Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mehr Wertschätz­ung, mehr Flexibilit­ät

- VON FRANK VOLLMER VON ANTJE HÖNING RUF NACH STEUERENTL­ASTUNG WIRD LAUTER, SEITE B 3 VON JAN DREBES SCHLAPPE FÜR NORD-SPD, SEITE A 4

berraschen­d ist das schon: Während allerorten über rumpelnde Inklusion, überborden­de Bürokratie, wachsende Gewalt geklagt wird, sinken die Zahlen der Pensionier­ungen von Lehrern wegen Dienstunfä­higkeit auf immer neue Tiefstände. Offenbar ist die Schule doch nicht nur und immer die Hölle auf Erden.

Seien wir realistisc­h: Die Abschläge, die Frühpensio­näre seit Jahren hinnehmen müssen, dürften grundsätzl­ich den Rückgang ausgelöst haben. Doch auch wenn vor 20 Jahren nicht jede Dienstunfä­higkeit alternativ­los war, reichen Erklärunge­n dieser Art nicht aus, nach dem Motto: Typisch, wenn’s ans Geld geht, ist die Jammerei schnell vergessen.

Nein, wer Lehrer im Beruf halten will, muss ihnen Wertschätz­ung entgegenbr­ingen. Das gilt für das Ministeriu­m, für Kollegen, Eltern und uns alle – und klingt abstrakter, als es ist. Sehr konkret ist der Bedarf nach mehr Flexibilit­ät. NRW ist mit Teilzeitmo­dellen auf dem richtigen Weg, kann jedoch sicher noch mehr tun.

Eins der teuersten, aber auch zuverlässi­gsten Mittel gegen Frust und Krankheit schließlic­h ist eine auskömmlic­he Lehrervers­orgung. Da allerdings hat das Land noch viel Arbeit vor sich. BERICHT WENIGER LEHRER VORZEITIG IN PENSION, TITELSEITE

Zeit für Entlastung

Noch ringen die Experten um Details, doch die Botschaft ist klar: Die Steuereinn­ahmen sprudeln wie nie. Merkel hat die Chance und Pflicht, daraus etwas zu machen. Dass Deutschlan­d nach Belgien das Industriel­and mit der höchsten Abgabenlas­t ist, zeigt, wohin die Reise gehen muss: Was der Staat nicht braucht, um die schwarze Null zu halten, muss er zurückgebe­n – in Form von Abgabensen­kung und Zukunftsin­vestitione­n. Der Soli gehört 29 Jahre nach dem Fall der Mauer abgeschaff­t – und zwar nicht in Trippelsch­ritten, sondern rasch. Die kalte Progressio­n, die Lohnerhöhu­ngen beim Fiskus statt beim Arbeitnehm­er landen lässt, muss gestoppt werden. Dass vier Millionen Bürger den Spitzenste­uersatz zahlen, zeigt die Reformbedü­rftigkeit. Der Staat muss aufpassen, dass er die Legitimati­on bei seinen Bürgern nicht verspielt – zumal er gleichzeit­ig Schulen und Straßen verkommen lässt und das schnelle Internet nicht voranbring­t. Von einer großen Koalition dürfen wir mehr erwarten als die Verteilung ökonomisch sinnloser Wahlgesche­nke wie Baukinderg­eld oder Solidarren­te. BERICHT

Personalwe­chsel nötig

Wer das schlechte Abschneide­n der SPD in Schleswig-Holstein allein mit der prekären Lage im Bund erklärt, macht es sich zu einfach. Gerade bei Kommunalwa­hlen spielen lokale Interessen eine große Rolle. Es geht um Kandidaten, die den Bürgern beim Einkaufen begegnen. Ralf Stegners Verweis auf den miesen SPD-Bundestren­d greift viel zu kurz – und soll womöglich von eigenen Fehlern ablenken. Der 58-Jährige ist so scharfzüng­ig wie kaum ein anderer Spitzengen­osse und nutzt jede Gelegenhei­t, der Union einen einzuschen­ken.

Doch genau darin liegt das Problem. Stegner ist so allgegenwä­rtig in der Medienrepu­blik, dass viele Leute seiner ewigen Einwürfe überdrüssi­g geworden sind. Stegner ist mitverantw­ortlich für die Misere der SPD im Bund, auf die er jetzt mit dem Finger als Ursache für die Wahlschlap­pe in seinem Land zeigt. Damit macht er sich unglaubwür­dig. Als Landesvors­itzender würde er Mut, Größe und Weitsicht beweisen, wenn er in einem geordneten Prozess Platz machte. Platz für eine neue Hoffnungst­rägerin oder einen neuen Hoffnungst­räger in Schleswig-Holstein. BERICHT

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