Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Kein Blick zurück
Rainer Schaller sagt im Loveparade-Prozess aus. Hat der seiner Firma McFit geschadet?
DÜSSELDORF Rainer Schaller ist eigentlich niemand, der gerne zurückblickt. Acht Jahre ist es her, dass sich das Leben des erfolgreichen Geschäftsmanns wohl für immer änderte. Die Bilder von der Loveparade-Katastrophe 2010, sagte der Inhaber der Fitnesskette McFit gestern vor Gericht, seien so emotional – sie ließen ihn nicht los.
Rainer Schaller war Chef der Firma Lopavent, die damals die Loveparade in Duisburg organisierte, bei der 21 Menschen im Gedränge ihr Leben verloren und Hunderte verletzt und traumatisiert wurden. Nun sagt er dazu drei Tage lang vor Gericht aus – als Zeuge. Auch am zweiten Tag seiner Aussage will Schaller sich nicht recht an Details erinnern. Viele der Hinterbliebenen geben dem Unternehmer Schaller und dem ehemaligen Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland die Hauptschuld an dem Unglück. Als Veranstalter übernehme er zwar die „moralische Verantwortung“, betonte Schaller auch gestern. Auf der Anklagebank sitzen allerdings andere: Sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg und vier Beschäftigte des Veranstalters Lopavent müssen sich in dem Verfahren verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen unter anderem fahrlässige Tötung vor.
Schaller bleibt dennoch eines der Gesichter der Loveparade-Tragödie. Doch hat sich das Unglück auch auf die Geschäfte seines Fitnessimperiums ausgewirkt?
Dass Schaller durch und durch Geschäftsmann ist, zeigte sich gestern auch im Prozess. Von möglichen Toten habe er erstmals zwei Minuten vor einem Pressetermin erfahren, auf dem er die Besucherzahlen der Loveparade verkünden wollte. Er habe sich dennoch dazu entschieden, vor die Presse zu treten – aber nur um die Besucherzahlen bekanntzugeben. „Schon bei den Loveparades in den Jahren davor gab es Meldungen über Tote, die sich immer als falsch herausgestellt haben“, erklärte er sein Handeln.
Auch wenn ihn dieser Tage die Vergangenheit einholt, Schaller schaut mit seinem Unternehmen lieber nach vorn. Derzeit lässt er mit McFit in Oberhausen das größte Fitnessstudio Deutschlands bauen. Es soll „The Mirai“heißen, was japanisch ist und Zukunft bedeutet. Schaller verspricht in dem riesigen Fitnessstudio freien Eintritt – finanziert werden soll das Geschäft durch Sponsoren. Wenn das Konzept funktioniert, könnte das den Fitnessstudiomarkt revolutionieren. Es wäre das zweite Mal, dass Schaller den Markt aufmischt.
Schaller, der in den 90er Jahren wie seine Eltern als Edeka-Kaufmann ins Unternehmerleben startete, hat mit der Gründung von McFit 1997 das Discount-Prinzip am Fitnessstudiomarkt etabliert. Während bis dahin die Studios viel Wert auf Wellnessangebote wie Saunen oder Schwimmbäder legten, strich Schaller diese Annehmlichkeiten, legte den Fokus auf funktionale Geräte und nahm sogar fürs Duschen Geld. Dafür startete er mit geringen Monatsbeiträgen und machte Fitnessstudios so für eine breite Masse erschwinglich.
Den Geschäften seines FitnessImperiums – das auch als Hauptsponsor der Loveparade tätig war – scheint die Katastrophe kaum geschadet zu haben. Seine Firma ist bis heute auf Wachstumskurs. Zwar äußert sich das Fitnessunternehmen auf Anfrage nicht zu den Auswirkungen der Loveparade 2010 auf das eigene Geschäft, allerdings kann man auf der Unternehmenshomepage die Meilensteine der Firmengeschichte nachlesen: 2011, ein Jahr nach der Loveparade, vermeldet McFit erstmals eine Millionen Mitglieder. Ein Imageschaden sieht wohl anders aus. Heute haben die Fitnessstudios nach eigenen Angaben europaweit bereits 1,7 Millionen Mitglieder.
In den Geschäftsberichten, die im Bundesanzeiger veröffentlicht werden, findet sich ein kleiner Gewinneinbruch im Loveparade-Jahr: Hatte McFit im Jahr 2009 noch gut 25 Millionen Euro Gewinn gemacht, sank die Zahl 2010 auf 23 Millionen. Allerdings: Die Umsätze stiegen von 2009 auf 2010 – weil aber Personalkosten und andere Kostenfelder stiegen, blieb unterm Strich weniger übrig. Die Loveparade hat also kaum negative Auswirkungen auf die McFit-Kette gehabt. Zumal 2011 bereits ein Gewinn von 32 Millionen Euro erwirtschaftet wurde.
Nach über zwanzig Jahren gibt Schaller dieser Tage die Geschäftsführung seines Fitness-Imperiums ab. Vito Scavo, der in Italien eine Art Klon der McFit-Studios aufgebaut hatte und inzwischen einige Jahre im deutschen Unternehmen ist, wird die Geschäfte übernehmen. Schaller selbst will sich laut Handelsblatt künftig auf persönliche Projekte fokussieren. Demnach plant er auf Mallorca ein Resort, auf dem er Alpakas züchten will. Mit Hilfe der flauschigen Tiere sollen dann verhaltensauffällige Kinder therapiert werden. 2019 soll auch das „Mirai“in Oberhausen eröffnen. Während in Düsseldorf weiter nach Schuldigen der LoveparadeTragödie gesucht wird, arbeitet Rainer Schaller an seiner Zukunft.
Die Bilder von der Loveparade-Katastrophe lassen Rainer Schaller noch immer nicht los