Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
INTERVIEW JULIUS KÜHN „Hohe Ziele haben uns nicht gut getan“
Der Handball-Nationalspieler spricht über den Super Cup in Düsseldorf und seine Ambitionen mit dem Nationalteam.
DÜSSELDORF Als Julius Kühn in den ISS Dome kommt, schauen alte Bekannte reichlich erstaunt. Der 25Jährige hat sich vom jungen Handballtalent zum Bundesliga- und Nationalspieler entwickelt – spielerisch und körperlich. Knapp 110 Kilogramm setzt der gebürtige Duisburger seinen Gegnern im Spiel mittlerweile entgegen. Der Linkaußen hat seine Profikarriere bei der HSG Düsseldorf gestartet, spielt mittlerweile in der Handball-Bundesliga für MT Melsungen – und ist Botschafter des Pixum Supercups, bei dem am 22. August erstmals im ISS Dome in Düsseldorf der deutsche Meister gegen den Pokalsieger antreten wird. Als Finalteilnehmer steht der Titelverteidiger, die RheinNeckar Löwen, bereits fest. Fest steht auch, dass Kühn nicht auf dem Platz stehen wird. Denn Melsungen ist derzeit Ligasiebter. Herr Kühn, Sie werden beim Super Cup nur zuschauen. Traurig? KÜHN Ja, darüber habe ich auf dem Weg von Kassel hierher auch nachgedacht und mir als Ziel gesetzt, auf jeden Fall 2019 mit Melsungen hier im Dome auf der Platte zu stehen. Sie wurden in Duisburg geboren. Was verbindet Sie noch mit der Heimat? KÜHN Auf jeden Fall meine Freunde, auch die in Düsseldorf. Hier habe ich meine ganze Jugend verbracht und der HSG Düsseldorf sehr viel zu verdanken. Deswegen will ich jetzt als Botschafter etwas zurückgeben. Glauben Sie, dass die Handballbegeisterung hier steigen kann? KÜHN Ganz klar. Generell ist die Region sportbegeistert. Nach der Insolvenz einiger Vereine kam ein Bruch, aber jetzt wird kräftig daran gearbeitet, dass die Stadt ein Handballstandort wird. Das ist zwar immer auch erfolgsabhängig. Aber es gibt sehr viel Potenzial in den Vereinen hier. Ich verfolge die Spiele der HC Rhein Vikings, und das sah zuletzt ziemlich gut aus. Ich hoffe, der Pixum Super Cup wird ein Erfolg. Am 22. August kommen auch Legenden, die Weltmeister von 1978 und 2007. Sind das Vorbilder für Sie? KÜHN Als das deutsche Team 2007 Weltmeister im eigenen Land wurde, haben mich alle Spieler fasziniert. Ich war 14 Jahre alt. Das Treffen in Düsseldorf wird ein Highlight. Aber einzelne Spieler habe ich mir eigentlich nie als Vorbilder herausgepickt. Sie galten schon sehr früh als Hoffnungsträger des deutschen Handballs. Hemmt das? KÜHN Eine Bürde war das für mich nicht. Das lässt einen nicht kalt, aber es war eher ein Ansporn, weil ich die Rolle schon erfüllen wollte. Das ist mir ganz gut gelungen, aber ich habe noch einige Jahre vor mir und viel Zeit, meine Ziele zu erreichen. Wo steht die deutsche Nationalmannschaft denn derzeit? KÜHN Beim gemeinsamen Lehrgang und bei den Testspielsiegen gegen Serbien hat man gesehen, wo es hingehen soll. Alle haben ein sehr gutes Gefühl, und wir sind gespannt, was im Januar bei der WM in Deutschland und Dänemark passieren wird. Wie ist Ihr Verhältnis zum Bundestrainer Christian Prokop? KÜHN Da ich früher eine halbe Saison bei TuSEM Essen unter ihm gespielt habe, habe ich ein gutes Verhältnis zu ihm. Klar, am Anfang sah das nach außen hin bei der enttäuschenden EM etwas blöd aus. Aber es gab viele Einzelgespräche, und es ist alles aus dem Weg geräumt. Was ist bei der WM 2019 drin? KÜHN Ich glaube, wir haben uns bei den letzten zwei Turnieren sehr hohe Ziele gesteckt. Wie man gesehen hat, hat uns das nicht gut getan. Das kam durch den EM-Titel 2016, da haben wir Höhenluft geschnuppert. Ich glaube, wir sind aber alle vernünftig genug, jetzt nicht so hoch zu pokern. Wir haben unsere Lehren gezogen. Deswegen sage ich jetzt einfach, dass ich mich riesig auf die WM freue. Wir blicken nun gemeinsam nach vorne. Welche Ziele haben Sie persönlich? KÜHN Ich will mit dem Verein international spielen und gerne mal den DHB-Pokal in den Händen halten. Und ein Engagement im Ausland? KÜHN Der Reiz ist auf jeden Fall da. Ein Traumverein von mir war schon immer der FC Barcelona. Das ist einfach für mich der größte Klub der Welt. Auch Paris macht einen sehr guten Job – da kommen einige infrage. Aber wenn der Schritt bevorsteht, würde ich mir schon zweimal Gedanken machen. So etwas ist immer leichter gesagt als getan. Jetzt bin ich seit einem Jahr in Melsungen und habe hier große Ziele. Die gehen wir zuallererst an.
JESSICA BALLER FÜHRTE DAS GESPRÄCH