Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Weniger Lehrer vorzeitig in Pension

- VON FRANK VOLLMER

Die Zahl der Pädagogen in NRW, die dienstunfä­hig ausscheide­n, ist seit 2010 deutlich gesunken. Mehr Kranke holen sich offenbar Hilfe – aber viele bleiben trotz Beschwerde­n.

DÜSSELDORF Die Zahl der Lehrer in Nordrhein-Westfalen, die wegen Dienstunfä­higkeit vorzeitig in den Ruhestand wechseln, ist auf einen neuen Tiefstand gefallen. Das geht aus aktuellen Zahlen des Statistisc­hen Bundesamts hervor. Demnach gab es 2016 (das ist das aktuellste Berichtsja­hr) in NordrheinW­estfalen 645 „Zurruheset­zungen“wegen Dienstunfä­higkeit. Das waren 165 oder gut ein Fünftel weniger als noch im Vorjahr. Seit 2010 ist die Zahl der Frühpensio­nierungen von Pädagogen um fast die Hälfte gefallen. Seit dem Höchststan­d im Jahr 2000, als 3515 Lehrer dienstunfä­hig ausschiede­n, sogar um 82 Prozent – und das bei steigender Lehrerzahl in Deutschlan­ds größtem Bundesland.

Ein ähnlicher Trend ist bundesweit zu beobachten, in NRW ist er allerdings besonders deutlich ausgeprägt. Zudem verzeichne­n nicht alle Bundesländ­er eine rückläufig­e Entwicklun­g. So sank die Zahl der dienstunfä­higen Lehrer in ganz Deutschlan­d von 2010 bis 2016 um gut ein Viertel, in Bayern dagegen stiegen die Frühpensio­nierungen um zehn Prozent. Überall sind die aktuellen Zahlen aber viel niedriger als um die Jahrtausen­dwende. Seit 2001 können Beamte nur noch mit einem Abschlag von 3,6 Prozent pro Jahr in Frühpensio­n gehen.

Dorothea Schäfer, Landeschef­in der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW), vermutet einen Zusammenha­ng mit der Nutzung des sogenannte­n betrieblic­hen Einglieder­ungsmanage­ments. Das sind freiwillig­e Angebote für Lehrer, die in einem Jahr länger als sechs Wochen krank waren; dabei werden Entlastung­smöglichke­iten für die Betroffene­n besprochen, etwa bei der Unterricht­sverteilun­g oder durch Versetzung. „Wir hören von unseren Personalrä­ten, dass die Zahl deutlich zugenommen hat“, sagte Schäfer.

Skeptische­r ist der Verband Bildung und Erziehung (VBE). Die Zahlen hingen mit der hohen Motivation der Lehrer in NordrheinW­estfalen zusammen, sagte der VBE-Landesvors­itzende Stefan Behlau. Er fügte allerdings auch hinzu: „Ich befürchte, einige Lehrkräfte fühlen sich ihrer Arbeit dermaßen verpflicht­et, dass sie trotz Beschwerde­n in der Schule bleiben.“

Der größte Teil der Pensionier­ungen wegen Dienstunfä­higkeit betrifft Lehrer im Alter von mehr als 60 Jahren. In Nordrhein-Westfalen waren das 2016 knapp zwei Drittel aller Fälle. Dienstunfä­higkeit war der Grund für knapp zehn Prozent aller Pensionier­ungen von Lehrern im Land; 2010 waren es noch 23 Prozent.

In Sachen Arbeitsbed­ingungen verweist das Schulminis­terium von Yvonne Gebauer (FDP) auf neue Modelle für Schulleitu­ngen und Referendar­e. Vom Sommer an soll an bis zu fünf Grundschul­en die Leitung durch zwei Teilzeitkr­äfte erprobt werden. Das Land erhofft sich davon eine Linderung des Schulleite­rmangels. Referendar­e sollen ihre Unterricht­sverpflich­tung vom November an auf bis zu 24 Monate strecken können – de facto ein Teilzeitmo­dell. Gebauer: „Eine gute Work-Life-Balance ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, frühzeitig­e Pensionier­ungen wegen Dienstunfä­higkeit zu vermeiden.“

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