Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Düsseldorfs Mittelstand sucht Alternativen zum Bankkredit
Factoring, der Verkauf von Forderungen, wird bei Düsseldorfs Firmen immer beliebter. Der Markt wächst zweistellig – pro Jahr.
Warum ist Factoring in Deutschland weniger verbreitet? Einst hatte der Verkauf von Forderungen gegenüber Kunden an eine andere Firma oder Bank unter Kaufleuten einen schwierigen Ruf. Wer das Instrument nutzte, riskierte es, dass seine Bonität in Frage gestellt wurde. Denn man vermutete, dass der Forderungsverkauf das letzte Mittel war, um die Liquidität im Unternehmen noch aufrechtzuerhalten. Was ist Factoring? Unter Factoring versteht man einen Verkauf von Forderungen. Factoring unterscheidet sich von der klassischen Forfaitierung dadurch, dass in der Regel alle Forderungen an die Factoringgesellschaft abgetreten werden, und nicht nur einige wenige, meist besonders große. Am Tag der Rechnungsstellung schickt der Kunde eine Kopie der Rechnung an die Factoringgesellschaft. Dieses zahlt dann sofort 90 Prozent der Summe aus. Wenn dann nach 30 oder 60 oder 90 Tagen der Belieferte die Rechnung an die Factoring-Firma begleicht, zahlt dieses die restlichen zehn Prozent aus. Wer trägt die Risiken? Es gibt Varianten, in denen das Unternehmen das Risiko eines Ausfalls trägt, und solche, in denen dies die Factoringfirma trägt. Das nennt man dann „echtes Factoring“. Während das unechte Factoring nur von Banken angeboten wird, wird das echte auch von reinen Factoringgesellschaften betrieben. Diese sind fle- xibler, weil sie nicht der Bankenregulierung unterliegen. Wie hoch sind die Kosten? Die Factoringfirma stellt seinen Kunden für die Risikoübernahme und das Eintreiben der Forderung eine Gebühr in Rechnung. Dieses liegt im niedrigen einstelligen Prozentbereich, abhängig von Risiko und Zinsniveau. Ist Düsseldorf eine Factoring-Hochburg? Im zurückliegenden Jahrzehnt hat sich die NRW-Landeshauptstadt dazu entwickelt. „Das liegt vor allem an der Lage Düsseldorfs in der wirtschaftsstärksten Region Deutschlands. Hier kann man in einer Autostunde Hunderte Kunden erreichen, in Berlin geht das nicht“, sagt Andreas Dehlzeit, Chef der Factoringgesellschaft Bibby mit Sitz an der Hansaallee. Vor zehn Jahren gründete das britische Unternehmen die Düsseldorfer Niederlassung, wo heute fast 40 Mitarbeiter arbeiten. Weitere Niederlassungen in Hamburg und München folgen bald. Warum ist Düsseldorf eine Factoring-Hochburg? Factoring ist vor allem für bestimmte Branchen attrak- tiv. Dazu zählt neben dem Transportgewerbe die Zeitarbeitsbranche. Diese ist in Düsseldorf besonders ausgeprägt. Factoring lohnt sich für diese Branchen sehr, weil Benzin für Fahrzeuge oder Gehälter in der Regel sofort bezahlt werden, die Kundenfirma aber meist erst nach 60 Tagen überweist. „Zur Überbrückung dieser Lücke ist Factoring ideal“, sagt Bibby. Wie schnell wächst die Branche? Heute werden jährlich 230 Milliarden Euro an Factoring-Geschäften in Deutschland gemacht, 7,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Bibby allein etwa wuchs in Düsseldorf in den vergangenen Jahren um 30 Prozent per Jahr, der Markt im Raum Düsseldorf um mehr als 15 Prozent.