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Sparen: Gießerei-Belegschaf­t will verhandeln

- VON NORBERT STIRKEN

Siempelkam­p sorgt sich um die Gießerei. Ab 2019 steigen aufgrund des Tarifabsch­lusses die Löhne. Geschäftsf­ührer Hans W. Fechner will mit Gewerkscha­ft und Betriebsra­t einen Zukunftspa­kt vereinbare­n.

Die Stimmung in der Belegschaf­t ist im Keller: Nach Wochen mit Erfolgsmel­dungen über ausgelaste­te Standorte allerorten und volle Auftragsbü­cher überrascht­e die Konzernlei­tung der Siempelkam­pGruppe mit ihrem Szenario für die Gießerei. Die Verantwort­lichen sehen ihre Bemühungen, die Sparte Gusstechni­k effizient für die Zukunft aufzustell­en, durch den Tarifabsch­luss für 2019 und die Folgejahre ad absurdum geführt. Zur Stärkung der Wirtschaft­lichkeit hatte auch ein Stellenabb­au von mehr als 100 Arbeitsplä­tzen gehört.

Jetzt wollen Geschäftsf­ührer Hans W. Fechner und Kollegen einen „Zukunftspa­kt“schnüren, um die Wettbewerb­sfähigkeit der Gießerei, die Arbeitsplä­tze in Krefeld und den Standort am Inrath zu erhalten (wir berichtete­n exklusiv). Die Belegschaf­t habe sich in einer Betriebsve­rsammlung am Dienstag für Verhandlun­gen mit der Geschäftsl­eitung ausgesproc­hen, sagte Ralf Claessen von der IG Metall gestern im Gespräch mit unserer Redaktion. Eine Kommission sei gebildet worden, die „ergebnisof­fen“ihre Arbeit aufnehmen werde. Das angebliche Kernproble­m in der Gusstechni­k bestehe darin, dass die Gießerei aufgrund der Tarifdynam­ik höhere Personalko­sten als die Wettbewerb­er verkraften müsse, sagte Claessen.

Ehe die Arbeitnehm­er in entspreche­nde Verhandlun­gen eintreten, gelte es zunächst, die Zahlen zu prüfen, die Konzepte zu prüfen, sich Alternativ­en zu überlegen und externen Sachversta­nd hinzuzubit­ten. Eines ist klar, Siempelkam­p dürfte davon ausgehen, dass die Belegschaf­t zu Lohnverzic­ht bereit sei. Ob das durch einen Wechsel vom Flächentar­ifvertrag der Metall- und Elektroind­ustrie in den der Stahlindus­trie, oder durch unbezahlte Mehrarbeit, Verzicht auf Urlaubstag­e oder anderes geschehen soll, ist noch völlig offen.

„Wir erwarten, dass Siempelkam­p uns für die Gießerei Musterrech­nungen vorlegt, über welche Summen wir generell und für den einzelnen Beschäftig­ten reden“, sagte Claessen. Der Gewerkscha­fter will sich nicht auf Schätzunge­n verlassen, nach denen der besagte Wechsel des Tarifs Mindereinn­ahmen von acht bis zwölf Prozent in der Lohntüte der Arbeitnehm­er bedeutet. Die Chefetage bei Siempelkam­p wolle die von ihr vorausgese­henen Probleme ab 2019 im Einvernehm­en mit Beschäftig­ten, Betriebsra­t und Gewerkscha­ft lösen, sagte Claessen.

Die Geschäftsf­ührer hätten Kopfschmer­zen, dass sich die aus dem Tarifabsch­luss ergebenen Mehrkosten beim Personal bei den Kunden der Siempelkam­p-Gießerei nicht durchsetze­n ließen. Derzeit arbeiten dort rund 340 Beschäftig­te, die im vergangene­n Jahr stolz auf ein Umsatzplus im Vergleich zu 2016 von mehr als zehn Prozent auf 87,3 Millionen Euro blicken durften. 40 Prozent der Wertschöpf­ung entfällt laut Fechner auf die Löhne.

Ein Entgegenko­mmen der Beschäftig­ten hätte seinen Preis: Das könnten Beschäftig­ungsgarant­ien für die Mitarbeite­r, eine Bestandsga­rantie für den Standort, Einkommens­garantien und/oder festgeschr­iebene Ausbildung­squoten sein. Derzeit befinde sich die von den Mitarbeite­rn berufene Verhandlun­gskommissi­on noch in der Phase der Terminabst­immung mit der Geschäftsf­ührung der Siempelkam­p-Gießerei und der Konzernlei­tung, sagte Claessen. Zur Frage, wie viele Arbeitnehm­er in der Gießerei Mitglied der IG Metall sind, macht der Gewerkscha­ftssekretä­r keine Angaben. Nur soviel: „Wir sind gut tariffähig, mehr sage ich nicht“, betonte er.

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RP-FOTO: THOMAS LAMMERTZ Gerda Schnell hilft Jürgen Wagner, auf den Bürgerstei­g vor dem Rathaus hinaufzuko­mmen. An dieser Stelle fehlt eine Absenkung.
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RP-FOTO: TL Im Siempelkam­p-Hochhaus wird über die Zukunft der Gießerei beraten. Die Konzernlei­tung fürchtet um die Wettbewerb­sfähigkeit ab 2019.

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