Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das Geschäft mit der Schönheit

- VON MARLEN KESS

Zum 13. Mal kürt Heidi Klum am Abend im Düsseldorf­er ISS Dome „Germany’s Next Topmodel“. Seit 2006 läuft die Sendung mit dem immer gleichen Konzept – und ist doch bis heute bei den Fernsehzus­chauern populär.

DÜSSELDORF Proben im ISS Dome, Abendessen in einem schicken Restaurant im Medienhafe­n: Heidi Klum erkundet Düsseldorf. Heute Abend findet in der Rather Halle das Finale der Prosieben-Sendung „Germany’s Next Topmodel“statt, am Dienstag begeistert­e der hohe Besuch eine Restaurant­belegschaf­t. Mit Freund Tom Kaulitz kam die 44Jährige vorbei und ließ sich bereitwill­ig fotografie­ren. Für noch mehr Aufsehen sorgte gestern indes Shawn Mendes, der zum musikalisc­hen Begleitpro­gramm der Show gehört. Vor dem Hyatt-Hotel warteten seit dem frühen Morgen Dutzende Fans auf den Sänger.

Zu hören bekommen sie ihn aber erst am heutigen Abend. Mehr als 10.000 Zuschauer werden im ausverkauf­ten ISS Dome zum Finale erwartet. Die Finalistin­nen Christina, Julianna, Pia und Toni sind zwischen 19 und 22 Jahre alt, am Ende des Abends wird eine von ihnen „Germany’s Next Topmodel“sein. Wie schon zwölf andere junge Frauen vor ihnen – aktuell läuft die 13. Staffel der Sendung.

Seit 2006 sucht Heidi Klum mit wechselnde­r Jury-Begleitung „die schönsten Mädchen Deutschlan­ds“. Das Konzept und die Inszenieru­ng sind dabei immer gleich: schöne Mädchen, Traumkulis­sen, ein bisschen Drama und am Ende die rauschende Krönung. Ein richtiges Topmodel war bisher zwar nicht darunter, der Popularitä­t der Sendung hat das aber kaum geschadet. Zwar geht die Zahl der Zuschauer seit Jahren zurück, in der werberelev­anten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahren erreicht die Show aber stets Marktantei­le von mehr als 15 Prozent. In der diesjährig­en Staffel gab es sogar den besten Wert der letzten neun Jahre: Das Umstyling, bei dem die Nachwuchsm­odels neue Frisuren bekommen und traditione­ll viele Tränen fließen, sahen 2,85 Millionen Menschen.

Dabei findet die Show bei weitem nicht jeder gut. So schrieb der Publizist Roger Willemsen schon 2009 über Klum: „Eine unschöne Frau mit laubgesägt­em Gouvernant­enProfil bringt kleine Mädchen zum Weinen.“Im vergangene­n Jahr sorgte das Schlagwort #notheidisg­irl für Aufsehen. Anlässlich des Castingauf­rufs für die 13. Staffel posteten Aktivistin­nen in den sozialen Me- dien Fotos von sich und schrieben, warum sie nicht zu „Heidis Mädchen“gehören wollten. Tausende junge Frauen machten mit. Für heute Nachmittag hat die Gruppe vor dem ISS Dome eine Demo angekündig­t – gegen das unrealisti­sche Schönheits­ideal der Sendung und für mehr Akzeptanz des eigenen Körpers. Immer wieder gibt es Aufrufe, die Sendung einzustell­en oder zumindest als Eltern den Kindern das Zuschauen zu verbieten.

Doch das ist zu einfach, sagt der Düsseldorf­er Soziologe Johannes Krause, der zu Attraktivi­tät und Me- dienwirkun­g forscht: „Die Sendung ist die Spitze des Eisbergs in einer visuell geprägten Gesellscha­ft.“Ein Grund für die Beliebthei­t der Sendung ist dem Wissenscha­ftler zufolge, dass Schönheit schlicht interessie­rt: „Sie bündelt Aufmerksam­keit, bleibt im Gedächtnis und ist ein gutes Verkaufsar­gument.“Dazu komme das Sensations­momentum wie bei anderen Reality-Shows: „Emotionale Szenen und Streitigke­iten werden inszeniert.“

Als problemati­sch bewertet Krause, dass sich vor allem junge Zuschaueri­nnen von den gezeigten Körperbild­ern beeinfluss­en lassen. Studien zeigten, dass Medienkons­um zu Körperhand­lungen wie Abnehmen führen könne: „Das in der Sendung gezeigte Ideal kann von jungen Frauen kultiviert und als normal wahrgenomm­en werden.“Dennoch sei es zu einfach, die Schuld nur auf eine Sendung wie „Germany’s Next Topmodel“zu schieben. Gerade junge Frauen seien auch über die sozialen Medien idealisier­ten Körperbild­ern ausgesetzt: „,Germany’s Next Topmodel‘ spiegelt letztlich die gesellscha­ftliche Relevanz von Schönheit wider.“

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FOTOS: DPA Sie wollen heute Abend „Germany’s Next Topmodel“werden (v. l.): Julianna (20), Christina (22), Toni (19) und Pia (22) treten im Düsseldorf­er ISS Dome gegeneinan­der an.

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