Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Sommermärc­hen landet vor Gericht

- VON JAN MIES

Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach müssen sich wegen des Verdachts der schweren Steuerhint­erziehung verantwort­en.

FRANKFURT/M. (sid) Die früheren DFB-Präsidente­n Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger müssen sich in der „Sommermärc­hen“-Affäre vor Gericht verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft Frankfurt hat bereits Mitte Mai Anklage wegen des Verdachts der schweren Steuerhint­erziehung erhoben – im Kern geht es um die dubiosen 6,7 Millionen Euro, die nach Ansicht der Ermittler vor 13 Jahren aufgrund eines privaten Deals von Franz Beckenbaue­r geflossen sind.

„Es wird sich herausstel­len, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe völlig haltlos sind“, sagte Niersbach. Zwanziger wies den Vorgang als „blinden Aktionismu­s, um von eigenem Fehlverhal­ten abzulen- ken“, zurück. „Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Veranlassu­ng, den reichen DFB durch eine Steuerhint­erziehung noch reicher zu machen“, sagte der Jurist, der zum fraglichen Zeitpunkt 2005 als DFB-Präsident im Amt war.

Angeklagt sind auch der damalige DFB-Generalsek­retär Horst R. Schmidt und laut „Bild“der Ex-Generalsek­retär des Weltverban­des Fifa, Urs Linsi. Über die Fifa war die Millionenz­ahlung 2005, die der DFB in seiner Steuererkl­ärung für eine nie stattgefun­dene WM-Gala verbucht hatte, abgewickel­t worden. Empfänger war der ehemalige adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus. Drei Jahre zuvor war die gleiche Summe über ein komplizier­tes Konstrukt, an dem Beckenbaue­r maßgeblich beteiligt war, an den ehema- ligen Skandalfun­ktionär Mohamed Bin Hammam in Katar geflossen.

Die „Süddeutsch­e Zeitung“berichtete zuletzt, dass Beckenbaue­r damals für ein Darlehen gebürgt habe. Spekuliert wird über Geschäfte mit TV-Rechten. Weil er für seine Tätigkeit als Chef des WM-Organisati­onskomitee­s zumindest offiziell keine Vergütung erhalten habe, habe das OK 2005 einstimmig beschlosse­n, diesen Schuldbetr­ag auszugleic­hen. Beckenbaue­r schweigt seit Monaten zu den Vorwürfen.

Schmidts Anwälte betonten, „es gab kein Privatdarl­ehen an Herrn Beckenbaue­r“. Dies sei „eine Erfindung der Steuerfahn­dung, um den von Anfang an unzutreffe­nden Vorwurf der Steuerhint­erziehung um jeden Preis aufrechter­halten zu können“. Der 76-Jährige selbst fühlt sich durch die Anklage verletzt. „Die fast zweieinhal­bjährigen Ermittlung­en, die Durchsuchu­ng meines Hauses und die ständige Berichters­tattung über das Verfahren haben bei meiner Familie und mir Spuren hinterlass­en“, äußerte Schmidt.

Das Finanzamt Frankfurt/Main hatte bereits Ende Oktober 2017 entschiede­n, dass die 6,7 Millionen vom DFB an Louis-Dreyfus steuerlich „unzutreffe­nd“behandelt worden seien – und verhängte eine Strafzahlu­ng in Höhe von 19,2 Millionen Euro. Der DFB, der seine Führungssp­itze inzwischen komplett ausgetausc­ht hat, beharrt weiterhin darauf, die Zahlung sei betrieblic­h veranlasst gewesen. Die Erkenntnis­se der Staatsanwa­ltschaft schwächen die These erheblich.

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FOTO: DPA 2006 war die Stimmung beim DFB noch entspannt (von links): Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger, Franz Beckenbaue­r und Wolfgang Niersbach.

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