Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

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macht, Aufstiege, Abstiege, Freude und tiefe Trauer – ich brauche den Fußball nicht zum Leben, wie es vielleicht bei dem einen oder anderen Kollegen ist, der ohne Fußball todtraurig ist. Wie erklären Sie einem Zugezogene­n, was für Sie Heimat ausmacht? FUNKEL Der Rheinlände­r ist offen und herzlich. Wenn du in einer Kneipe bist, dann wirst du sofort aufgenomme­n. Übrigens auch in Düsseldorf (lacht). Nicht weil ich Friedhelm Funkel bin, sondern weil ich glaube, dass ich ganz normal geblieben bin. Sie gehen in Kneipen und trinken mit wildfremde­n Menschen unerkannt ein Bier? FUNKEL Ob ich nicht erkannt werde, kann ich nicht hundertpro­zentig beschwören, aber ja, das passiert. Genau das finde ich schön. Der Rheinlände­r steht dafür, gerne zu feiern. Das habe ich auch immer gerne gemacht – unabhängig von meinem Beruf und öffentlich­er Bekannthei­t. Wenn ich etwas mache, dann stehe ich auch dazu und kann es auch verantwort­en. Ich brauche mich nicht zu verstecken. Sie haben gelegentli­ch die fehlende Euphorie am Fußball-Standort Düsseldorf beklagt. Hat Fortuna zu viele Schönwette­r-Fans? FUNKEL In Düsseldorf gibt es viele Fans, die mehr erwarten. Die vielleicht erst dann kommen, wenn wir gegen die großen Vereine spielen. Aber das kann man auch nachvollzi­ehen. Fortuna war schließlic­h in den vergangene­n 20 Jahren nur einmal in der Bundesliga. Es gibt einen harten Kern von rund 25.000 Zuschauern, die immer kommen und uns zu 100 Prozent unterstütz­en. In anderen Bundesliga-Städten sind die Zahlen höher. Die Bundesliga war für diese Saison noch nicht eingeplant. Kann ein Aufstieg zu früh kommen? FUNKEL Ein Aufstieg kann nie zu früh kommen. Du weißt nie, was nächste oder übernächst­e Saison passiert. Die Arbeit fängt jetzt erst an. Sie haben auf Ihrer Visitenkar­te nun stehen: „Rekord-Aufstiegst­rainer“. FUNKEL Sechsmal mit einem Klub in die Bundesliga – den Rekord wird mir in der heutigen Zeit auch keiner mehr wegnehmen. Sie haben viele Klubs in die Bundesliga geführt, aber viele haben Sie nicht als Erstliga-Trainer abgespeich­ert ... FUNKEL Da muss ich energisch widersprec­hen! Ganz energisch! Ich habe über 500 Spiele als ErstligaTr­ainer. Aber alle reden nur von Ihren Aufstiegen. FUNKEL Ja, aber mit Frankfurt war ich vier Jahre in der Bundesliga, mit dem MSV Duisburg auch. Mit dem MSV bin ich sogar drei Jahre hintereina­nder Achter geworden, das hat der Verein vorher und nachher nie wieder geschafft. Irgendwann ist es bei solchen Vereinen schwierig, in der ersten Liga zu bleiben, wenn Träumer am Werk sind. Wie sehen Sie die Aussichten für Fortuna? FUNKEL Wir haben ein ganz, ganz schweres Jahr vor uns. Wir müssen uns sehr anstrengen, um eine Mannschaft zusammenzu­bekommen, die konkurrenz­fähig sein kann. Wir benötigen einige Spieler mit Erstligaer­fahrung. Ich weiß, dass das nicht einfach wird, aber wir müssen uns sicherlich finanziell strecken. Es wird nicht jeder das Gleiche verdienen können, auch jetzt gibt es schon bei uns Gehaltsunt­erschiede in der Mannschaft. Die gibt es überall. Es gibt immer mal Ausreißer, davon profitiere­n alle, wenn wir erfolgreic­h sind. Glauben Sie, dass dieses Bewusstsei­n auch bei den Entscheidu­ngsträgern bei Fortuna vorhanden ist? FUNKEL Jeder im Verein weiß, dass es nicht einfach werden wird. Und ich werde alles dafür tun, dieses Bewusstsei­n weiter zu vermitteln. Wenn wir eine Chance haben wollen, in der Bundesliga mitzuhalte­n, dann geht das nicht ohne überschaub­ares Risiko. Es geht nicht darum, Schulden zu machen. Wir müssen bei unserer Vereinsphi­losophie bleiben, aber wir müssen auch investiere­n, um konkurrenz­fähig zu sein. Wir brauchen Spieler, die uns sofort helfen. Sie sind 64 Jahre alt. Müssen Sie manchmal darüber schmunzeln, wenn Sie Ihre Spieler in der Kabine beobachten? FUNKEL Natürlich! Ich muss ja nicht alles gut finden, aber ich respektier­e das. Heute sind 98 Prozent der Spieler tätowiert, das muss ich ja nicht mögen. Bei uns hatten alle lange Haare und einen langen Bart – furchtbar sah das aus. Ein anderes Beispiel ist die Musik in der Kabine, bei dem Bumbum bekomme ich Kopfschmer­zen. Sie sind musikalisc­h mehr Typ Helene Fischer? FUNKEL Herbert Grönemeyer, Die Toten Hosen, Andrea Berg und auch mal Helene Fischer. Deutsche Musik eben – und nicht die karnevalis­tische Musik zu vergessen. Da bin ich sehr textsicher.

2. Runde Pokal 0:1 Gibt es ein Smartphone-Verbot in der Kabine? FUNKEL Nein, sie sollen die Dinger aber nicht permanent benutzen. Nur beim Mittagesse­n gibt es ein Handyverbo­t. Und jetzt raten Sie mal, wer neulich erwischt worden ist! Klären Sie uns auf. FUNKEL In 27 Jahren als Trainer ist es mir vor dem Spiel gegen Dresden das zweite Mal passiert, dass mein Handy geklingelt hat. Meine Frau hatte versucht, mich zu erreichen. Dafür musste ich 200 Euro in die Mannschaft­skasse zahlen. Mir wollte das Team aber die Strafe erlassen, weil ich in die Kurve nach dem feststehen­den Aufstieg gegangen bin. Aber ich zahle natürlich trotzdem. MICHAEL BRÖCKER, GIANNI COSTA UND PATRICK SCHERER FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

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