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Eine schallende Ohrfeige für Europa

- VON FRANK HERRMANN VON GREGOR MAYNTZ VON FLORIAN RINKE AUDI STOPPT AUSLIEFERU­NG . . ., SEITE B 1

Mit der Ankündigun­g, das Atomabkomm­en mit Iran zu kippen, hat Donald Trump einst seinen Wahlkampf bestritten. So gesehen ist er sich treu geblieben. Auch nach 15 Monaten im Oval Office arbeitet er die Liste seiner Verspreche­n mit derselben sturen Entschloss­enheit ab, mit der er sich vom Pariser Klimavertr­ag verabschie­dete oder Zollhürden aufstellte. Nur dass der neueste Alleingang noch folgenschw­erer sein dürfte als die vorangegan­genen. Wer auf Lerneffekt­e angesichts der Realität des Regierens gehofft hatte, sieht sich endgültig eines Besseren belehrt.

Der Ausstieg aus dem Deal zeigt ein Amerika, das den Rat seiner westlichen Verbündete­n arrogant ignoriert. Er ist eine schallende Ohrfeige für die Europäer, die die Abmachung durch Nachbesser­ungen zu retten versuchten. Und zugleich ein demonstrat­iver Affront gegen den Brückenbau­er Barack Obama. Nicht nur, dass Trumps Vorgänger um den Wert der transatlan­tischen Allianz wusste. Ihn motivierte die Überzeugun­g, dass es gelingen kann, einen schwierige­n Akteur wie Iran aus der Kälte zu holen. Das Prinzip des Wandels durch Annäherung, dem Obama im Umgang mit Teheran folgte – in den Augen Trumps ist es nichts als naive Gutgläubig­keit. Nur: Was der Brechstang­enpolitike­r nicht im Repertoire hat, sind vernünftig­e Alternativ­en. BERICHT USA KÜNDIGEN ATOMDEAL MIT IRAN AUF, TITELSEITE

Die jüngste Kriminalst­atistik darf uns für einen Augenblick auch mal ein gutes Gefühl geben: 23 Prozent weniger Wohnungsei­nbrüche, zehn Prozent weniger Straftaten, zwei Drittel weniger Angriffe auf Flüchtling­sheime. Wenn Staat und Gesellscha­ft daraus den Schluss ziehen, dass Probleme nicht nur beklagt, sondern auch gelöst werden können, wenn nur alle richtig reagieren, dann hat die Statistik auch einen positiven Effekt.

Doch die Zahl 34.725 gibt es nur in der Statistik. In so viele Wohnungen ist 2017 weniger eingebroch­en worden als 2016. Es gibt keine 34.725 Familien, die bestätigen könnten, dass sie sich sicherer fühlen. Es gibt nur 116.540 Familien, die gewaltsame­s Eindringen in ihre intimste Privatsphä­re beklagen müssen. Insofern mahnt jede Kriminalst­atistik, bloß nicht nachzulass­en. Und sie hilft, Entwicklun­gen richtig einzustufe­n. Ja, die islamistis­che Kriminalit­ät steigt. Und: Ja, die rechtsextr­emistische Kriminalit­ät sinkt. Doch die islamistis­che stieg auf rund 1100 Fälle, die von Rechtsextr­emen sank auf 20.520. So viel zum Gefühl. BERICHT IN KÖLN MEHR GEWALT . . ., TITELSEITE

AGefühl und Sicherheit

Mann auf Abruf

udi stoppt die Auslieferu­ng von Fahrzeugen, weil sie wohl illegale Abschaltei­nrichtunge­n enthalten. Das heißt auch: Knapp drei Jahre nach Bekanntwer­den des Abgasskand­als im Volkswagen-Konzern ist weiterhin unklar, wie viele Modelle bei der Tochter manipulier­t wurden. Immer wieder ist es die Premiummar­ke, die im Fokus steht. Längst gilt Audi als Keimzelle vieler Manipulati­onen.

Als Konsequenz wurde der Vorstand umgebaut. Das Gremium besteht aus sieben Personen, fünf von ihnen sind maximal ein Jahr im Amt, einer knapp fünf – und einer elf: Rupert Stadler. Der Audi-Chef hat all die Turbulenze­n bislang unbeschade­t überstande­n, auch weil sich die Großaktion­äre, die Familien Porsche und Piëch, schützend vor ihn gestellt haben. Die Frage ist, wie lange diese Nibelungen­treue noch angebracht ist? Gegen Stadler wird zwar nicht ermittelt, er macht als Aufklärer aber eine schlechte Figur. Wenn VW-Chef Herbert Diess den Konzern tatsächlic­h „anständig“machen will, muss er als künftiger Audi-Chefaufseh­er die Probleme schnell in den Griff bekommen. Zur Not auch ohne Stadler. BERICHT

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