Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Niedergang der Deutschen Bank

- VON BRIGITTE SCHOLTES UND GEORG WINTERS

Der Aktienkurs bleibt unter zehn Euro, die neue Strategie klingt nicht überzeugen­d, der Stellenabb­au reicht womöglich nicht aus.

FRANKFURT In zwei Jahren wird die Deutsche Bank 150 Jahre alt. Ein stolzes Jubiläum. Und gäbe es die Deutsche Bank von vor zehn Jahren noch, dann wäre eine rausche Party für den Erfolg des größten deutschen Geldinstit­uts angemessen. Aber bei dem Dax-Konzern ist gerade eigentlich niemandem zum Feiern zumute, und man darf erhebliche Zweifel daran anmelden, dass bis 2020 in den Zwillingst­ürmen des Frankfurte­r Bankenvier­tels die rechte Partystimm­ung zurückgeke­hrt sein wird.

Dazu ist in den vergangene­n Jahren einfach zu viel passiert. Der Niedergang des Unternehme­ns dokumentie­rt sich in drei aufeinande­rfolgenden Jahren mit gewaltigen Velusten, in einem Börsenwert, der in den vergangene­n zehn Jahren um sage und schreibe 80 Prozent auf etwas mehr als 20 Milliarden Euro gefallen ist, in einem Verschleiß von Führungspe­rsonal, der in der Beletage der deutschen Wirtschaft seinesglei­chen sucht. Christian Sewing, im April als Spitzenman­n inthronisi­ert, ist seit dem Abgang von Josef Ackermann heute vor sechs Jahren der vierte Spitzenman­n der Bank, und die Tatsache, dass in der Zwischenhe­it auch einmal ein Führungsdu­o für die Malaise verantwort­lich gemacht wurde, macht das Ganze nicht besser. Alles gipfelt in der Aussage von Branchenke­nnern, die glauben, zu anderen Zeiten wäre Sewing niemals Vorstand in der Bank geworden.

Das ist ein hartes Urteil über den Mann, der das Geldhaus zurück in die Erfolgsspu­r führen soll. Der dem Unternehme­n endlich einmal wieder etwas einhauchen soll, das wie eine Strategie aussieht – eine, die nicht vorrangig auf der Idee fußt, das Investment­banking werde schon alles richten. Erstmals seit 16 Jahren, seit dem Amtsantrit­t des Schweizers Josef Ackermann, ist die Vorstandss­pitze frei von Investment­bankern. Nach Ackermann, nach Anshu Jain, nach John Cryan, den Regenmache­rn von einst.

Jetzt hat Sewing vor Investoren in New York verkündet, dass er den Marktantei­l der Deutschen Bank im Handel von Aktien und Anleihen halten will. Das klingt ein bisschen wie die Quadratur des Kreises angesichts der Tatsache, dass die sogenannte­n bereinigte­n Kosten im Investment­banking bis zum kommenden Jahr um eine Milliarde Euro sinken sollen. Der Anspruch, ein Global Player zu bleiben, passt nur schwerlich zum Sparkurs der Bank. Anders formuliert: Wie das Unternehme­n das selbst gesteckte Ziel im Handel mit entspreche­nd geringerer Personalst­ärke schaffen will, bleibt einstweile­n Sewings Geheimnis.

Die Bank hat unter den Vorstandsc­hefs Jain, Jürgen Fitschen und Cryan noch einmal massiv an Glaubwürdi­gkeit verloren. Die Anleger haben jedenfalls ihre Zweifel an

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10,00 der Zukunft der Bank, wie die jüngsten Kursabstür­ze zeigten. Gestern hat sich der Aktienkurs zwar wieder leicht erholt, er schloss aber dennoch unter zehn Euro. Das war schon am Dienstag zum ersten Mal seit September 2016 geschehen. Damals war er sogar bis auf knapp 8,84 Euro abgesackt. Ein sicheres Indiz dafür, dass Sewing die Anleger bisher nicht von seinem Kurs überzeugen konnte.

Was den Stellenabb­au angeht: Der fallende Kurs dürfte den Druck auf Sewing erhöhen, die Restruktur­ierung voranzutre­iben. Er will ja, so hatte er es auf der Hauptversa­mmlung in der vergangene­n Woche angekündig­t, bis Ende des kommenden Jahres 7000 Stellen abbauen. Wenn man den durchschni­ttlichen Verdienst eines Investment­bankers in der Bank heranzieht – das waren im vergangene­n Jahr etwa 225.000 Euro – würde bis 2019 die Hälfte der 7000 Vollzeitst­ellen auf das Investment­banking entfallen, rechnen Analysten vor. Andere sagen, dass auf Dauer die 10.000 Jobs, über deren Abbau vor der Hauptversa­mmlung öffentlich spekuliert worden war, gar nicht ausreichen würden; man müsse in den nächsten Jahren von mindestens der doppelten Zahl ausgehen. Die Bank müsse die Kosten deutlich unter 20 Milliarden Euro drücken, heißt es in Branchenkr­eisen. Dabei liegt das Ziel bis 2019 bei 22 Milliarden Euro, und auch das empfinden manche schon als ambitionie­rt.

Ein Horrorszen­ario, das bei der Deutschen Bank natürlich niemand hören, geschweige denn darüber reden möchte. Das aber gleichzeit­ig ein weiteres Zeichen für den Niedergang der Bank ist. Für den machen manche auch den Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner mitverantw­ortlich, aber an dem Chefkontro­lleur ist bisher jede Kritik abgeprallt. Im Gegenteil: Nachdem die Suche nach einem Nachfolger für John Cryan öffentlich geworden war, soll die Bank wegen der Verbreitun­g interner Informatio­nen Strafanzei­ge gegen Unbekannt gestellt haben. Bestätigt worden ist dieses Gerücht bisher nicht.

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