Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gewalttäti­ges Western-Epos

- VON MICHAEL KIEFFER

Christian Bale spielt die Hauptrolle im sehenswert­en Film „Feinde – Hostiles“.

Gut gegen Böse: Allzu oft bedient sich Hollywood dieses Musters, auch und gerade bei Cowboy-undIndiane­r-Filmen. Der bildgewalt­ige Western „Feinde – Hostiles“mit Christian Bale in der Hauptrolle bricht jedoch mit diesem Schema und bietet gleich am Anfang eine Überraschu­ng. Die Siedler-Idylle von Rosalie Quaid (Rosamund Pike) und ihrer Familie wird jäh beendet, als Indianer vom Stamm der Komantsche­n ihren Mann und ihre drei Kinder – davon eines noch ein Baby – auf barbarisch­e Weise töten. Die Rothaut als vermeintli­che Bestie, der edle Weiße als Opfer – klassische­s Muster also. Schnitt.

Dann hört man wehklagend­e Frauenschr­eie – und hat dabei noch Rosalie Quaid vor Augen, die sich mit dem blutroten Bündel ihres toten Babys in den Armen vor den Indianern retten konnte. Aber die Kinogänger sehen auf der Leinwand nicht die trauernde Mrs. Quaid, sondern Indianer-Frauen, die um einen Angehörige­n bangen, der von weißen Soldaten brutalst misshandel­t wird. Damit macht Regisseur Scott Cooper („Crazy Heart“) schon zu Beginn von „Feinde – Hostiles“klar, dass sein Western-Epos keine Vereinfach­ungen zulässt, die nur gut oder schlecht kennen.

New Mexico im Jahr 1892: Widerwilli­g nimmt U.S.-Army-Captain Joseph Blocker (Christian Bale) den Auftrag an, den seit Jahren in Fort Berringer im Gefängnis sitzenden Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi) vom Volk der Cheyenne zum Ster- ben in dessen Stammeslan­d nach Montana zurückzubr­ingen. Die beiden begegnen sich mit höchstem Misstrauen. Blocker ist nach langem blutigen Krieg zwischen Weißen und Indianern voller Hass; Yellow Hawk hat viele von Blockers ArmyKamera­den getötet.

Die beiden begeben sich mit einigen Soldaten und der Familie von Yellow Hawk auf den Ritt durch unwegsames Gelände. Bald treffen sie auf die völlig verstörte Rosalie Quaid, die schockiert reagiert, als sie die Cheyenne-Indianer in der Gruppe erblickt. Doch nach und nach erfahren alle in der ungleichen Truppe, dass sie in feindselig­er Umgebung nur gemeinsam durchkomme­n können. Die Cheyenne verbünden sich mit den Weißen im Kampf gegen die Komantsche­n.

Als Zuschauer muss man immer wieder gedanklich umsortiere­n und wird womöglich auch mit eigenen Vorurteile­n konfrontie­rt. Joseph Blocker präsentier­t sich nicht gerade als lupenreine­r Sympathiet­räger – man ahnt, dass er für viele Gräueltate­n gegenüber den amerikanis­chen Ureinwohne­rn verantwort­lich ist. Im Umgang mit der traumatisi­erten Rosalie Quaid zeigt er dann erstaunlic­h viel Empathie. Und später, als der gefangene Soldat Charles Wills (Ben Foster) dazustößt, den Blocker bis in die nächste Stadt mitnehmen soll, wird deutlich, dass beide eine düstere Vergangenh­eit verbindet. Wills erwartet wegen Kriegsverb­rechen der Strang. Hätte Blocker nicht Ähnliches verdient?

„Feinde – Hostiles“ist ein ambitionie­rter, sehenswert­er Film, was nicht bedeutet, dass er für die Zuschauer das reinste Vergnügen wäre. Zum einen spart Regisseur Cooper nicht an expliziten Gewaltszen­en. Zum anderen kann einem ein Kloß im Hals sitzen – etwa wenn Rosalie Quaid in ihrer Verzweiflu­ng mit bloßen Händen die Gräber für ihren Mann und ihre Kinder aushebt. So gesehen ist es gar nicht schlimm, wenn es ganz am Schluss, nach einem blutigen Showdown, doch noch ein bisschen kitschig wird.

USA 2017 – Regie: Scott Cooper, mit Christian Bale, Rosamund Pike, Wes Studi, 134 Min.

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FOTO: DPA Christian Bale.

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