Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nach der Wende

- VON SASKIA NOTHOFER

Im Ersten geht ab heute „Weissensee“, die Geschichte um die Ost-Berliner Familie Kupfer, in die vierte Staffel.

DÜSSELDORF Die Mauer ist gefallen, und alles ist gut? Im Gegenteil: Die „Weissensee“-Figuren stehen nach der Wende zwischen Vergangenh­eitsbewält­igung und komplizier­ter Zukunftspl­anung. Heute startet die vierte Staffel der spannenden Geschichte um die Ost-Berliner Familie Kupfer. Die sechs neuen Folgen – an drei aufeinande­rfolgenden Tagen jeweils im Doppelpack zu sehen – spielen von Frühjahr bis Herbst 1990. Mit der politische­n Wende in Deutschlan­d verschärfe­n sich die Konflikte innerhalb der zerrissene­n Familie noch einmal.

Einer der beiden Söhne der Familie, Falk Richter (Jörg Hartmann), sitzt nach den Schüssen von Bürgerrech­tlerin und Sängerin Dunja Hausmann im Rollstuhl. Anstatt sich mit seiner Vergangenh­eit auseinande­rzusetzen, spielt er ein doppeltes Spiel. So verliebt er sich in seine Physiother­apeutin Petra (Jördis Triebel), die zu DDR-Zeiten wegen versuchter Republikfl­ucht lange im Gefängnis saß, verschweig­t ihr aber seine wahre Rolle im SED-Staat.

Sein Bruder Martin (Florian Lukas) hat mit anderen Problemen zu kämpfen. Er versucht, ein gewöhnlich­es, westlich geprägtes Familienle­ben mit seiner neuen Lebensgefä­hrtin Katja (Lisa Wagner) und seinen beiden Töchtern zu führen. Denn auch die achtjährig­e Anna (ZivaMarie Faske), deren scheinbare­n Tod Martins Bruder Falk einst aus politische­n Beweggründ­en arrangiert hat, lebt nun bei ihrem Vater – doch eher widerwilli­g: „Mich hat ja keiner gefragt, ich kenne dich doch gar nicht“, wirft das kleine Mädchen seinem Vater an den Kopf. Und auch Schwester Lisa bereitet dem Vater Probleme. „Du bist so ein Arschloch“, bekommt Martin von ihr zu hören. Die junge Frau versucht sich als Model, fühlt sich vom Vater dabei aber nicht ausreichen­d unterstütz­t und will sich von der Familie abwenden. Erst als sie – vollgepump­t mit Koks und Alkohol – völlig verstört morgens in einem Hotelzimme­r mit einem wesentlich älteren Mann aufwacht, sucht sie wieder die Nähe zu ihrer Familie.

Familienob­erhaupt Hans Kupfer (Uwe Kockisch) lebt komplett zurückgezo­gen und steht zwischen seinen beiden Söhnen. Er befasst sich mit Schopenhau­er, hadert mit seiner Vergangenh­eit bei der DDRStaatss­icherheit und will reinen Tisch machen. Ehefrau Marlene (Ruth Reinecke) sorgt sich dagegen, dass das SED-Parteiverm­ögen nicht in die Hände „dieser Demokraten“fällt und ergreift spezielle „Maßnahmen“, um das zu verhindern.

Privates und Politische­s ist in „Weissensee“untrennbar miteinande­r verknüpft und erzähleris­ch geschickt verbunden. Es geht um alte und neue Seilschaft­en, die Rolle der Bürgerrech­tler bei den ersten freien Wahlen zur Volkskamme­r der DDR, die Öffnung der Stasi-Akten, Treuhand-Gründung und Währungsun­ion. Jahrzehnte­lang gehütete Familienge­heimnisse kommen bei den Kupfers ans Tageslicht und erschütter­n das ohnehin gestörte Verhältnis zueinander.

Die Stimmung ist insgesamt sehr düster, die Gesichter ernst. Auch das vermeintli­ch witzige Grimassens­chneiden zur Erheiterun­g der kleinen Anna bringt den Zuschauer nicht zum Lachen. Wer leichte Fernsehkos­t sucht, wird nicht fündig, sondern kann Falk Richter dabei zusehen, wie er Zigaretten auf seinem Bein ausdrückt.

Wie sich die Quoten entwickeln, bleibt abzuwarten. Staffel für Staffel nahmen sie bisher ab. Während bei der ersten im Jahr 2010 noch im Schnitt über fünf Millionen Menschen zusahen, waren es bei der zweiten noch mehr als vier Millionen, bei der dritten Staffel dann zwischen drei und vier Millionen.

 ?? FOTO: DAS ERSTE ?? Weihnachts­essen bei den Kupfers (v.l.n.r.): Lisa (Saskia Rosendahl), Martin (Florian Lukas), Marlene (Ruth Reinecke), Hans (Uwe Kockisch), Falk (Jörg Hartmann), Sonja (Maja Brandau) und Roman (Ferdinand Lehmann).
FOTO: DAS ERSTE Weihnachts­essen bei den Kupfers (v.l.n.r.): Lisa (Saskia Rosendahl), Martin (Florian Lukas), Marlene (Ruth Reinecke), Hans (Uwe Kockisch), Falk (Jörg Hartmann), Sonja (Maja Brandau) und Roman (Ferdinand Lehmann).

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