Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Roadmovie mit „Reichsbürg­ern“

- VON CHRISTIAN SIEBEN FOTO: DPA

Auf der Suche nach dem Mörder geht es für die Münchener Kommissare diesmal in die bayerische Provinz.

MÜNCHEN Ein junger Mann liegt mit aufgeschni­ttenen Pulsadern tot in der Badewanne. Vieles spricht für Selbstmord – wenn nicht das Messer fehlen würde. Die Münchener Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) sind erst ratlos, finden dann aber immerhin heraus, dass der Tote in Verbindung zu „Freiländer­n“stand, die in der niederbaye­rischen Provinz einen eigenen Staat gründen wollen.

Widerwilli­g machen sich die Kommissare auf den langen Weg in die Provinz, wo sie auf den rätselhaft­en „Freiland“-Anführer Ludwig Schneider (Andreas Döhler) treffen. Auf einem mit Stacheldra­ht eingezäunt­en Bauernhof lebt Schneider mit seinen Anhängern scheinbar autark und isoliert von der Außenwelt. Die Kinder werden privat unterricht­et, auf dem Acker ballern junge Männer auf leere Bierflasch­en, und in einer Art Callcenter werden notorische GEZ-Verweigere­r juristisch beraten. Schneider verweigert natürlich jegliche Kooperatio­n mit den Kommissare­n und spult die Hitparade der „Reichsbürg­er“-Szene ab.

Die Bundesrepu­blik existiere nicht, alle Personalau­sweise seien ungültig, von deutschen Beamten müsse er sich als „Freiländer“gar nichts sagen lassen. Und überhaupt seien Leitmayr und Batic dumme Marionette­n der USA und Israels. Beschützt wird Schneider von einer Schar volltätowi­erter Schläger, irgendwo zwischen Neonazi und Dorftrotte­l. Dennoch ahnen die Kommissare schnell ein mögliches Mordmotiv: Es stellt sich die Frage, auf wessen Name das Grundstück des „Freilandes“eigentlich im Grundbuch eingetrage­n ist.

Autor Holger Joos und Regisseur Andreas Kleinert ist vorzuwerfe­n, dass sie „Freies Land“mit zu vielen Handlungss­trängen und Stilmittel­n überfracht­et haben. Der Film versucht, das Phänomen „Reichsbürg­er“zu beleuchten und die Frage zu beantworte­n, wie die Gesellscha­ft mit Leuten umgeht, die man mit Fakten nicht mehr erreichen kann. Wie zum Beispiel soll ein Polizist reagieren, wenn er von gewaltbere­iten Jugendlich­en mit unsinnigen Vorwürfen provoziert und dabei mit dem Handy gefilmt wird? Zugleich erinnern viele Szenen an ein romantisch­es Roadmovie mit schöner Landschaft und zwei grauhaarig­en Kommissare­n im bajuwarisc­hen Outback, die sich wie Pennäler über die Musik im Radio streiten. Zum Abendbrot gibt es fies aussehende Currywurst mit dünner Soße aus einem dubios aussehende­n Automaten und ein paar lockere Sprüche.

Für sich genommen ist das unterhalts­am, nach einem roten Faden sucht der Zuschauer aber vergeblich. Wer am Ende der Mörder ist, dürfte so manchem Zuschauer ab 21.15 Uhr schon egal sein. Es scheint leider, als hätten die Macher irgendwo zwischen politische­r Debatte, Roadmovie-Romantik und Kumpel-Humor vergessen, welche Geschichte sie da eigentlich erzählen wollen. Schade.

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Die Kommissare Batic (Miroslav Nemec, l.) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) vor den Toren des „Freiland“-Geländes.

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