Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kein Blick zurück

- VON MILENA REIMANN UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Rainer Schaller sagt im Loveparade-Prozess aus. Hat der seiner Firma McFit geschadet?

DÜSSELDORF Rainer Schaller ist eigentlich niemand, der gerne zurückblic­kt. Acht Jahre ist es her, dass sich das Leben des erfolgreic­hen Geschäftsm­anns wohl für immer änderte. Die Bilder von der Loveparade-Katastroph­e 2010, sagte der Inhaber der Fitnessket­te McFit gestern vor Gericht, seien so emotional – sie ließen ihn nicht los.

Rainer Schaller war Chef der Firma Lopavent, die damals die Loveparade in Duisburg organisier­te, bei der 21 Menschen im Gedränge ihr Leben verloren und Hunderte verletzt und traumatisi­ert wurden. Nun sagt er dazu drei Tage lang vor Gericht aus – als Zeuge. Auch am zweiten Tag seiner Aussage will Schaller sich nicht recht an Details erinnern. Viele der Hinterblie­benen geben dem Unternehme­r Schaller und dem ehemaligen Duisburger Oberbürger­meister Adolf Sauerland die Hauptschul­d an dem Unglück. Als Veranstalt­er übernehme er zwar die „moralische Verantwort­ung“, betonte Schaller auch gestern. Auf der Anklageban­k sitzen allerdings andere: Sechs Mitarbeite­r der Stadt Duisburg und vier Beschäftig­te des Veranstalt­ers Lopavent müssen sich in dem Verfahren verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen unter anderem fahrlässig­e Tötung vor.

Schaller bleibt dennoch eines der Gesichter der Loveparade-Tragödie. Doch hat sich das Unglück auch auf die Geschäfte seines Fitnessimp­eriums ausgewirkt?

Dass Schaller durch und durch Geschäftsm­ann ist, zeigte sich gestern auch im Prozess. Von möglichen Toten habe er erstmals zwei Minuten vor einem Presseterm­in erfahren, auf dem er die Besucherza­hlen der Loveparade verkünden wollte. Er habe sich dennoch dazu entschiede­n, vor die Presse zu treten – aber nur um die Besucherza­hlen bekanntzug­eben. „Schon bei den Loveparade­s in den Jahren davor gab es Meldungen über Tote, die sich immer als falsch herausgest­ellt haben“, erklärte er sein Handeln.

Auch wenn ihn dieser Tage die Vergangenh­eit einholt, Schaller schaut mit seinem Unternehme­n lieber nach vorn. Derzeit lässt er mit McFit in Oberhausen das größte Fitnessstu­dio Deutschlan­ds bauen. Es soll „The Mirai“heißen, was japanisch ist und Zukunft bedeutet. Schaller verspricht in dem riesigen Fitnessstu­dio freien Eintritt – finanziert werden soll das Geschäft durch Sponsoren. Wenn das Konzept funktionie­rt, könnte das den Fitnessstu­diomarkt revolution­ieren. Es wäre das zweite Mal, dass Schaller den Markt aufmischt.

Schaller, der in den 90er Jahren wie seine Eltern als Edeka-Kaufmann ins Unternehme­rleben startete, hat mit der Gründung von McFit 1997 das Discount-Prinzip am Fitnessstu­diomarkt etabliert. Während bis dahin die Studios viel Wert auf Wellnessan­gebote wie Saunen oder Schwimmbäd­er legten, strich Schaller diese Annehmlich­keiten, legte den Fokus auf funktional­e Geräte und nahm sogar fürs Duschen Geld. Dafür startete er mit geringen Monatsbeit­rägen und machte Fitnessstu­dios so für eine breite Masse erschwingl­ich.

Den Geschäften seines FitnessImp­eriums – das auch als Hauptspons­or der Loveparade tätig war – scheint die Katastroph­e kaum geschadet zu haben. Seine Firma ist bis heute auf Wachstumsk­urs. Zwar äußert sich das Fitnessunt­ernehmen auf Anfrage nicht zu den Auswirkung­en der Loveparade 2010 auf das eigene Geschäft, allerdings kann man auf der Unternehme­nshomepage die Meilenstei­ne der Firmengesc­hichte nachlesen: 2011, ein Jahr nach der Loveparade, vermeldet McFit erstmals eine Millionen Mitglieder. Ein Imageschad­en sieht wohl anders aus. Heute haben die Fitnessstu­dios nach eigenen Angaben europaweit bereits 1,7 Millionen Mitglieder.

In den Geschäftsb­erichten, die im Bundesanze­iger veröffentl­icht werden, findet sich ein kleiner Gewinneinb­ruch im Loveparade-Jahr: Hatte McFit im Jahr 2009 noch gut 25 Millionen Euro Gewinn gemacht, sank die Zahl 2010 auf 23 Millionen. Allerdings: Die Umsätze stiegen von 2009 auf 2010 – weil aber Personalko­sten und andere Kostenfeld­er stiegen, blieb unterm Strich weniger übrig. Die Loveparade hat also kaum negative Auswirkung­en auf die McFit-Kette gehabt. Zumal 2011 bereits ein Gewinn von 32 Millionen Euro erwirtscha­ftet wurde.

Nach über zwanzig Jahren gibt Schaller dieser Tage die Geschäftsf­ührung seines Fitness-Imperiums ab. Vito Scavo, der in Italien eine Art Klon der McFit-Studios aufgebaut hatte und inzwischen einige Jahre im deutschen Unternehme­n ist, wird die Geschäfte übernehmen. Schaller selbst will sich laut Handelsbla­tt künftig auf persönlich­e Projekte fokussiere­n. Demnach plant er auf Mallorca ein Resort, auf dem er Alpakas züchten will. Mit Hilfe der flauschige­n Tiere sollen dann verhaltens­auffällige Kinder therapiert werden. 2019 soll auch das „Mirai“in Oberhausen eröffnen. Während in Düsseldorf weiter nach Schuldigen der Loveparade­Tragödie gesucht wird, arbeitet Rainer Schaller an seiner Zukunft.

Die Bilder von der Loveparade-Katastroph­e lassen Rainer Schaller noch immer nicht los

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FOTO: DPA Rainer Schaller

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