Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schlappe für Nord-SPD – muss Stegner gehen?

- VON JAN DREBES

Die Sozialdemo­kraten erhalten bei der Kommunalwa­hl in Schleswig-Holstein nur 23,3 Prozent. Der Landeschef will trotzdem bleiben.

BERLIN/KIEL Weit im Norden der Republik konnte die SPD lange auf gute Ergebnisse setzen. Diese Zeiten scheinen vorbei. Nach der Landtags- und Bundestags­wahl fuhren die Sozialdemo­kraten nun auch bei der Kommunalwa­hl ein desaströse­s Ergebnis ein. 6,5 Prozentpun­kte ging es in Schleswig-Holstein abwärts, auf nur noch 23,3 Prozent – der schlechtes­te SPD-Wert bei Kommunalwa­hlen in dem Land. Ralf Stegner, Landeschef der SPD und stellvertr­etender Bundesvors­itzender, steht jetzt im Fokus der Kritik. Er sei mitverantw­ortlich für die Misere, heißt es aus der Landespart­ei. Stegner habe als Vertreter des linken SPD-Flügels erst gegen die große Koalition und dann dafür argumentie­rt. In sämtlichen Talkshows habe der Parteivize den Zickzackku­rs der Sozialdemo­kraten zu verkaufen versucht, dabei aber alles nur noch schlimmer gemacht, ätzt ein Genosse.

Auch in Berlin fehlt es Stegner anscheinen­d zunehmend an Rückhalt. In der Bundestags­fraktion gibt es mittlerwei­le nur noch wenige Fürspreche­r, die Stegner als scharfzüng­ige Allzweckwa­ffe und heimlichen Generalsek­retär schätzen. Andere, gerade auch Parteilink­e, würden den früheren Landesinne­n- und finanzmini­ster gerne loswerden. Er spiele sich auf wie der Chef im linken Lager, habe aber keine Truppen mehr, heißt es. Noch in diesem Jahr werden sich wohl die SPD-Linken neu aufstellen. Dann könnte es für Stegner eng werden. Doch an Rücktritt von der Spitze in Schleswig- Holstein denkt der 58-Jährige derzeit nach eigenen Angaben nicht. „Meine Rolle wird es sein, in Schleswig-Holstein meinen Teil dazu beizutrage­n, die Partei mit eigenem sozialdemo­kratischen Profil wieder nach vorne zu bringen“, sagte Stegner unserer Redaktion. Momentan gehe es nicht um ihn oder um sonst wen, sondern es gehe um die SPD, so der Landeschef.

Zur Ursache für die Kommunalwa­hl-Pleite sagte Stegner, dass der allgemeine Bundestren­d Teil des schlechten Wahlergebn­isses sei. „Bei einer solchen Stimmungsl­age mit Bundeswert­en unter 20 Prozent kann man vor Ort keine Wunder bewirken“, sagte Stegner. Der Wind sei von vorn gekommen. Wie wenig hilfreich die Vorgänge in Berlin für den Wahlkampf eingeschät­zt wurden, zeigt sich auch an einer ungewöhnli­chen Absage der Jusos an die neue Parteichef­in Andrea Nahles. Vier Tage nach ihrer Wahl zur ersten SPD-Vorsitzend­en fragte Nahles nach Informatio­nen unserer Redaktion bei den Jusos in Kiel an, ob Interesse an einem gemeinsame­n Wahl- kampfauftr­itt am 3. Mai bestehe. Kurz darauf soll die SPD-Jugendorga­nisation bereits dankend abgelehnt haben. Man habe erwartet, dass nach all dem Zinnober um die große Koalition so ein Termin eher geschadet als genützt hätte, hieß es nun.

In der Parteizent­rale läuft jetzt die Aufarbeitu­ng sämtlicher Wahlergebn­isse der vergangene­n Monate. Noch in diesem Jahr soll das Fazit stehen. Dann will die Parteiführ­ung um Nahles daraus Maßnahmen für mehr Rückhalt ableiten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany