Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hawaiis herzhafte Antwort auf Sushi und Salat

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Auf einmal ging alles ganz schnell: Noch im März mussten Trendsette­r für eine Schüssel voller Reis, Gemüse und rohen Fischs noch nach Berlin oder München jetten. Jetzt haben sie auch in Düsseldorf und Köln die Auswahl zwischen gleich mehreren Restaurant­s, die Poke Bowls anbieten. Das hawaiianis­che Gericht, dessen Name sich ganz korrekt ausgesproc­hen auf „okay“reimt, gab es vorher in der Landeshaup­tstadt nur kurz in einem Pop-Up-Restaurant an der Immermanns­traße. Mittlerwei­le haben Gastronome­n in Unterbilk und an der Königsalle­e es auf die Karte genommen, selbst auf einem Schiff im Rhein, das bislang Döner anbot, werden jetzt Bowls im polynesisc­hen Stil serviert.

Grundlage ist dabei meistens Reis – weiß oder braun. Darauf werden mehr oder weniger dekorativ fein gewürfelte Zutaten angerichte­t: in der Regel roher Thunfisch oder Lachs, manchmal auch Garnelen, dazu dann Karotten, Avocado, Gurke, Edamame (junge Sojabohnen), Kiwi, Mango oder Erdbeeren. Es folgen eine Sauce – gerne in exotischen Geschmacks­richtungen wie Weißer Pfirsich-Wasabi oder Ananas-Mayo – und ein knuspriges Topping, beispielsw­eise Sonnenblum­enkerne oder geröstete Algen. Eine Bowl kostet meist zwischen neun und 13 Euro. Im Idealfall erwartet den Esser ein sättigende­s, aber leichtes und vor allem frisches Gericht, bei dem jede Gabel anders schmeckt. Poke Bowls leben von unterschie­dlichen Konsistenz­en und Aromen, die sich nie ganz verbinden – auch wenn die Zutaten in der Schüssel vor dem Essen leicht durchgemis­cht werden.

Abwechslun­g und Individual­ität seien das Geheimnis von Poke, glaubt auch Mario Robert. „Man kann sich bei uns jeden Tag eine andere Bowl zusammenst­ellen“, sagt der Geschäftsf­ührer von Aloha Poke im Düsseldorf­er Stadtteil Unterbilk. Erstes Gericht auf der Speisekart­e dort: eine Bowl namens „Mischpoke“, mit Thunfisch, Lachs, Shrimps, Avocado-Creme, Mango, Edamame, Röstzwiebe­ln, Gojibeeren und Sesam, dazu eine Erdnuss-Koriander-Sauce. Wie authentisc­h hawaiianis­ch ist diese Kombinatio­n eigentlich? Sehr, sagt Robert. Die Franchiseg­eber aus München hätten das Konzept direkt aus der dreimonati­gen Elternzeit in Hawaii mitgebrach­t, man könne Poke genau so auch auf den Inseln genießen. Thunfischs­alat „Wenn man das Wort Poke hört, denkt man vermutlich an diese Sorte“, schreibt Martha Cheng in „The Poke Cookbook“(bisher nur auf Englisch erhältlich). „Ahi“ist das hawaiianis­che Wort für Thunfisch. Zur Zubereitun­g braucht man nur ein scharfes Messer und eine mittelgroß­e Schüssel. Zutaten 500 Gramm Thunfisch in Sushi-Qualität, 125 Gramm mög-

Nun ja. „Ich benutze eigentlich ungern Etiketten wie ,authentisc­h’, wenn es ums Essen geht“, sagt Martha Cheng. „Aber so etwas würde man hier niemals finden.“Cheng ist Ex-Köchin, Food-Journalist­in und hat ein Kochbuch über Poke geschriebe­n. Sie stammt aus San Francisco und lebt seit vielen Jahren in Honolulu. „Auf Hawaii verstehen wir unter Poke normalerwe­ise eine Art Salat aus gewürfelte­m rohen Fisch“, erklärt sie. „In der Regel besteht er aus Ahi, also Thunfisch, dünn geschnitte­nen Zwiebeln, Frühlingsz­wiebeln, Sojasauce und Sesamöl.“Mittlerwei­le gebe es aber auch viele Variatione­n auf das Thema: unterschie­dliche Dressings, ge- lichst milde weiße Zwiebel, 150 Gramm des grünen Teils von Frühlingsz­wiebeln, zwei Esslöffel Sojasauce plus mehr zum Abschmecke­n, ein Teelöffel Sesamöl, ein halber Teelöffel Sambal Oelek oder andere scharfe Chili-Sauce Zubereitun­g Den Fisch in grobe Würfel mit etwa anderthalb Zentimeter Kantenläng­e schneiden. Zwiebeln und Frühlingsz­wiebeln in feine Streifen schneiden. Sanft mit den anderen Zutaten vermischen und mit Sojasauce abschmecke­n. Möglichst bald servieren. garte Meeresfrüc­hte oder statt Fisch gewürfelte­s Huhn oder Gemüse. Nur sehr selten werde Poke als Bowlgerich­t serviert, dann normalerwe­ise nur mit Reis, sagt Martha Cheng. „Wir kaufen Poke meistens pfundweise im Supermarkt oder Fischladen und essen es als Vorspeise oder Snack, wie Amerikaner Chips und Salsa essen.“Für sie sei Poke so etwas wie der Hamburger Hawaiis: „Es ist allgegenwä­rtig, und es gibt viele verschiede­ne Varianten.“

Vom Snack, den Fischer direkt am Strand zubereitet­en, indem sie den frischen Fang würfelten und mit Meersalz, getrocknet­en Algen und gerösteten Kukuinüsse­n würzten, hat Poke sich mit jeder Einwanderu­ngswelle nach Hawaii weiterentw­ickelt: „Die Asiaten brachten Sojasauce, Sesamöl und Frühlingsz­wiebeln, die Festland-Amerikaner Gemüsezwie­beln und Chilis“, sagt Cheng. Inzwischen gebe es auf Hawaii auch Poke mit koreanisch­em Kimchi, japanische­m Wasabi und chinesisch­er Austernsau­ce.

Als kulinarisc­hes Konzept ist Poke also erwiesener­maßen dehnbar. Was auf dem US-amerikanis­chen Festland als Poke verkauft wird, treibt Kennern trotzdem die Tränen in die Augen. Das Internet ist voller Hasstirade­n: „Die ruinieren Poke“, beklagte kürzlich wieder eine Kolumnisti­n der „Washington Post“. Mais, Grünkohl, Low-Carb-Pasta, Nachos wanderten in die Schüssel und würden dann noch mit Mayonnaise überzogen. Als schlimmste Beleidigun­g empfinden gebürtige Hawaiianer, wenn Ananas neben dem Thunfisch landet – die kulinarisc­hen Wunden, die Pizza Hawaii geschlagen hat, sind nie geheilt. Mehr Mut zum Originalre­zept wäre wünschensw­ert – auch hierzuland­e.

Shoyu ’Ahi: Poke wie auf Hawaii genießen

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FOTO: THINKSTOCK Für Hawaiianer ist die Poke Bowl wie ein Hamburger – sie ist allgegenwä­rtig und in vielen Variatione­n denkbar.

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