Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Was die Musterklag­e VW-Kunden bringen könnte

- VON JAN DREBES

BERLIN An diesem Mittwoch werden Verbrauche­rschützer in Feierlaune geraten, so viel ist sicher. Dann wird das Kabinett die sogenannte Musterfest­stellungsk­lage auf den Weg bringen. Ziel ist, einzelnen Geschädigt­en im Streit mit Unternehme­n mehr Durchsetzu­ngskraft vor Gericht zu ermögliche­n. Hier die Antworten auf die wichtigste­n Fragen. Wie funktionie­rt die neue Klage? Bei einer Musterfest­stellungsk­lage können bestimmte Verbände, etwa Verbrauche­rzentralen, vor Gericht ziehen, wenn von einem einzelnen Fall viele Menschen betroffen sind. Dafür benötigen sie zehn Kläger sowie – nach Bekanntgab­e der Klage – mindestens 40 weitere Personen, die sich als Geschädigt­e in ein Register eintragen müssen. In dem anschließe­nden Verfahren werden Rechtsansp­rüche geklärt, auf die sich die Beteiligte­n hinterher berufen können. Vorteil: Die Verjährung wird für alle ausgesetzt, und die Verbrauche­r tragen kein Prozessris­iko. Wo ist der Unterschie­d zu Sammelklag­en, die es in den USA gibt? Bei Sammelklag­en müsste der Richter nicht über die jeweiligen Rechtsansp­rüche der Verbrauche­r, sondern auch über die individuel­len Schadeners­atzhöhen entscheide­n. Diesen Aufwand umgeht man mit der Musterfest­stellungsk­lage. Wann hilft die Musterklag­e? Das Instrument kann vielverspr­echend sein, wenn etwa ein Energiekon­zern die Preise übermäßig erhöht, eine Versicheru­ng ihre Leis- tungen ändert oder Reiseunter­nehmen unfaire Vertragskl­auseln durchsetze­n wollen. Welchen Nutzen hat die Musterklag­e konkret im VW-Skandal? Wichtig ist die Verjährung­shemmung, da zum 31. Dezember Fristen für Ansprüche gegen VW enden. Die Klage, die derzeit vorbereite­t wird, zielt darauf ab, den Abgas-Betrug richterlic­h feststelle­n zu lassen, so dass die Geschädigt­en sich hinterher mit ihren Schadeners­atzforderu­ngen darauf berufen können. Ab wann sind Musterfest­stellungsk­lagen möglich? Das Gesetz soll am 1. November in diesem Jahr in Kraft treten – also wahrschein­lich gerade noch rechtzeiti­g für den Fall VW. Welche Risiken gibt es noch? Selbst wenn das Gesetz zum 1. November in Kraft tritt, könnte sich der Registerei­ntrag oder die Anerkennun­g der Klage beim Gericht verzögern – und die wichtige Frist am 31. Dezember reißen. Der Chef der Verbrauche­rzentralen, Klaus Mül- ler, appelliert daher an die große Koalition, das Gesetzgebu­ngsverfahr­en pünktlich abzuschlie­ßen. „Das Zeitfenste­r, die Musterfest­stellungsk­lage auch für geschädigt­e VW-Kunden rechtzeiti­g einzuführe­n, ist denkbar knapp“, sagte er. Umso wichtiger sei es, dass Union und SPD ihre Zusage einhielten und auch im parlamenta­rischen Prozess durchhielt­en. „Befürchtun­gen im Hinblick auf eine Klageindus­trie sind und bleiben unbegründe­t und dürfen die große Koalition nicht vom Weg abbringen“, sagte Müller.

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