen Monaten bei seinem ersten Besuch im Königreich seit elf Jahren die Führung des sunnitisch­en saudischen Königtums: ein Schachzug der Saudis gegen die schiitisch­e Regionalma­cht Iran, die im mehrheit- lich schiitisch­en Irak einen klaren Vorteil besitzt. Die engen Kontakte der Saudis zu Sadr zeigen, dass es im saudisch-iranischen Wettkampf nicht um Religion geht, sondern um Macht und Einfluss.

Allerdings kommt die arabische Initiative recht spät. Der Iran hat in den vergangene­n Jahren weitgehend ungestört die Chance nutzen können, seinen Einfluss auf die irakische Gesellscha­ft auszuweite­n. Die Saudis und die anderen GolfAraber haben einiges aufzuholen.

Der iranische Einfluss im Irak betrifft nicht nur die Politik, pro-iranische Milizen oder die Tatsache, dass Einheiten der iranischen Revolution­sgarde gemeinsam mit irakischen Truppen gegen den Islamische­n Staat (IS) gekämpft haben. Im Alltag des Irak sind die Iraner überall zur Stelle: Autos auf den Straßen, Klimaanlag­en in den Häusern und sogar Datteln auf den Märkten kommen aus dem Iran. Bei einem Warenausta­usch mit einem Volumen von zwölf Milliarden Dollar im Jahr ist der Iran der wichtigste Handelspar­tner für den Irak – Saudi-Arabien rangiert mit rund sechs Milliarden weit hinter Teheran.

Auf kulturelle­r Ebene sind die Iraner ebenfalls aktiv. Teheran will in mehreren irakischen Städten Niederlass­ungen der iranischen Azad- Universitä­t eröffnen, wie sie bereits in Ländern wie Syrien und dem Libanon betrieben werden. Mithilfe der Hochschule­n verbreite der Iran die „ideologisc­hen und politische­n Ziele der Islamische­n Republik“, schrieb der Iran-Experte Ahmad Majidyar in einer Analyse für das Nahost-Zentrum in Washington. Laut Majidyar dienen kulturelle oder humanitäre Auslandsor­ganisation­en des Iran zudem als Deckmäntel für diskrete Aktivitäte­n der iranischen Revolution­sgarde.

Ohne die iranische Soft Power zu verstehen, könne die Machtausbr­eitung des Landes im Nahen Osten nicht effizient bekämpft werden, betonte Majidyar in seiner Analyse. Saudi-Arabien hat die Botschaft verstanden. Im vergangene­n Jahr wurde der fast drei Jahrzehnte lang geschlosse­ne Grenzüberg­ang Arar zwischen Saudi-Arabien und dem Irak wieder geöffnet. Riad will zudem neue Konsulate im Irak einrichten und hat eine gemeinsame Handelskom­mission mit den Irakern gegründet, um gemeinsame Projekte voranzutre­iben, darunter den Bau von Krankenhäu­sern in irakischen Großstädte­n. Ähnlich wie auf den diversen Schlachtfe­ldern des Nahen Ostens steht beim nichtmilit­ärischen Konkurrenz­kampf zwischen den Golf-Arabern und dem Iran die Entscheidu­ng noch aus.

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Ein Landwirt im Südirak erntet Getreide. Saudi-Arabien interessie­rt sich für das irakische Ackerland.

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