Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

In zehn Minuten zum Traumjob

- VON DANIEL SCHRADER UND ANDREAS BRETZ

180 Unternehme­n sind zum Speed-Dating der IHK gekommen, um potenziell­e Auszubilde­nde zu finden. Ein deutlich größeres Aufgebot als noch im vergangene­n Jahr. Das zeige die Not der Unternehme­n, Fachkräfte zu finden.

Eine Gruppe Jugendlich­er wartet angespannt in der Vorhalle auf ihren Auftritt. Zehn Minuten Zeit haben sie, um ihr Gegenüber von sich zu überzeugen. Ob das eigene Talent ausreicht? Diese Situation stammt nicht aus einer Casting-Show im Fernsehen, sondern ist ein moderner Weg zur Bewältigun­g des Fachkräfte­mangels. Beim Azubi-SpeedDatin­g in der Stadthalle brachte die Industrie- und Handelskam­mer (IHK) lokale Unternehme­n mit potenziell­en Auszubilde­nden zusammen. Dabei zeigte sich, dass guter Wille noch lange nicht genug ist.

Fünf Stunden sprachen Vertreter der 180 ausstellen­den Unterneh- men mit den angereiste­n Kandidaten – ein deutlich größeres Aufgebot als noch im vergangene­n Jahr. „Das zeigt auch die Not der Unternehme­n, Fachkräfte zu gewinnen“, sagte Ulla Backes von der IHK. Gleichzeit­ig beobachtet­en viele Aussteller eine geringere Anzahl an Interessen­ten, da durch die große Zahl an ausgeschri­ebenen Stellen viele schon vorher einen Ausbildung­splatz ergattert haben. Denn das Azubi-Speed-Dating ist keine Veranstalt­ung zur Berufsorie­ntierung. Stattdesse­n geht es darum, kurzfristi­g noch für dieses Jahr Ausbildung­splätze zu vermitteln.

Ohnehin hat sich nach Beobachtun­g von Ulla Backes das Bewerbungs­verfahren im digitalen Zeitalter gewandelt. „Alles läuft heute viel schneller“, berichtete sie. Langatmige Ausschreib­ungen über ein Jahr vor Ausbildung­sbeginn würden immer seltener, stattdesse­n seien Unternehme­n immer häufiger bereit, auch kurzfristi­g Leute einzustell­en. Das Credo dahinter: Lieber lange auf den richtigen Kandidaten warten, als sich zu schnell für den falschen zu entscheide­n. Zehn Minuten bekam nun jeder interessie­rte Teilnehmer Zeit, um seinen potenziell­en Ausbilder vom eigenen Talent zu überzeugen. Danach gab es – wie bei einem Casting im Fernsehen – im besten Fall eine Karte zum „Recall“, also eine Einladung zu einem erneuten Bewerbungs­gespräch.

Das Fazit der ausstellen­den Unternehme­n fiel durchwachs­en aus. Das lag jedoch nicht an der Organisati­on der Veranstalt­ung, sondern mehr an der Qualität der Bewerber. Im Schnitt wurde nur jeder fünfte Interessen­t zu einem weiteren Bewerbungs­gespräch eingeladen. Die Gründe für das Scheitern der übrigen waren vielfältig. Einer davon war mangelndes Wissen. „Vielen Bewerbern fehlen die Grundlagen“, berichtete Manuel Vizza von Jenoptik in Monheim. Viele hätten sich auch mit schlechten Schulleist­ungen in Mathe beworben – für eine Ausbildung als Elektriker oder Fachinform­atiker keine gute Voraussetz­ung. Auch bei einem kurzen Wissenstes­t zu mathematis­chen Grundlagen hätten viele nur mäßig abgeschnit­ten. Der Elektronik­Dienstleis­ter Coronex aus Ratingen beobachtet­e zudem eine mangelnde Vorbereitu­ng. „Viele haben sich mit den angebotene­n Berufen sowie dem Unternehme­n nicht auseinande­rgesetzt“, sagte Mareike Seggewiße. Ein ähnliches Fazit zog auch Benjamin Weitz von der Cocktailba­r Sausalitos. So manche Bewerber hätten falsche Vorstellun­gen von der Tätigkeit. „Manchmal werde ich gefragt, ob man in der Bar auch am Wochenende arbeiten müsse“, erzählte er.

Dennoch fanden die Aussteller auch einige geeignete Kandidaten, mit denen im besten Fall bald ein Ausbildung­svertrag unterzeich­net werden kann. Das Fazit ist somit durchaus gemischt. „Ich komme auf jeden Fall gerne wieder zum AzubiSpeed-Dating“, sagte Weitz.

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Benjamin Weitz befragte für die Cocktailba­r Sausalitos die interessie­rten Bewerber.
 ??  ?? Für den Elektronik-Dienstleis­ter Coronex suchten Mareike Seggewiße und Dieter Funke nach geeigneten Auszubilde­nden.
Für den Elektronik-Dienstleis­ter Coronex suchten Mareike Seggewiße und Dieter Funke nach geeigneten Auszubilde­nden.
 ??  ?? Manuel Vizza und Annika Pieck sprachen am Stand des Technologi­ekonzerns Jenoptik mit Bewerbern.
Manuel Vizza und Annika Pieck sprachen am Stand des Technologi­ekonzerns Jenoptik mit Bewerbern.

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