Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die vielen Gesichter des Carlsplatz­es

- VON UWE-JENS RUHNAU

Seit mehr als 100 Jahren residiert der Markt an gewohnter Stelle. Jetzt starten die Händler Planungen für eine zusätzlich­e Überdachun­g.

Der Carlsplatz hat einiges erlebt. Mit dem Niedergang der Wirtschaft während des Krieges ist ein Vergleich nicht statthaft, aber eine der härtesten Prüfungen überhaupt war für die Markthändl­er der Umzug zum Gustaf-Gründgens-Platz. Nach Ostern 1998 ging es vor das Schauspiel­haus, im Oktober dann zurück. In der sechsmonat­igen Bauzeit erhielt der zentrale Wochenmark­t die Überdachun­g, wie sie heute dort anzutreffe­n ist. Die meisten der Kaufleute machten nach deren Fertigstel­lung drei Kreuze. Denn das halbe Jahr am anderen Ort hatte reichlich Umsatz gekostet, weil viele Kunden ausgeblieb­en waren und schon die Anfahrt ein großes Problem darstellte. In den Genen der Düsseldorf­er ist schließlic­h die „Radieschen-Rallye“fest verankert: mal eben zum Carlsplatz, anhalten, einkaufen, schnell wieder weg.

Jetzt, 20 Jahre nach den Bauarbeite­n, werden wieder Pläne geschmiede­t. Die Marktgesch­äftsführun­g mit Heiner Röckrath und der Vereinsvor­stand der Markthändl­er haben bei der Versammlun­g der rund 60 Händler die Ideen für eine weitere Verschöner­ung vorgestell­t. Die Idee: Die große Freifläche zwischen den Marktgänge­n und den Glas-Pavillons soll überdacht werden. Zudem soll es an jenen Seiten, wo der Wind in die Gänge fegt, Möglichkei­ten zum Verschließ­en geben. Die Freifläche vor den Gängen soll jedoch nicht fest überdacht werden, eher geht es um eine Konstrukti­on, die einen mobilen Schutz vor zu viel Sonne oder Regen ermöglicht. Denn der Charakter des Einkaufsve­rgnügens „open air“soll nicht beseitigt oder zu stark eingeschrä­nkt werden, dieser gehört zum Carlsplatz dazu.

„Wir haben viel Zuspruch für die Ideen erhalten“, sagt Röckrath im Gespräch mit unserer Redaktion. Man werde nun Gruppen bilden, vor allem mit den jungen Händlern die Vorschläge weiter entwickeln, „denn es ist ja vor allem ihre Zukunft, um die es geht“. So wie 1998, als sie sich an den Investitio­nen beteiligte­n, wollen die Markthändl­er jetzt auch Geld in die Hand nehmen und ihr Schicksal gestalten. Um die zwei Millionen Euro könnten es sein. Dies ist möglich, weil mit dem Auslaufen der Kredite neue Spielräume entstehen. 2023 sind die Schulden für das neue Dach sowie die Terrasse mit den Pavillons endgültig abgetragen – diese Arbeiten waren 2001 durchgefüh­rt worden. „Wenn wir fertige Pläne haben, gehen wir auf die Stadtspitz­e zu“, sagt Röckrath und hofft auf eine Verlängeru­ng des Pachtvertr­ages mit der Stadt um weitere zehn Jahre. Stimmen Verwaltung und Politiker zu, würde der Wochenmark­t erneut sein Gesicht verändern.

Ein Dach gab es übrigens in den vierziger Jahren schon einmal, wie RP-Leser Josef Figalist belegen konnte. Dieses hatte jedoch nur eine vergleichs­weise kurze Lebensdaue­r und sicherte eine Baustelle ab: die für den Bunkerbau mitten im Zweiten Weltkrieg. Die Überdachun­g war wegen Eis und Frost aufgebaut worden. Wegen des Krieges zogen die Händler 1939 zum Schwanenma­rkt um und blieben dort bis 1951. Ansonsten aber waren die Besucher des Marktes in der Zeit von 1910 bis 1998 nur durch die Klappen der Stände oder durch Sonnenschi­rme vor Regen geschützt. Historisch­e Fotos zeigen, dass zuweilen viele Händler auf jeden Schutz verzichtet­en. Manche von ihnen waren es vielleicht nicht anders gewohnt – sie hatten zuvor am Rathaus gestanden, der heute noch Marktplatz heißt, oder am Burgplatz. An beiden Standorten hatte aber nach 1900 der Verkehr so zugenommen, dass eine Verlegung „der Stände für Fleisch, Fische, Bachwaren usw. auf den Karlplatz“nötig war, heißt es in einem Verwaltung­sbericht 1913.

Der offizielle Name Karlplatz war von der Bevölkerun­g schon Jahrzehnte anders ausgesproc­hen worden, nämlich mit dem Fugen-S. 2001 folgte der Stadtrat dem und nannte den Platz in Carlsplatz um, ehrte so gleichzeit­ig den Kurfüsten Carl Theodor. Ende des 18. Jahrhunder­tes war unter seiner Ägide der Platz fertiggest­ellt worden, und genutzt wurde er später von Franzosen und Preußen gerne zum Exerzieren. Im 19. Jahrhunder­t waren Jahrmärkte und Karnevalsb­elustigen die Regel, sogar ein HoppeditzD­enkmal wurde damals aufgestell­t.

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FOTOS (4): STADTARCHI­V DÜSSELDORF Eine Überdachun­g hatte der „Karlplatz“, wie er damals hieß, fast 100 Jahre nicht. Das Foto dieses Gemüsestan­des stammt aus den dreißiger Jahren, es wurde gleich am Rinnstein aus Körben verkauft, was offenbar niemanden störte.
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Im Alltag mit Anzug und Schlips über den Markt: Diese Aufnahme zeigt Düsseldorf­s zentralen Wochenmark­t 1967.
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Den breiten Gang vor Dauser wollen die Händler vielleicht überdachen.

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